Die ARD-Tochter Degeto arbeitet an ihrem Image und will am Freitagabend auch mal andere Geschichten als die ewig gleichen Romanzen erzählen; oder die alten Geschichten zumindest neu verpacken. Gemessen an dieser Vorgabe mutet „Die Hochzeit meiner Schwester“ seltsam zwitterhaft an: Der Film versteckt den neuen Wein im alten Schlauch.
Die Handlung der Komödie ist – zumindest in ihren Grundzügen – alles andere als neu: Die zu einer gewissen Dominanz neigende Münchener PR-Managerin Bernadette (Chiara Schoras) organisiert die Hochzeit ihrer etwas unreifen jüngeren Schwester Lissy (Henrike von Kuick) am Tegernsee und verliebt sich in Walter (Sebastian Ströbel), den Trauzeugen des Bräutigams (Andreas Thiele). Allerdings versucht sie nach Kräften, die sich anbahnende Liebesgeschichte im Keim zu ersticken: Der Vater der beiden Frauen, Valentin (Konstantin Wecker), war ein Hallodri, hat die Mutter (Olivia Pascal) einst mit den zwei kleinen Kindern sitzen gelassen und ist lieber als Musikant durch die Welt gezogen. Da auch Bernadettes eigene Erfahrungen mit Männern eher zweifelhafter Natur waren, lässt sie lieber die Finger von ihnen. Ausbaden muss den Frust nun der unvermutet aufgetauchte Valentin, eigentlich ein herzensguter Kerl, der sich umgehend einer ganzen Breitseite von Giftpfeilen ausgesetzt sieht. Natürlich will Bernadette ihn auf keinen Fall bei Lissys Hochzeit dabei haben, aber ausgerechnet der ahnungslose Walter macht ihr einen Strich durch die Rechnung, als er einen Ersatzmusiker engagieren soll.
Die Geschichte erfindet das Genre nicht unbedingt neu, ist aber hübsch erzählt, zumal die Hauptdarsteller gemessen an vielen Degeto-Romanzen mit Schauspielerinnen wie Thekla Carola Wied oder Christine Neubauer erfrischend jung sind. Konstantin Wecker zuzuschauen macht ohnehin immer Spaß, auch wenn es zunächst akustisch irritiert, dass Valentin englisch singt. Die Umsetzung steht allerdings in krassem Kontrast zu der Frische, mit der beispielsweise Chiara Schoras ihre Rolle ausstattet: Regisseur Marco Serafini bedient derart konsequent sämtliche nur denkbaren Klischees des Genres, dass „Die Hochzeit meiner Schwester“ wie lupenreines Fernsehen von gestern wirkt. Ständig wird die Landschaft rund um den Tegernsee ohne Bezug zur Handlung ins Bild gerückt, viele Szenenwechsel beginnen mit einem Schwenk übers Wasser; ein Tourismusfilm über die beliebte Reiseregion würde wohl kaum schönere Bilder finden. Damit könnte man ja noch leben, wenn die Bildgestaltung (Sebastian Wiegärtner) mehr als den üblichen biederen Standard bieten würde. Aber Serafini wäre wohl auch der Falsche, um neue Wege zu beschreiten: Der Luxemburger hat eine Vielzahl von Freitags- und Sonntagsfilmen dieser Art inszeniert, und der Erfolg von Schmonzetten mit Etiketten wie „Utta Danella“, „Lilly Schönauer“ oder „Barbara Wood“ gibt ihm vermutlich Recht. Dass die Romanze trotzdem sehenswert ist, liegt am sympathischen Zusammenspiel von Chiara Schoras und Sebstian Ströbel sowie an Konstantin Wecker, dessen Rolle zwar komplett dem Klischee „liebenswerter Chaot“ entspricht, der als Alt-Hippie aber trotzdem die besten Szenen hat. Nebenbei sorgt Valentin auch noch dafür, dass die etwas in die Jahre gekommene Ehe von Lissys Schwiegereltern neuen Schwung bekommt. Und der Schluss des Films ist schon eine kleine Überraschung.
Bislang liefen diese Produktionen der Bavaria übrigens unter dem Fantasie-Sammeltitel „Lilly Schönauer“. Den hat die ARD schon kürzlich bei „Meine Mutter, meine Männer“ weggelassen, weil der Film im Vergleich zur früheren Betulichkeit der Reihe viel zu flott war. Bei „Die Hochzeit meiner Schwester“ hätte das Etikett dagegen wieder perfekt gepasst.