Konstantin (Stefan Pohl) ist ein liebenswerter Tollpatsch und ein echtes Mama-Söhnchen. Als Jurastudent organisierte er den Widerstand gegen die Erhöhung der Studiengebühren und fackelte dabei per Campingkocher aus Versehen die Uni-Bibliothek ab. „Knapp 238 Jahre werde ich noch gepfändet wegen dem Brand damals“, sagt er. Jetzt dümpelt er als Konzipient in der Kanzlei des eigenbrötlerischen Anwalts Dr. Kuschka (Erwin Steinhauer) herum. Als der in Ruhestand geht, sitzt Konstantin auf der Straße und verteilt für seine flippige Mutter Daniela (Katja Lechthaler) in einer Ritterrüstung Werbezettel. Plötzlich steht seine einstige große Liebe Olivia (Josephine Bloéb) vor ihm. Die betreibt ein kleines Modelabel. Ihr Verkaufsschlager im Sortiment: die Krachlederne, die „originale“ Kurze. Aber haben diese wirklich die Tiroler erfunden – oder doch die Bayern? Ein deutsches Unternehmen will Olivia verklagen. So steht ihr Konstantin im Lederhosen-Markenrechtstreit bei. Der Kampf gegen einen übermächtigen Kontrahenten scheint aussichtslos. Doch was tut man nicht für seine Ex?! Dumm nur, dass Konstantin keinerlei Erfahrungen als Anwalt hat und Olivia glücklich verheiratet ist mit Georg (Fabian Schiffkorn). Und auch die Politik mischt mit: Der Tiroler Vizebürgermeister Gernkönig (Harald Schrott) und die bayrischen Bürgermeisterin Marlene Fischer (Christine Neubauer) nutzen den Konflikt, um in die Schlagzeilen zu kommen. Die sind auch Konstantin sicher: Denn der schlüpft noch mal wagemutig in seine Ritterrüstung.
Neben der erfolgreichen „Landkrimi“-Reihe (Maria Kreuzers „Vier“ räumte gerade bei der TeleVisionale in Baden-Baden ab) hat der ORF auch eine „Stadtkomödien“-Reihe. Wien, St. Pölten, Eisenstadt, Graz und Klagenfurt dienten bereits als Schauplatz. Nun sind Innsbruck und Umgebung an der Reihe. In dem fiktiven Kaff Unterkarrerbach beginnt der Kampf um die Wiege der Krachledernen, wie die Lederhose in Bayern und in Tirol genannt wird. Erdacht haben die Komödie zwei Drehbuchautoren, die sich bestens in der Region auskennen: Harald Haller und Marc Brugger. Die werfen einen vergnüglichen Blick auf die Seele der Tiroler und ihre tiefe Verbundenheit mit Kulturgütern, bleiben dabei aber doch stark an der Oberfläche haften. Den gesellschaftskritischen und politischen Andeutungen fehlt es an Schärfe und Biss. Das Autoren-Duo wie auch Regisseur Markus Engel, der nach Kurzfilmen, Musikvideos und Serien-Episoden hier seinen ersten Langfilm abliefert, zeigen die Tiroler als kauzig, stur, bärig, eigenbrötlerisch, konservativ und ausgestattet mit einer von sich überzeugten Andreas-Hofer-„Mir-san-mir“-Mentalität. Dabei bedienen sich die Macher zahlreicher Stereotype. Das ist im Genre Komödie durchaus legitim – und ist hier auch häufig witzig und zutreffend.
Foto: ORF / Heinz Laab
„Die Lederhosenaffäre“ sprudelt nur so vor Ideen. Die flippige Mama des Antihelden Konstantin beherbergt einen griechischen Künstler namens Dimitri, der nackt durch Wohnung und Garten rennt, wenn er an seinen Skulpturen arbeitet, und sich dafür entschuldigt, wenn er doch mal was an hat: „ Kleidung ist Maske, Kunst muss sein Wahrheit, Schurz trage ich nur als Schutz für Penis.“ Erwin Steinhauer macht als scheidender Kanzleichef Valentin aus der Vorbereitung der Entlassung seines Schützlings Konstantin eine kleine feine Kabarettnummer. Und dass nahezu alle Protagonisten früher mal ein Instrument in einer Band mit einer „wunderbaren Sängerin“ (Konstantins flippige Mama) spielten, „im Probenraum viel Verkehr war“ und so jeder von ihnen als Konstantins Vater in Frage kommt, ist ein gelungener Running Gag, weil er nicht ausgespielt, sondern nur angedeutet wird. Solcherlei amüsante Details nehmen für diese Komödie ein, doch ein stimmiges Ganzes mag sich daraus nicht ergeben.
