Die Karriere war für Hanna das, was sie am Leben hielt. Doch die Wirtschaftsprüferin „funktioniert“ nicht mehr. Eine alte Wunde ist aufgebrochen. Als sie fünf Jahre alt war, hat der Vater ihre Mutter ermordet. So sah es das Gericht, so sah es das Dorf und so sieht es Hanna bis heute. „Du bist nicht mein Vater – du bist der Mörder meiner Mutter“, sagt sie ihm, als sie ihn nach Jahrzehnten wieder sieht. Wenig später bringt er sich um. Im Abschiedsbrief an seine Tochter beteuert er noch einmal seine Unschuld. Der Kripo-Beamte Arnsberger stößt auf einige Ungereimtheiten bei dem über 30 Jahre alten Fall. Hanna weiß, dass sie nur mit sich und der Welt ins Reine kommen kann, wenn der wahre Mörder überführt ist. Mittels Hypnose versucht sie, sich zu erinnern, denn sie glaubt, dass sie als Kind den Mörder gesehen hat.
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„Die Tochter des Mörders“ ist ein Psychothriller, in dem einmal mehr die Dörfler die Hölle sind. „Ich war die Tochter des Mörders und der Schlampe“, erinnert sich die Heldin, jetzt ist es an ihr, das Andenken an ihre Eltern ins rechte Licht zu rücken. Sophie von Kessel spielt Hanna Meiwald mit der passenden Sprödigkeit als eine Frau, die nur schwer damit umgehen kann, Kontrolle abzugeben, eine schwer traumatisierte Frau, die noch nach dem Selbstmord des Vaters versucht, die Fassade ihres ganz auf Arbeit gepolten Lebens aufrecht zu erhalten. Irgendwann geht es nicht mehr. Sie konnte ihre Eltern nicht retten, jetzt muss sie sich retten.
Der Film von Johannes Fabrick ist grundsolide strukturiert und spannend. Da werden die Tricks des Genres, assoziative Flashbacks, blutige Farbspiele, nächtliche Angstszenarien und die Rückkehr ins Mordhaus, bemüht, da wird das Bedrohungspotenzial des oberbayerischen Dorfes angezapft – aber nichts wird überstrapaziert. Gegenpol zu Claudia Kaufmanns Hang zu einer semantisch etwas zu aufgeladenen Handlung ist das an Zwischentönen reiche Spiel der beiden Hauptdarsteller. Wie Matthias Brandt die Sympathie, die er für Hanna empfindet, in Gesten, statt in Worten ausdrückt, oder wie er dem Dorf die Zähne zeigt – das ist klein gezeichnet und groß(artig) in der Wirkung. Sophie von Kessel muss „Größeres“ bewältigen, die ganze Geschichte lastet schwer auf ihren Schultern: ihrer Traumapatientin in Todesgefahr mit Putz- und Waschzwang, Heimatdorf- und Sozialphobie gibt sie genau so viel Stoff, wie diese nicht gerade feinsinnige Story benötigt, sie übertreibt es aber nie und lässt sich immer wieder von Brandt zurückholen ins weniger genrehafte Spiel. Stark ihr Auftritt im Wirtshaus, gekleidet & geschminkt wie ihre Mutter. Eine stimmige Szene für den Machtkampf im Dorf.