Hartz IV zum Trotz, der Ostharz lebt! Und wem haben das die Arbeitslosen, Frührentner und Billigjobempfänger zu verdanken? Ausgerechnet Krischan, dem Traumtänzer und Taugenichts, der nach der Wende mit so mancher Geschäftsidee seine Freunde endgültig in den Ruin trieb, während er sich Richtung Westen davon machte. Zwölf Jahre und sechs Umschulungen später schwingt er wieder große Reden in seinem Heimatort Tanne: einen Holzfällerwettbewerb will er aufziehen, mit Zapfenzupfen und Zielfällen – Canadian-like.
Irgendwann hat er seine arbeitslosen Holzfäller an der Angel. Die Idee, nur Arbeitslose zum Sägewettstreit zuzulassen, zündet. „Es kommt der Tag, da will die Säge sägen“, der Werbeslogan einer Ruhrpottkomödie von Adolf Winkelmann, passt auch bestens zu Matthias Keilichs Debütfilm „Die Könige der Nutzholzgewinnung“ (Trailer). Plötzlich sägt und macht das ganze Dorf, weil die Beteiligten merken, dass alles besser ist als Stillstand und Resignation. Dumm allerdings, dass Krischan im Übereifer das Preisgeld viel zu hoch angesetzt hat. Jetzt müssen er und seine Freunde Ronnie und Bert auch an die Sägen – und sie müssen gewinnen, damit die ganze Veranstaltung nicht wieder im üblichen Fiasko endet.
Matthias Keilich, mit Waldarbeitern in der Familie und im Schwarzwald unter dem Klang der Motorsägen aufgewachsen, wollte einen „Film über richtige Männer machen, die noch mit ihren Händen arbeiten“. Was er zeigt, sind nicht nur Männer, die ihre Arbeit, sondern auch Männer, die ihre Identität verloren haben. „Arbeit ist Lebensinhalt, Zukunft, Sicherheit“, so Keilich. „Wer trotz sprudelnder Gewinne seinen Mitarbeitern das alles nimmt, ist bei weitem der größere Verbrecher, als der, der bei seinen Arbeitslosenbezügen ein bisschen mogelt.“
Foto: ZDF / Pfeifer
Aber auch die Frauen haben ihren Platz in diesem ebenso lebendigen wie lebenswahren Heimatfilm, der an die britischen Sozialkomödien erinnert. Sie halten das Leben im Dorf am Laufen. Denn mit diesen Männern ist wenig los. Ronnie (Frank Auerbach) wird herumgeschubst von Frau und Kindern, Bert (Steven Merting) hat resigniert, hofft auf die Frühverrentung und der Bürgermeister (Peter Sodann) verscherbelt die Gemeindebestände. Allein Krischan hat das Glück, dass er mit seinem Leichtsinn und seiner Frohnatur Pluspunkte sammelt. Jenseits von Harz- und Hartz IV-Romantik und jenseits eingefahrener Fernseh-Dramaturgien besticht diese Holzfäller-Saga durch Witz und parabelhaften Realismus, ein wunderbares Typenkabinett und eine Riege unverbrauchter Gesichter. Vor allem Bjarne Mädel hält als Krischan, was er in „Stromberg“ als „Ernie“ verspricht. (Text-Stand: 25.8.2008)