Landärztin Johanna hat, nachdem ein Kollege in Pension gegangen ist, alle Hände voll zu tun in und um Großramingen. Ihren verständnisvollen Partner Daniel sieht sie kaum noch. Die Praxis ist ständig überfüllt – und dann fällt auch noch ein Patient vor ihren Augen vom Himmel: Der Krisenreporter Jakob, in der Gegend aufgewachsen, ist zum Sterben nach Hause gekommen. Das aber kann Johanna nicht akzeptieren. Hinter dem Rücken des Kranken ruft sie die Dorfbewohner zum Stammzellentest auf. Ein zweites Sorgenkind ist der alte Fritz, der nach Tante Maries Ansicht in den letzten Wochen um Jahre gealtert ist. Richtig Leben in den Stall kommt dagegen auf dem Bergmeier-Hof. Leo hat abermals den Womanizer Dominik als Saisonarbeiter eingestellt, der fortan auch gleich wieder mächtig baggert bei Leos Tochter Verena, der aber auch seinen verwitweten Arbeitgeber per Internet auf Brautschau schickt.
Selbst die Herz-Schmerz-Sendeplätze wollen mittlerweile alle auf „jung“ machen. Da ist es schon wieder sympathisch, wie konsequent „Entscheidung des Herzens“ aus der „Landärztin“-Reihe das Heimat-Genre bedient. Dadurch erscheinen die gelegentlich moderat eingeführten „jüngeren“ Elemente keineswegs aufgesetzt, weil sie in ein zwar altbekanntes, aber auch stimmiges Erzählsystem integriert sind. Und dieser Großraminger Mikrokosmos funktionierte selten so gut in der mittlerweile auf zehn Episoden angewachsenen ARD-Reihe. Fünf Erzählstränge hat Drehbuchautor Mathias Klaschka zwischen Dramolett (Krebs & Stammzellentherapie) und Schwank („Bauer sucht Frau“) zu einem klassischen Heimatfilm zusammengedrechselt. Dass Regisseur Sigi Rothemund, der Hausregisseur der „Donna-Leon“-Reihe, reichlich krimierfahren ist, könnte ein Grund sein für den guten Rhythmus mit dem Schnitt zur rechten Zeit und einer fürs Genre geringen Redundanz dieses neunten „Landärztin“-Stücks. Und auch die Kamera trägt wesentlich zum auffallend guten visuellen Konzept des Films bei. Flüge durch die telegene Alpenlandschaft, die Verfolgung des über die Bergstraßen gleitenden Mercedes-Oldtimers der Heldin in einer nicht weniger bewegten und weichen Optik, die Tendenz, Schauplätze mit Schwenks statt mit Schnitten zu verbinden – all das verleiht „Entscheidung des Herzens“ etwas Fließendes. Der Effekt: die Geschichte um dieses Idyll voller verbindlicher Menschen bekommt eine verbindende Form. Bewegung ist ohnehin ein Grundmotiv des Films, das recht elegant Geschichte (Paragliding, Autofahrten, Hubschrauber) und Darstellung (bewegliche Kamera) miteinander kurzschließt.
Und dann gibt es sogar auch Bilder, bei denen der Melodram-Fan Standbild rufen möchte, weil sie so schön kitschig sind und weil sie die innere Befindlichkeit der Figuren vorzüglich treffen. Zum Beispiel dieses: Landärztin Maria und ihr weitgereister Todeskandidat auf der Höhe, ein Panorama im Blick, das so künstlich aussieht wie auf einem alten Ölgemälde (es fehlt nur der röhrende Hirsch) und dazu die Worte: „Es ist ein schöner Platz zum Sterben.“ Herzerweichend ist auch jenes mit Dunkel und Gegenlicht arbeitende Bild: der Blick aus dem Heustadl in Richtung der Berge. Davor das „junge“ Fast-Paar, ein markanter Satz und die zarte Berührung der weiblichen Schulter… Es hat sich also gelohnt, dass Ziegler Film den Top-Kameramann Hermann Dunzendorfer verpflichtet hat, der auch bei Ausnahmedramen wie „Ein halbes Leben“ oder „Die Auslöschung“ für die Bildgestaltung verantwortlich war.
Über die Schwächen des Drehbuchs, insbesondere die die Vorgeschichte erklärenden Info-Dialoge, die so falsch und künstlich wirken, weil sie eben nur für den Zuschauer sind, darüber kann man auch mal – im wahrsten Sinne – hinwegsehen. Keine Kritik dagegen am Fünffach-Happy-End mit zünftiger Volksfeststimmung. Das ist so viel Heimatfilm und Harmonie-Klischee, dass man sich nur noch augenzwinkernd unterhaken möchte. Ach ja, und Frau Neubauer passt als „Landärztin“ recht gut ins österreichische Bild. Das Salbungsvolle übernimmt Johanna von Koczian. Ihr überbetontes, tütteliges Spiel ist für „jüngere“ Ohren schwer gewöhnungsbedürftig. Die Zuschauer aus ihrer Generation werden es wohl mögen.