Die Hitzewelle – Keiner kann entkommen

Susanna Simon, Brandrup, Schade, Schnitzler. Packende Geschichte ohne viel Effekte

Foto: Sat 1 / Stephanie Kulbach
Foto Tilmann P. Gangloff

Ein Schreckensszenario: Wenn Deutschland von einer lang anhaltenden Dürre heimgesucht wird und dem Fluss das Wasser ausgeht, vertrocknet die gesamte Region. Ein brisanter Stoff. Dass „Die Hitzewelle“ offensichtlich deutlich preiswerter ausfallen musste als die Event-Movies Marke TeamWorx, gereicht diesem Öko-Thriller eher zum Vorteil. Der Film von Gregor Schnitzler wirkt realistisch, die Fakten scheinen gut recherchiert zu sein. Dafür funktioniert die weibliche Hauptrolle nicht und auch die Liebesgeschichte bleibt blass.

So haben sie sich das mit dem „Schmelztiegel“ im Ruhrgebiet nicht vorgestellt. Der größte Ballungsraum Europas ist auf die Ruhr und ihre Stauseen angewiesen. Wenn Deutschland von einer lang anhaltenden Dürre heimgesucht wird und dem Fluss das Wasser ausgeht, vertrocknet die gesamte Region. Ein heißer und angesichts der diversen Rekordsommer in den letzten Jahren brisanter Stoff, aus dem teamWorx vermutlich einen packenden Zweiteiler gemacht hätte. Doch „Die Hitzewelle“ musste offensichtlich deutlich preiswerter ausfallen als die Event-Movies, und deshalb gibt’s die Waldbrände nur als Meldung in den TV-Nachrichten, eine Demonstration gegen die Wasserrationierung besteht bloß aus ein paar Leuten, und das große Sterben reduziert sich auf einen Blick in einen nicht mal überfüllten klimatisierten Raum.

Trotzdem wirkt der Film realistisch, weil das Drehbuch von Sarah Schnier und Carl-Christian Demke offenbar auf sorgfältig recherchierten Fakten basiert. Die eigentliche Katastrophe rückt dabei in den Hintergrund, die Geschichte konzentriert sich auf die Figuren. Im Mittelpunkt steht die Meteorologin Martina Fechner (Susanna Simon). Gemäß den Regeln des Genres hat sie das Ungemach kommen sehen, aber niemand wollte ihr glauben. Nun wird sie zur Leiterin des Krisenstabes ernannt, nicht ahnend, dass der ehrgeizige Berater (Martin Lindow) des Ministerpräsidenten sie als wichtigste Figur eines perfiden Plans benutzt. Und noch einer kocht sein eigenes Süppchen: Zander (Hubertus Hartmann), Chef des mächtigen Energieversorgers Ruhrkraft, sieht zunächst gar nicht ein, die Ressourcen des firmeneigenen Stausees rauszurücken. Später kommt er dann der Enteignung zuvor und stellt der Region das Wasser mit großer Geste zur Verfügung. Durch die Erhitzung bei der Kühlung des Kraftwerks sind jedoch hochgiftige Keime entstanden, und weil das Wasser anschließend illegal in den See zurückgeleitet worden ist, droht der Region nun auch noch eine Seuchengefahr.

Die Hitzewelle – Keiner kann entkommenFoto: Sat 1 / Stephanie Kulbach
Tagungsbekanntschaft. Hydrologen küsst man nicht. Johannes Brandrup & Susanna Simon im Sat-1-Movie „Die Hitzewelle“

Schnier und Demke haben den Stoff ernst genommen; „Die Hitzewelle“ ist kaum mit den üblichen Darbietungen des Genres zu vergleichen, bei denen eine dünne Geschichte vor allem Vorwand für packende Effekte ist. Der Film hat ohnehin nur zwei spektakuläre Motive zu bieten: Die verwaisten Autobahnen sind ein höchst ungewöhnlicher Anblick, der an die Ölkrise der Siebziger erinnert. Noch imposanter sind die im Computer entstandenen gestrandeten Containerschiffe im ausgetrockneten Flussbett des Rheins. Die gut vierzig Grad Hitze äußern sich als fahle, ausgewaschene Farben und eindrucksvolle Schwitzflecken. Selbst der talentierte Gregor Schnitzler („Die Wolke“) aber hat es nicht geschafft, aus Susanna Simon eine Heldin zu machen, bei der man mitfiebert. Eher ein Fremdkörper ist auch die für solche Geschichten unvermeidliche Romanze: Die Meteorologin verguckt sich in Dirk Berger (Johannes Brandrup), den Leiter des Kraftwerkstausees, der sich allerdings als verheirateter Mann entpuppt. Die Affäre scheint zudem bloß Vorwand zu sein, damit Martina Fechner gegen Ende, als alles ganz schnell gehen muss, auf die drohende Seuchengefahr aufmerksam wird: Bergers Bruder hat ein Gestüt, holt sich Wasser aus dem Stausee und füllt damit die Zisterne. Seine Kinder springen sogleich hinterher. Die Kamera zeigt die strampelnden Beine, dazu erklingt eine Musik, als tummelten sich im Wasser nicht Legionellen, sondern Piranhas; auf dem Papier und in anderem Kontext fraglos ein hübscher dramatischer Effekt, der hier aber etwas deplatziert wirkt. Kurz drauf kommen die Kinder mit Lungenentzündung ins Krankenhaus, bleiben aber wundersamer Weise dank Martinas Warnung die einzigen Opfer, obwohl im ganzen Ruhrgebiet die Keime aus den Kränen sprudeln. (Text-Stand: 18.2.2008)

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Fernsehfilm

Sat 1

Mit Johannes Brandrup, Susanna Simon, Birge Schade, Rolf Kanies, Martin Lindow, Stephan Szász, Arved Birnbaum

Kamera: Carl Finkbeiner

Schnitt: Ollie Lanvermann

Produktionsfirma: Janus Film

Drehbuch: Sarah Schnier, Carl-Christian Demke

Regie: Gregor Schnitzler

EA: 18.02.2008 20:15 Uhr | Sat 1

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