Es gibt sie wirklich, jene Agenturen, die potenziellen Ehebrechern ein Alibi verschaffen. Seitensprünge ohne Reue, ohne verfängliche Fragen des Ehepartners und ohne verräterische Belege sind garantiert. Ein diskreter Rundumservice für eine vergnügungssüchtige Gesellschaft, die funktionieren muss und in der Gespräche nur Sand im Getriebe sind. Für eine Zeitgeist-Komödie um die Gier nach Sex, der sich als ein Schrei nach Liebe entpuppt, ein originelles Motiv. Christoph Schrewe und Don Bohlinger sei’s gedankt, dass sie diese Idee um eine Alibi-Agentur nicht realistisch oder gar romantisch vergeigen, sondern surreal überhöhen.
Zum dritten Mal beweist das Duo für Pro Sieben und die Kölner Filmpool, dass es sie wirklich geben kann, die locker-leichte deutsche Geschlechter-Komödie, die Laune macht. Ironie, Spielwitz und Gefühl gleichermaßen in einer Fernsehkomödie dramaturgisch zu verankern – das ist seit der Hoch-Zeit der deutschen Kinokomödie, nach “Der bewegte Mann” oder “Stadtgespräch“, kaum noch gelungen. Nach “Sex oder Liebe” und “Verliebte Jungs” schaffen es Schrewe und Bohlinger nun auch mit “Die Nacht in der ganz ehrlich überhaupt niemand Sex hatte”, das von Kritikern ungeliebte Genre ins Poppig-Märchenhafte zu treiben.
Der dritte Streich ist eine Art postmoderner Reigen in einer Nacht, in der alles möglich wird. In einem Hotel öffnen sich Türen und Herzen im Minutentakt. Die Story (es geht um eine Wette über die Natur – sprich die Triebhaftigkeit – des Menschen) ist ein Witz, ein einziger Vorwand für jene lustvollen Höhepunkte dieser einen Nacht. Der Film, als Rückblende erzählt, springt verspielt durch die Zeit, hier ein Bildstop, da ein Evergreen. Frühlingserwachen paarungswilliger Großstädter. Da ist der Chef jener Alibi-Agentur, die Ex-Ex-Freundin, ihre Ex-Therapeutin, der perfekte Ehemann, die geile Studentin und der knackige Freund der geilen Studentin. Der Film funktioniert fast wie ein Ratespiel: wer landet mit wem im Bett?
Foto: Pro Sieben / Krumwiede / Muehle
Sympathisch sind alle in dieser Komödie – auch das ein liebenswerter Zug. So gelingt es förmlich, den Zuschauer mit unter die Bettdecke zu holen. Und wie die Helden wird auch er diesen kleinen erotischen Spaß nicht bereuen. Mit wem der Zuschauer in seiner Fantasie ins Bett geht, mit Florian Fitz oder Max Herbrechter, Julia Richter, Antje Schmidt oder Sandra Leonhardt – darf er selbst entscheiden. Keine leichte Wahl. (Text-Stand: 21.3.2002)