Die dreiteilige Familiensaga „Die Patriarchin“ macht es besser als viele Versuche der letzten Jahre, populäres Erzählfernsehen, intelligente Unterhaltung mit großem Aufwand und thematischen Ambitionen, auf die Beine zu stellen. Die Geschichte aus dem Innenleben einer hanseatischen Kaufmannsdynastie, die zudem ein starkes Frauen-Porträt erzählt, besticht durch ihre geschickte Vernetzung von privaten und geschäftlichen Kleinkriegen, von großen Spannungsbögen und stimmungsvollen Beziehungsszenen, in denen Schauspieler wie Berben, Christoph Waltz, Ulrich Noethen, Sophie Rois oder Jürgen Tarrach brillieren.
Iris Berben: keine typische Eine-Frau-geht-ihren-Weg-Story
„Ich halte unseren Film für intelligent. Bei uns geht es auch um Fragen wie: was bedeutet Familie, was bedeutet Identität, was bedeutet Tradition? Es geht auch nicht darum, dass die Frau ihren Weg alleine geht. Wir erzählen eine Biographie mit all ihren Facetten. Eine Biographie einer Frau, die 18 Jahre eine Lüge gelebt hat und die jetzt eine Möglichkeit sieht, ein ganz anderes Leben zu leben. Und es ist keine jener Heldinnen, die immer alles richtig machen.“
Eine Frau geht ihren Weg, doch sie steht mehr als nur ihren Mann, wie wir es in den zahllosen frauenaffinen Fernsehfilmen der letzten Zeit zu sehen bekamen. Nina Vandenberg, die Frau, die nach dem Tod ihres Mannes wider Willen an die Spitze eines traditionsreichen Kaffeeröstunternehmens gelangt, versucht mit Verantwortungsgefühl, sozialer Vernunft und Menschlichkeit die Geschäfte zu führen. Dabei muss sie sich etlicher Intrigen erwehren, doch vor allem muss sie die veruntreuten 40 Millionen des Gatten auftreiben, um selbst nicht ins Gefängnis zu gehen. Die Antwort auf die Fragen der Vergangenheit glaubt sie, in Afrika zu finden, auf der Plantage, auf der sie ihre Kindheit verbrachte. Bei ihrem Kampf ums Überleben steht sich die kluge Frau mitunter selbst im Weg. Nina Vandenberg greift zum Alkohol.
So clever die Dramaturgie, die Universelles mit Zeitgeistigem versöhnt, so spannend die Handlung, die aus den Figuren ihren Atem schöpft, so angenehm zurückhaltend Rolas Inszenierung, so präzise die Dialoge und so konzentriert das Schauspielerensemble: “Die Patriarchin” steht und fällt mit Iris Berben, die man selten so präsent, so schwankend zwischen laut und leise, zwischen schwach und stark gesehen hat. (Text-Stand: 3.1.2005)