„Die Lederhosenaffäre“ setzt auf zwei klassische Motive. Da ist zum einen der Kampf David gegen Goliath. Ein kleiner Tiroler Betrieb kämpft gegen einen schier übermächtigen Konzern in einem bizarren Markenrechtsstreit um die Originallederhose. Diese Ausgangsidee sorgt für ein munteres Spiel mit Fallhöhen. Und da ist zum anderen ein Loser, ein Träumer, ein Tollpatsch, einer, der schon hinfällt, wenn er zur Tür reinkommt (was oft ein Ausrutscher zu viel ist!), einer, der noch nie was erfolgreich zu Ende gebracht hat, einer, der romantischen Vorstellungen nachhängt, einer, der sich vorstellt, wie Dinge zu sein haben, und darüber den Blick für die Realität verliert. Eine Komödienfigur, der man mit Sympathie begegnet, anstatt sie auszulachen. Das hätte durchaus genügt für einen unterhaltsamen Film. Doch die Macher ziehen auch noch eine politische Ebene in die Geschichte ein. Und die funktioniert nicht. Der Tiroler Politiker, der mal Klubobman der Liste „Tirol isch lei oans“ war, jetzt als stellvertretender Ortsbürgermeister von Unterkarrerbach dahin dümpelt, ist zu grob gezeichnet und zu platt überzeichnet; die bayerische Bürgermeisterin (was hätte ein Franz X. Bogner aus dieser Rolle für Christine Neubauer gemacht!) steht ihm da leider in nichts nach. So wirkt das Ringen der beiden Politiker um mediale Aufmerksamkeit zäh und arg bemüht.
Foto: ORF / Heinz Laab
Regisseur Markus Engel hat sichtlich Spaß am Inszenieren: Er baut vermeintlich Dokumentarisches ein, wenn er die ORF-Nachrichten-Sendung „Zeit im Bild“ (ZiB) samt Cameo-Auftritt von Armin Wolf für Konstantins Abfackelaktion und den Rechtsstreit nutzt. Er spielt mit Motiven des Bergfilms, wenn er Konstantin zu Olivias Vater in die hoch gelegene Berghütte schickt und dort auch einen Stummfilm-Rückblick in Schwarzweiß einbaut. Auch purer Slapstick darf nicht fehlen, wenn der Antiheld in Ritterrüstung zu Fall kommt oder damit auf dem Berg herum turnt. Auch hier gilt: Viele witzige neben einigen unausgegorenen Ideen, insgesamt aber eher ein Flickenteppich an launigen Szenen als ein überzeugender Film.
Die Besetzung ist gelungen: Neben bekannten Gesichtern (Steinhauer, Neubauer, Schrott) sind es Stefan Pohl und Josephine Bloéb, die der unterhaltsamen Komödie ihren Stempel aufdrücken. Bloéb, Tochter des auch bei uns bekannten Schauspielers Gregor Bloéb („Billy Kuckuck“), agiert mit Frische, Charme und Natürlichkeit als Jungunternehmerin Olivia. Und Pohl beweist als Tiroler Fast-Anwalt, der es allen recht zu machen versucht, viel Gespür für Situationskomik und die kleinen Momente in diesem Spiel um Täuschung, Macht und Gier. Schön ist, das der Regisseur den Heim- und damit Dialektvorteil nutzt. Hier zeigen die Österreicher erneut, dass durch das Vertrauen in die Sprache einer Region die Mentalität der Menschen viel besser zur Geltung kommt als ein sprachlicher Einheitsbrei.