Der Mehrteiler zum Jahresbeginn hat beim ZDF Tradition. 2007 zog es Iris Berben in Richtung schwarzer Kontinent und im vergangenen Jahr brachte der Fünfteiler „Krieg und Frieden“ viel historischen Glanz auf den Bildschirm. Dieses Jahr bleibt das ZDF in heimischen Gefilden, und die Schauwerte halten sich im Rahmen eines soliden Historien(melo)dramas mit einem mehr als soliden Budget (7,5 Millionen Euro). „Die Rebellin“ entführt den Zuschauer in die 50er Jahre. Die Autoren Christian Jeltsch und Monika Peetz verklären jene Aufbruchsjahre weniger als die Zeit von Rock & Roll und Nierentisch, sie richten den Fokus vielmehr auf den wirtschaftlichen Aspekt. Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, „Deutschland ist wieder wer“…
Die Titel gebende Rebellin ist Lena Berkow, eine junge Frau, die nach dem Krieg das Erbe ihres Vaters antreten will. Unter Hitler arbeitete er am ersten deutschen Fernsehgerät. In den letzten Kriegstagen erzielte er einen televisionären Durchbruch. Nach seinem Tod bleibt Lena nur ein Notizbuch mit geheimen Bauplänen und einem Namen: Sattler. Der Geschäftsmann mit brauner Weste hat Lenas Vater offenbar das Patent abgekauft. Doch der will sich nicht mehr erinnern. Lena Berkow ist aber nicht gewillt, klein beizugeben. Der Titel „Die Rebellin“ verpflichtet. Auf verschlungenen Pfaden soll am Ende ihr großer Traum wahr werden. Doch bis dahin ist ein weiter Weg – vorbei an Nachkriegsschiebern und Flüchtlingsleid, an männlichen Intrigen und einem lange gehüteten Familiengeheimnis.
Eine junge Frau nimmt die traditionell älteren ZDF-Zuschauer an die Hand und führt sie durch die Geschichte. Mit ihr navigiert man durch ein Jahrzehnt, in dem deutsche Tradition und amerikanischer Lebensstil aufeinander prallten. Es war ein Jahrzehnt, in dem die Frauen wieder die drei Ks pflegten. Karriere machen gehörte nicht dazu. Alexandra Neldel ist das ideale Gesicht, um in den Nachkriegsjahren der Entbehrung Zuversicht auszustrahlen und um den 50er Jahren eine Vision von Weiblichkeit zu geben, die sich weder in burschikosem Kameradentum noch in erfüllter Mutterschaft erschöpft. Dieser Aspekt reizte die Schauspielerin. „Der Film spielt in einer für Frauen sehr schwierigen Zeit“, so Neldel, „sie mussten hart arbeiten, brauchten andererseits aber eine schriftliche Erlaubnis von ihrem Ehegatten, damit sie überhaupt arbeiten durften.“ Außerdem mussten die Frauen in den Fünfzigern adrett und korrekt gekleidet sein. „Alles musste stimmen, die Kostüme, die Corsagen, die frisierten Haare.“ Nur so konnte man sich als ehrenwerte Frau zeigen.
Sittenbild, Familienchronik, Drama, Liebesfilm, Erfolgsstory, Emanzipationsgeschichte – ein Dreiteiler kann und muss mehr erzählen als ein 90-Minüter. Das ist Chance und Bürde zugleich. „Die Rebellin“, in Rekordzeit von einem Jahr entwickelt und gedreht, nutzt seine Möglichkeiten: die Story vom Siegeszug des Fernsehens fasziniert und lässt über die konventionelle Machart hinwegsehen; Ausstattung und Kostüm wirken stimmig und auch der Verhaltenskodex jener Jahre wird überzeugend getroffen. Vor allem zahlt sich der Mut aus, auf junge Hauptfiguren zu setzen. Und die Schauspieler danken es: Alexandra Neldel lenkt die Emotionen, David Rott setzt einige spielerische Akzente und Anna Fischer glänzt als konterkarierendes Knallbonbon. (Text-Stand: 5.1.2009)