In ihrem zweiten grenzübergreifenden Bodensee-Fall werden die österreichische Kommissarin Hanna Zeiler (Nora von Waldstätten) und ihr deutscher Kollege Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) wegen eines Gewaltverbrechens zu einem Forsthaus gerufen. Hier hat Oberländer einen Großteil seiner Jugend verbracht, weil er mit Förstertochter Verena (Maria Simon) liiert war. Die Wände und Böden des geheimnisvollen und verwüsteten Hauses sind blutverschmiert, der Förster liegt halbtot, mit Schaum vor dem Mund in seinem Schlafzimmer. Ein abgehackter Arm, 100.000 Euro in bar, ein entlaufener Dobermann und der gestohlene Wagen einer Recyclingfirma geben weitere Rätsel auf. Dann die Diagnose: Das Opfer, das kurz darauf verstirbt, hat Tollwut. Die Ermittlungen zwingen Micha, in seine Vergangenheit und die Tiefen seiner Familiengeheimnisse einzutauchen.
Atmosphärischer Thriller – so könnte man den Film am besten bezeichnen. Doch anders als in den exzellenten „Spreewald-Krimis“, in denen der Schauplatz stark in die Geschichten eingebunden ist, ist der Bodensee hier nicht mehr als schmucke Kulisse für einen Krimiplot, der (zu) vollgepackt ist. Keine Frage, Andreas Linke, der auch schon beim ersten Film, „Die Toten vom Bodensee“, Regie führte, versteht es, wirkungsvoll zu inszenieren: da zuckt der vermeintliche Tote, als man ihn findet; da tropft Blut vom Balkon; da ist die raffiniert gefilmte Jagd nach dem Hund, von dem man vermutet, dass er die Tollwut überträgt. Die Kamera ist dabei stets auf Augenhöhe mit dem Vierbeiner, rennt mit ihm förmlich durch den Wald.
Foto: ZDF / ORF / Erika Hauri
Spannung um jeden Preis – auch noch auf Kosten der Logik. Wenn die Witwe Garchinger den Kommissar niederschlägt, lässt man sich das noch gefallen. Dass sie ihn danach aber an einen anderen Ort schleppt, fesselt und knebelt, das ist dann doch zu viel. Auch ist der Ausgang allzu erwartbar. Hinzu kommt die Auflösung nach dem Allerwelts-Krimimuster „Wettlauf mit der Zeit“. Wieder einmal muss man um das Wohl eines Kommissars bangen. Und die Figur des Grafen Guido, gespielt von Simon Hatzl, ist etwas zu unmotiviert durchgeknallt geraten.
Die Autoren Christoph Silber und Thorsten Wettcke wollen viel. Vielleicht zu viel. Sie drehen am ganz großen Rad. Die böse Sondermüllmafia sitzt in Ungarn (der Betreiber der Sondermülldeponie heißt übrigens Hidegkuti, wie der berühmte Fußballer aus der 1954er-Mannschaft der Magyaren), der Graf ist scharf auf eine Heilquelle auf dem begehrten Grundstück und ein Hund (Dobermann) rennt als tickende Zeitbombe durch die Wälder. Großer Überbau für letztlich ein Familiendrama. Und aus der deutsch-österreichischen Ermittler-Konstellation machen die Autoren, die ein eingespieltes Duo sind, das für den Hamburger „Tatort“ den VE Cenk Batu mitentwickelte, zu wenig (nur Piefke reicht da nicht).
Wie schon im ersten Film arbeitet Regisseur Andreas Linke („Baron Münchhausen“) mit gelungenen Montagen, die Handkamera von Jo Molitoris bringt viel Bewegung, doch das Resultat ist letztlich doch ein eher konventioneller Krimi. Und das Ermittlerduo – hier der Familienvater Micha Oberländer (Matthias Koeberlin mimt den Sympathieträger), dort die vom Kindheitstrauma geplagte, taffe Hannah Zeiler – will nicht so recht funktionieren. Oberländer ist persönlich involviert, weil seine Jugendliebe in den Fall verwickelt ist. Nora von Waldstätten muss – wie schon im ersten Film – die Hannah als emotional unterkühlte Einzel-Kämpferin geben, ihr Spiel wirkt sehr gekünstelt, liegt wohl nicht nur an ihr, sondern stark an der Rolle. Und am Ende geht über dem Bodensee die Sonne unter. (Text-Stand: 22.2.2015)