Ost-Berlin, 1956. Dem privilegierten Stararchitekten Arnold Sundstrom steht der Angstschweiß im Gesicht. Um das eigene Leben zu retten, hat er einst seinen Lehrer und Freund denunziert. Im Moskau der 30er Jahre hat er ihn an die stalinistische Geheimpolizei verraten. Jetzt kehrt der kranke Mann aus dem Gulag zurück. Die Angst des Architekten ist berechtigt. Sundstrom war der einzige einer Gruppe deutscher Exilanten, der nicht Opfer der “Säuberungsaktionen” des sowjetischen Diktators wurde.
“Die Frau des Architekten” entstand nach Stefan Heyms 1966 erschienenen Roman “Die Architekten”. Der Autor brachte hier seinen Schmerz und die Verzweiflung über den real existierenden Sozialismus zum Ausdruck und ließ sogleich keinen Zweifel erkennen an seinem unbeirrbaren Glauben an die kommunistische Utopie. Diethard Klante verfilmte im Auftrag des MDR Heyms Stalin-Kritik und schuf doch etwas Eigenes: sehenswertes Fernsehspiel über eine Lebenslüge, durch die eine Beziehung in einem völlig neuen Licht erscheint. Indem er aus der Perspektive der jungen Frau des Architekten erzählt, erweitert Klante das Themen-Spektrum um die Liebe und bringt auch eine menschlich-emotionale Ebene ins Spiel.
Robert Atzorn im Regen stehend, das Gesicht immer sorgenvoller, das Künstlerhaupt immer gesenkter – selten sah man ihn so gut. Mit wenig Strichen machte er seinen Ex-Denunzianten glaubhaft. Für die Tonlage des Films noch bedeutsamer: Jeanette Hain. Sie wirkt wie ein Engel, der aus der Welt der Moral und der absoluten Werte in die rauhe Wirklichkeit des politischen Überlebenskampfs gefallen ist, aber nicht daran zerbricht, sondern kämpft – leise und still. “Es ist eine starke Frau, die lernt, ihre Seele zu achten und die mit Mut und Leidenschaft ihren Idealen folgt”, charakterisiert Hain die Hauptfigur.
Die obligatorische Frage, ob ein Wessi, eine solche Geschichte verfilmen kann – “Die Frau des Architekten” beantwortet sie eindeutig mit ja. “Feigheit und Opportunismus sind nun mal kein DDR-spezifisches Thema”, betont Autor-Regisseur Klante. Vielleicht konnte er als Wessi sogar großzügiger und verständnisvoller sein als ein befangenerer Ost-Kollege. “Ich glaube, wir haben wenig Recht dazu, uns über einen solchen Menschen moralisch zu erheben”, so Klante. Diese Haltung prägt deutlich den ganzen Film. (Text-Stand: 9.4.2004)