Eine magische Klinge, diese Heilige Lanze. Den Leib Jesu hat sie durchbohrt, Kaiser und Könige wurden durch sie entthront, Napoleon erbeutete diesen Speer des Schicksals und er verlor ihn wieder. So besagt es der Mythos – und den kocht RTL zu Beginn des Abenteuer-Movies „Die Jagd nach der Heiligen Lanze“ noch mal richtig auf: mit Bildern aus dem finsteren Mittelalter, der Kreuzigung Jesu und dem Hantieren eines legendären Geheimrats. Goethe sollte offenbar die Heilige Lanze einst für Bonaparte aufbewahren. Doch um die Welt vor der Unheil bringenden Reliquie und der Allmacht ihres Besitzers zu schützen, hat sie der deutsche Dichter und Denker wohlweislich gut versteckt. Fast 200 Jahre dauert es, bis einer kommt, der es mit Goethe aufnehmen kann: der Archäologe und Schatzsucher Eik Meiers. Doch auch ein machtbesessener Kunstsammler und Nachfahre Napoleons hätte seine Sammlung gern um die Heilige Lanze komplettiert.
Nach dem Erfolg von „Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen“ war es abzusehen, dass sich RTL ein weiteres Mal auf Schatz- und Mythensuche begeben würde. Auch wenn das Genre keine großen Variationen zulässt, der Autor das bewährte Trio aus Schatzsucher, Museumswissenschaftlerin und nerdeskem Museumsrestaurator wie schon vor zwei Jahren auf eine kulturgeschichtliche Reise durch Deutschland schickt, vom Königssee über die Walhalla zum Brandenburger Tor, so scheint doch Florian Baxmeyer der richtige „Spielleiter“ für diese teutonische Schnitzeljagd mit Ratespiel-Einlagen. Popcornkino-Ironie, Magie-Trash & Action sind beim Macher von „Die drei ???“ oder „Das Blut der Templer“ gut aufgehoben.
Foto: RTL / Wolfgang Ennenbach
Die 5,2-Millionen-Euro-Produktion kann sich zwar in punkto Action-Gehalt an vergleichbarer Genreware aus Hollywood nicht messen, aber Baxmeyer gleicht das mit phantasievollem Budenzauber zwischen Goethes Gehirn und Schillers Schädel, mit einem guten filmischen Look und drei Hauptdarstellern aus, die auch schon ohne das Zutun der Story einen Hauch Parodie in die kurzweiligen 110 Minuten transportieren. Kai Wiesinger bringt eine Spur mehr Verschmitztheit in die Handlung als Benjamin Sadler im ersten Abenteuer. Fabian Busch, eher im Arthaus-Fach zuhause, gibt einen geradezu intellektuellen Sidekick. Und Bettina Zimmermann stolziert als brünette Barbie ebenso liebreizend wie hölzern durch die Szenerie und spiegelt damit aufs Vortrefflichste die Qualitäten dieses Abenteuerfilms, dessen Schauwert hoch ist, dessen Handlung man allerdings getrost vergessen darf.
„Die Jagd nach der Heiligen Lanze“ ist eine Achterbahnfahrt ins Nichts. Der Archäologen-Plot wildert auf dem Friedhof der Versatzstücke: eine weibliche Kampfmaschine, martialische Massakrier-Mechanismen, Feuerkorridore, Verließe, unterirdische Laboratorien – das alles wird aufgefahren und zu einer und-dann-und-dann-Mär für niedrigste erzählerische Ansprüche zusammengekocht. So will es das Abenteuer-Genre – dem zumindest eines zugute zu halten ist: es ist eine willkommene Abwechslung zu all den Krimis und Schmonzetten.