Hubert Meinerzhagen (Hermann Beyer) leidet unter dem „Broken Heart“-Syndrom, das seiner romantischen Bezeichnung zum Trotz eine todernst zu nehmende Krankheit ist, die durch emotionalen Stress hervorgerufen wird. Schon der vierte Film trug in gewisser Weise Züge eines Krimis, weil Vera Mundt (Rebecca Immanuel) nach der Ursache für die rätselhafte Augenerkrankung einer Patientin suchen musste. Diesmal hängt von ihren Nachforschungen das Leben des Patienten ab: Bis vor drei Monaten war der Mann kerngesund, aber seither leidet er unter lebensbedrohlichen Symptomen, die sich auch durch Medikamente nicht lindern lassen. Wenn Vera nicht herausfindet, was die Krankheit ausgelöst hat, wird er sterben.
Raffiniert an dieser Geschichte ist der Charakter des Patienten. Im angelsächsischen Sprachraum werden solche Typen als „man you love to hate“ bezeichnet: Niemand kann ihn leiden. Der pensionierte Polizist ist ein geradezu fanatischer Ordnungshüter, was auch die Eifeler Versorgungsassistentin bei ihrer ersten Visite zu spüren bekommt: Weil ihr Auto ein paar Zentimeter in die Feuerwehrausfahrt hineinragt und außerdem der TÜV abgelaufen ist, ruft Meinerzhagen seinen früheren Kollegen, der Veras Wagen notgedrungen abschleppen lassen muss. Vera findet raus, dass ihr Patient mit seinem Lebensmotto „Regeln sind Regeln“ auch jene nicht verschont, die ihm nahe stehen: Sein bester Freund Klaus Mertens war ebenfalls Polizist, hat aber immer wieder mal ein Auge zugedrückt und dafür die Hand aufgehalten; bis Meinerzhagen ihn angezeigt hat und Klaus nicht nur seinen Job, sondern auch die Achtung seiner Söhne verlor. Nun verbringt er den Lebensabend ähnlich einsam wie sein Sandkastenfreund. Vera ahnt, dass Meinerzhagens Zustand etwas mit dieser Freundschaft zu tun haben muss; auch wenn ihr nicht klar ist, wieso die Symptome erst jetzt aufgetreten sind, schließlich sind die Männer über siebzig. Auf eine Versöhnung kann sie ohnehin lange warten, Mertens (Michel Hahnemann) ist nicht mal bereit, mit Meinerzhagen auch nur zu reden.
Erneut zeigt sich, wie klug die Entscheidung war, dass sich die Drehbücher nur noch auf einen Patienten konzentrieren. Auf diese Weise bekommen die Fälle deutlich mehr Tiefe, zumal es eine plausible Erklärung für die Regulierungswut des Ex-Polizisten gibt: Ein traumatisches Erlebnis ließ ihn einst zu dem werden, der er heute ist; seine Anzeigen sind keineswegs Ausdruck einer misanthropischen Persönlichkeit. Als ihn Vera darauf aufmerksam macht, wie unglücklich ein Junge ist, dem das Fahrrad weggenommen wurde, weil er in der falschen Richtung durch eine Einbahnstraße gefahren ist, kommentiert Meinerzhagen trocken: „Besser unglücklich als tot.“ Zweite Erzählebene ist Veras Privatleben, das sich allerdings kaum vom Beruf trennen lässt, weil sie ihre Arbeit als Berufung betrachtet. Deshalb laufen die horizontalen Erzählstränge eher nebenher, ohne deshalb jedoch oberflächlich abgehandelt zu werden: Sohn Paul (Tom Böttcher) lässt sich immer noch von seiner Freundin Rosalie (Barbara Prakopenka) um den Finger wickeln und nimmt daher nicht wahr, wie sehr ihre Schwester Charly (Sarah Mahita) in ihn verliebt ist. Veras Liebesleben liegt dagegen nach wie vor brach, weil sie nicht weiß, ob Klinikarzt Henning es wirklich ernst meint. René Steinke ist mit seinem angegrauten Jörg-Pilawa-Charme ein passendes Pendant zu Veras Chef Chris (Simon Schwarz), der konsequent verbirgt, was er für seine Mitarbeiterin empfindet. Beredter Beleg dafür ist sein Geburtstagspräsent: Erst will er Vera 45 rote Rosen schenken, dann kriegt er kalte Füße und belässt es bei einem Blumengutschein.
Es gibt eine Vielzahl solcher kleinerer & größerer Ereignisse, die „Gebrochene Herzen“ zu einer – gemessen am Genre – komplexen Geschichte machen, etwa die blauen Geldumschläge, mit denen ein anonymer Robin Hood Bedürftigen unter die Arme greift; auch Vera bekommt so ein Kuvert, damit sie ihr Auto reparieren lassen und endlich zum TÜV bringen kann. Paul lässt endlich raus, was ihn am eigentlich grundsympathischen Mitbewohner Daniel (Aleksandar Radenkovic) stört. Nicht nur in dieser sehr emotionalen und entsprechend schwierig zu spielenden Szene zeigt sich, wie vorzüglich Broecker gerade die jungen Darsteller geführt hat. Für die ungleich erfahreneren Mitwirkenden gilt das nicht minder; niemand schießt übers Ziel hinaus oder verkörpert seine Figur unglaubwürdig. In einer der schönsten Szenen des Films kann man Janek Rieke förmlich dabei zuschauen, wie sich Rektor Ortmann in Veras Freundin Danuta (Karolina Lodyga) verliebt, zumal er eine Schwäche für russische Frauen hat; was macht es da schon, dass sie aus Polen kommt. Später sorgt sie für einen Dominoeffekt, als sie an der Schule, den Bauch voller Schmetterlinge, ein Fahrrad umstößt; als Idee nicht neu, aber immer wieder schön. Auch diesmal verzichtet Broecker darauf, den Schauplatz allzu aufdringlich in den Vordergrund zu rücken; und das, obwohl Wegner seiner Mitarbeiterin großzügig sein edles Mercedes-Cabrio überlässt, während ihr Auto in der Werkstatt lässt. Passend zum Alter des Wagens endet der Film beim gemeinsamen Ausflug mit einem Doris-Day-Song und einer klassischen Irisblende; auch dies zeigt die Liebe zum Detail, mit der „Gebrochene Herzen“ entstanden ist.