„Wir haben überlebt, jetzt wird alles besser“, ist sich die Sudetendeutsche Clara sicher. Deutschland 1946, das heißt aber zunächst einmal Arbeitslosigkeit und Hunger. Auch die vor Selbstvertrauen nur so strotzende Heldin des TV-Melodrams „Die Erntehelferin“ muss die Ärmel hochkrempeln und manch Demütigung hinnehmen, bevor die Liebe und das Glück genregemäß zu ihrem Recht gelangen. Unterkriegen lässt sie sich nicht, immer steht sie couragiert ihre Frau: „Nach dem Krieg darf man nicht mehr zusehen und das Maul halten.“ Mit solchen Sätzen wird Clara punkten beim weiblichen Publikum des ARD-Freitagfilms. Auch weil Christine Neubauer das aufrechte Vollweib gibt, das nicht als Ami-Liebchen endet.
Identifikation mit voller Breitseite ist das Prinzip dieses Nachkriegsschmachtfetzen, der zunächst recht geschickt mit Dialogen die Vorgeschichte in die Handlung einführt und kleine falsche Fährten aufbaut. So ist das kriegsversehrte Häufchen Elend neben der vitalen Clara nicht ihr Mann, sondern ihr Schwager und alle vier Kinder, die um sie herum tollen, sind von ihrer Schwester, die bei der letzten Geburt gestorben ist. Die sechsjährige Heidi macht Clara die größten Sorgen. Sie hat Tuberkulose und braucht Penicilin, doch das gibt es nur auf dem Schwarzmarkt. Also macht sie sich auf zu einer Kirschplantage, wo sie sich als Saison-Arbeiterin verdingt. Ihre Blicke kreisen nur um Vorarbeiter Martin. Dieses kernige Mannsbild ist die große Liebe ihres Lebens. Nach dem Tod der Schwester hat sie sich für deren Kinder und gegen Martin entschieden. Jetzt blüht die Liebe wieder auf. Beiden gibt sie Kraft in schweren Zeiten. Geschmälert wird das Glück durch den Gutsherrn. Seine Frau kann ihm keinen Erben schenken. Deshalb macht er der kraftvollen Clara ein unmoralisches Angebot.
Spätestens mit der wieder erwachten Leidenschaft zwischen dem Paar ist die Nachkriegszeit nur noch Staffage. Allein das Rührstück um eine moralisch unerhörte Leihmutterschaft gibt die Konfliktlagen vor. Die Drehbuchautoren Susanne Beck und Thomas Eifler haben dabei das dramatische Potenzial der Geschichte erwartungsgemäß grob ausgestanzt. Visualisierter Sinn und die Zeichensprache physischer Sinnlichkeit, die klassischen Bausteine jedes guten Melodrams, treten zunehmend zurück und überlassen dem platten Plot die Szenerie. So ist „Die Erntehelferin“ am Ende eine Allerweltsschmonzette, die das Leid der Nachkriegszeit benutzen möchte für große Gefühle, die sich dem Zuschauer trotz solider Darsteller wie Götz Otto, August Schmölzer & Claudia Messner nie vermitteln wollen. (Text-Stand: 30.3.2007)