Ulrike Grotes Kinokomödie „Die Kirche bleibt im Dorf“ erzählt die Vorgeschichte zur gleichnamigen SWR-Heimatserie. Wer die Serie liebt, wird den Kinofilm mögen. Studenten-Oskar® (Student Academy Award 2005) Preisträgerin Ulrike Grote setzt auf Mundart und derben Humor, auf toskanisch anmutendes, schwäbisches Weinbergidyll und große Liebe. Das ist immer wieder unterhaltsam, doch leider gelingt es nicht durchgängig, die im Kern ansprechende Geschichte um einen verborgenen Schatz in der Dorfkirche, die ein reicher US-Amerikaner kaufen will, spannend zu erzählen. Die charmant-skurrilen und eigensinnigen Figuren entschädigen für die Längen, die das Drehbuch dem Zuschauer zumutet.
Foto: SWR / SN / Camino
Die zu tiefst verfeindeten Dörfer, Oberrieslingen und Unterrieslingen, sind dazu gezwungen, sich den Friedhof und eine gemeinsame Kirche zu teilen. Am liebsten würden sie die jeweils anderen auf den Mond schießen & sparen bei Begegnungen nicht mit bissigen Bemerkungen. Besonders eklatant ist der Zwist zwischen den Familien Häberle und Rossbauer. Zum üblichen Ärger zwischen den Dörfern kommt hinzu, dass die Verfeindeten sich nicht einigen können, wer sich denn nun um die Beseitigung eines großen Schlaglochs – genau auf der Gemarkungsgrenze – kümmern muss. Der Streit eskaliert, als Oma Anni Häberle aus Oberrieslingen schwungvoll mit ihrem Roller durch das Schlagloch brettert, die Kontrolle über ihr Gefährt verliert und tödlich verunglückt. Für die Häberles ist klar: Schuld an allem sind die Rossbauer und die verfluchten Unterrieslinger. Oma Häberle wird zu allem Überfluss bei der Beerdigung in Unterrieslingen ausgerechnet der Platz neben dem Komposthaufen zugedacht.
Doch nicht alle Mitglieder der Familien sind einander feindlich gesinnt. Ganz im Gegenteil: Klara Häberle und Peter Rossbauer sind schon lange ineinander verliebt, treffen sich heimlich und würden gerne heiraten. Die Beziehung der originellen Oberrieslinger „Schnecke“ und des unternehmungslustigen Unterrieslinger Jungschweinebauern wird auf eine harte Probe gestellt, als Klara mitbekommt, dass ihr Vater und die anderen Dörfler die gemeinsame Kirche an einen smarten US-Amerikaner verkaufen wollen. Klara verrät Peter den Plan der Oberrieslinger. Als damit auch die Unterrieslinger von der Sache Wind bekommen, beschließen sie: Die Kirche bleibt im Dorf!… Dieser Grundkonflikt der Geschichte wird gespickt mit einem Fluch, schließlich sogar zwei dörferübergreifenden Liebespaaren und dem Gerücht um verborgene Schätze in der Kirche. Dass es zum Schluss um einen goldenen Kelch und die erste Fassung von Shakespeares „Romeo und Julia“ geht, wird beinahe zur Nebensache.
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Für Zuschauer, die die Serie kennen, dürfte das abweichende Figurenensemble anfangs recht irritierend sein. In der Kino-Variante spielt Julia Nachtmann die trocken-charmante Erzählerin, Klara Häberle, die mit ihren extrovertiert-lässigen Schwestern Maria (Natalia Wörner) und Christine (Karoline Eichhorn) die väterliche Gastwirtschaft betreibt. Autorin und Regisseurin Ulrike Grote bedient sich mit dem Kampf zweier benachbarter Dörfer einer wohl bekannten Konfliktsituation, der sie jedoch mit schwäbischer Lebensart, urwüchsigen Typen und deftigem Dialekt einen charakteristischen und ungewöhnlichen Zungenschlag verleiht. Wenn die wunderbar spröde gespielte Christine Häberle in schäbelndem Englisch das Robert-Redford-Double (Gary Francis Smith) becirct, ist das schauspielerisch sicher einer der leuchtenden Momente der Mundartkomödie. Wenn Smith mit Redford nicht nur den schönen Schopf gemein hätte, sondern auch den Charme, würde man wohl nur noch darauf warten, dass er Christine “Jenseits von Schwaben“ auch gleich noch die Haare wäscht.
Legt man an die Geschichte und ihre Umsetzung cineastische Maßstäbe an, ist der Kinofilm ziemlich enttäuschend. Fernsehfilme werden mittlerweile so gut produziert, dass man sagen muss: „Die Kirche bleibt im Dorf“ bewegt sich bildsprachlich allenfalls auf dem Niveau eines gut gemachten Freitagabend-Degeto-Fernsehfilms. Fazit: Ordentlich, was für Fans, aber sicher nicht herausragend. Da muss auch die von der SWR-Serie ziemlich gut unterhaltene Kritikerin bei dieser Kinovorlage die Kirche im Dorf lassen… (Text-Stand: 29.1.2014)