Rocco ist fast 40 – und noch immer hat es nicht geklappt mit der Karriere als Rockmusiker. Doch der nächste Bandwettbewerb steht ins Haus. Dumm nur, dass der coole Gitarrist wegen fahrlässiger Körperverletzung 100 Tage im Altenheim ableisten muss. Waschen, Anziehen, Betten machen, füttern, Tabletten verabreichen, Toilettengang – so langsam gewöhnt sich Rocco daran. Muss er auch. Gibt es Klagen, fliegt er und wandert direkt in den Knast. Auf der Strecke bleiben dafür immer mehr die Proben für den Bandwettbewerb. Folge: die Gruppe schmeißt ihn raus. Er ist völlig am Boden. Da bringt ihn Stationsschwester Marina, die sich langsam erwärmt für diesen Hallodri, auf eine grandiose Idee: eine Altenheim-Rockband. Die Gruftis sind sofort Feuer und Flamme für Sex & Drugs & Rock & Roll. Nur die Direktorin hält nichts von „Lazy Sunday“. Doch Rocco will nicht in den Knast – und die Senioren sich nicht länger wie Gefangene behandeln lassen.
„Die Spätzünder“ (Video-Clip: „I love Rock & Roll“) ist der perfekte Wohlfühlfilm. Uli Brée und Wolfgang Murnberger, die bereits bei der Multikulti-Fußball-Sozialsatire „Der schwarze Löwe“ zusammengearbeitet haben, setzen auf eine tragikomische Ausgangsidee, wie man sie vom britischen Kino kennt. Der sozialkritische Aspekt, die menschenunwürdige Behandlung der Alten im recht noblen Seniorenheim, tritt in den Hintergrund zugunsten der wirkungsvolleren Power-Formel der Unterdrückten. Da bleibt dem Zuschauer nichts anderes übrig, als sich mitreißen zu lassen von diesem hippen geriatrischen Charme, den vor allem Zeller und Fuchsberger verströmen. Die ORF/ARD-Koproduktion will gute Laune machen und die Generationen zusammenbringen – vor dem Fernseher.
Foto: SWR
Jan Josef Liefers als locker-flockiger Ersatzpfleger mit liebenswerter Spontaneität und Rhythmus im Blut dürfte die Herzen im Fluge nehmen, aber auch die nachtaktiven Oldies treten in die erste Reihe und wollen mehr als das Mitleid der Zuschauer. Dieser vergnügliche Film, bei dem Sympathie und Antipathie so klar verteilt sind wie einst in dem am Ende nicht so lustigen Psychiatrie-Klassiker „Einer flog über das Kuckucksnest“, entwickelt aus sich selbst heraus eine Kraft, die vielleicht mehr „bewirkt“ als ein schweres Sozialdrama über die Zustände in Altenheimen. Auch für ein solches Drama wäre es mal wieder an der Zeit.
„Die Spätzünder“ ist ein Fernsehfilm, an dem sich Redakteure und Produzenten hierzulande ein Vorbild nehmen sollten. Leicht muss nicht seicht heißen. Außerdem ist Film nicht immer nur Kopfsache. Warum das – wie beispielsweise bei den Komödien von Xaver und Ulli Schwarzenberger („Muttis Liebling“) oder von Felix Mitterer („Die Piefke-Saga“) – mal wieder nur mit österreichischer Unterstützung klappt, sollte zu denken geben! Auch Fernsehkritikern, die solche Komödien nicht ernst genug nehmen! Dabei hält sich diese Dor-Film-Produktion mit dem Wiener Schmäh noch zurück. Sarkastische Sprüche gibt es dennoch reichlich. Vor allem Zellers Sissi Hopf besitzt einen erfrischenden Humor. Ihr Kommentar, als ihr Sohn sie im Altenheim absetzt: „Diese Seniorenbiotope wären ja nicht so schlimm, wenn da nicht so viele alte Menschen wohnen würden!“ (Text-Stand: 3.2.2010)