Eine Frau auf dem Weg zu sich selbst. Weil der Lebenspartner nur den Weg nach oben, die Karriereleiter empor, im Kopf hat, überdenkt die Heldin in “Die Pferdefrau” noch einmal grundlegend ihre Lebenssituation. Was mit einer Reise in die Vergangenheit beginnt, endet in den Untiefen einer stereotypen Herzschmerz-Geschichte. Dass der ARD-Fernsehfilm eine Koproduktion zwischen ORF und MDR ist, macht die Selbstfindungs- und Beziehungs-Kisten nicht gerade glaubwürdiger. Sachsen trifft Österreich – die Alpenländler setzten sich durch. Eva Herzig und Franz Buchrieser sind die Gesichter und die Stimmen, die man sich merkt in dem TV-Stück von Drehbuchautorin Gabriele Kister und Regisseurin Gabi Kubach.
Der Vater ist für sie gestorben. Seit er sie und ihre Mutter vor 15 Jahren verlassen hat, herrscht Funkstille zwischen ihm und seiner Tochter. Jetzt zieht es die frisch promovierte Tierärztin aufs sächsische Land, wo es den Vater einst hin verschlagen hat. Sie will zu sich kommen. Gerade war sie schwanger. Sie hat das Baby verloren, sie kann keine Kinder mehr kriegen. Ihr Freund war überdies nicht gerade begeistert von der Schwangerschaft. Ist er überhaupt der Richtige? Zweifel und Alpträume plagen sie. In der Natur nun sammelt sie neue Kräfte. Sie versöhnt sich mit dem Vater, liegt dafür mit dem Nachbarn im Streit. Ein Pferdetrainer, der seine Tiere ruppig behandelt. Bis ihn die Wienerin eines Besseren belehrt.
“Sie ist kein Heimchen am Herd, sondern eine selbstständige Frau, entscheidet sich aber, sich nicht nur über den Beruf definieren zu wollen“, charakterisiert die Hauptdarstellerin Eva Herzig ihre junge Frau. Sie definiert sich stark über ihre Leidenschaft und Liebe zu den Pferden. Etwas Archetypisches bringt sie so in eine Geschichte, die ansonsten zugkleistert ist mit Klischees aller Art. Die sozialen Rollen sind schön verteilt, damit man auch ja keinen Konflikt zweimal erklären muss: da ist der egoistische Karrieretyp, der einsame Vater mit dem fast gebrochenen Herzen, der kernige Feld-Wald-Wiesen-Bursche, dem die materiellen Lasten den Frust ins Gesicht treiben. Auch die Geschichte bemüht alle nur erdenklichen Standardsituationen. Am Ende sieht man nur noch die Schablone, die auf die Handlung gelegt wurde. Selbsterfahrung? Wohl eher kollektive Verdummung. (Text-Stand: 25.9.2002)