Die Bergretter – Tödliche Abgründe

Foto: ZDF / Thomas R. Schumann
Foto Tilmann P. Gangloff

Die Serie „Die Bergretter“ war schon immer Gebrauchsfernsehen für niedere Ansprüche. Seit aus den Filmen 90-Minüter geworden sind, hat sich wenig an der Dramaturgie und der Qualität der Inszenierung geändert. Erzählerische Dichte sucht man auch vergebens in der Auftaktepisode der 2014er Staffel. „Tödliche Abgründe“ ist serielles Fernsehen der altbackensten Sorte. Dünne Story, eindimensionale Charaktere, schwache Gastschauspieler, sparsame Action-Bilder. TV von der Stange: billig, aber wahrscheinlich erfolgreich!

Als das ZDF vor gut einem Jahr „Bergretter“ und „Bergdoktor“ in ein gemeinsames Abenteuer schickte („Virus“, 2.1.2013), war das nicht nur eine richtig gute Idee, sondern auch ein richtig guter Film. Vermutlich hätten die Jungs von der Bergwacht am Dachstein auch ohne Verstärkung das Zeug dazu, einen Neunzigminüter zu tragen, aber dann müssten die Geschichten deutlich handlungsreicher sein. Der Auftakt zur 2014er Staffel ist enttäuschend.

„Tödliche Abgründe“ ist das erste von sechs neuen „abendfüllenden“ Abenteuern. Das Ganze ist wenig verheißungsvoll, was unter anderem auch am Drehbuch liegt. Der als Autor überaus erfahrene Timo Berndt („Der Bibelcode“) hat nicht nur „Virus“, sondern auch diverse weitere „Bergretter“-Bücher geschrieben, aber dieser Film wirkt, als habe der ähnlich Bergserien-erprobte Regisseur Dirk Pientka aus der Vorlage für eine gewöhnliche Serienfolge einen Spielfilm gemacht. Erschwerend kommt hinzu, dass das Team mit Bergwachtleiter Marthaler (Martin Gruber) nur eine charismatische Figur zu bieten hat. Das „Crossover“ mit „Bergdoktor“ bescherte Berndt und Pientka zudem deutlich mehr Spielmaterial, wohl auch in finanzieller Hinsicht, immerhin wirkten mit Francis Fulton Smith oder Julia Richter einige namhafte Schauspieler mit. Das ist eine weitere offenkundige Schwäche von „Tödliche Abgründe“: Einziger Blickfang ist Jessica Ginkel (zuletzt in der RTL-Serie „Der Lehrer“ zu sehen), aber im Grunde gibt es keine Mitwirkenden, die einen Einschaltimpuls auslösen.

„Die Bergretter – Gefangen im Dunkel“ (ZDF, 20.3.2014)
Ein gefährlicher Rettungseinsatz bringt Andreas Marthaler (Martin Gruber) mit der attraktiven Naturschützerin Jana (Anja Knauer) zusammen. Während sich die beiden ineinander verlieben, wird Andreas in einen dramatischen Familienkonflikt gezogen, in dem sich Jana und ihr Vater gegenüberstehen. Jana versucht ein brütendes, vom Aussterben bedrohtes Steinadlerpaar ausgerechnet in dem Gebiet zu schützen, in dem ihr Vater, der Bau-Mogul Dietrich Huber (Alexander Strobele), ein neues Wintersportresort hochziehen will. Beim Versuch herauszufinden, welche Rolle Janas Bruder Tom in der Geschichte spielt, werden Toni, Franz Marthaler & Tom in einem alten, verlassenen Bergwerk verschüttet.

Die Bergretter – Tödliche AbgründeFoto: ZDF / Thomas R. Schumann
Erst geht’s in den Berg und zwischendurch gibt’s Brotzeit mit Gaudi. Martin Gruber, Heinz Marecek, Stefanie von Poser, Markus Brandl

Talentiertere Schauspieler hätten auch mehr aus der gar nicht so uninteressanten personellen Konstellation rausgeholt: Eine junge Firma hat einen Weg gefunden, Kommunikationsnetze in unwegsamen Gegenden zu installieren. Investoren sind bereit, viel Geld dafür zu zahlen. Weil einige der Transmitter ausgefallen sind, kraxelt nun eine Vierergruppe durch die Berge: das Pärchen Jan & Tanja (Lichti/Gnädig), der höhenängstliche Computerexperte Paul (Lang) sowie Bergführerin Sabine (Hoecke). Warum sie das Dachsteinmassiv zu viert erklimmen müssen, obwohl nur Paul und Sabine nötig wären, darf man sich nicht fragen, denn sonst wäre die Geschichte zu Ende, bevor sie angefangen hat: Jan tut Sabine nachts Gewalt an, die rennt weg und stürzt ab. Jan hält sie für tot und tischt den anderen eine Lügengeschichte auf. Sabine hat jedoch überlebt, steht aber unter Schock. Als die Bergwacht sie aus einer Steilwand befreien will, sieht sie in ihrem Retter Tobias den Vergewaltiger Jan und stößt ihn von sich, der Mann kracht gegen den Felsen und verletzt sich schwer.

Die dynamischen Prozesse innerhalb der beiden unterschiedlichen Gruppen – hier die Bergwacht, dort das Trio – bergen eine Menge Potenzial. Gerade bei den Bergsteigern verpufft es aber, weil die Figuren völlig eindimensional und die Darsteller schlicht langweilig sind. Auch die Empathie mit Tobias hält sich in Grenzen. Interessanter ist dagegen eine weitere Ebene: Die Bergretter greifen die verstörte Sabine auf, zählen eins und eins zusammen und vermuten, dass Paul die Bergführerin vergewaltigt hat, was seine hochschwangere Gattin (Ginkel) natürlich nicht glauben will. Viele Zuschauer wiederum werden es für völlig unglaubwürdig halten, dass so ein Langweiler so eine Klassefrau hat.

Ähnlich wirkungslos wie die Schauspieler bleibt auch die Musik, die Spannung erzeugen soll, wo die Bilder keine hergeben, weil man bloß einen Hubschrauber durch die Berge fliegen sieht. Das Alpenpanorama dagegen ist prachtvoll, es gibt einige wunderschöne Sonnenuntergangsbilder, aber dieser Schauwert ist das Mindeste, was man von Filmen dieser Art erwarten kann. Allein aus den Helikopterszenen müsste Pientka im Rahmen dieses Genres viel mehr rausholen (immerhin verkauft das ZDF „Die Bergretter“ ja auch als Action-Serie), doch dafür wird das Budget schlicht nicht reichen… (Text-Stand: 9.2.2014)

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Reihe

ZDF

Mit Martin Gruber, Markus Brandl, Paula Paul, Martin Klempnow, Robert Lohr, Stefanie von Poser, Heinz Marecek, Michael König, Susan Hoecke, Leander Lichti, Nina Gnädig, Mirko Lang, Jessica Ginkel, Gundula Niemeyer

Kamera: Andreas Tams

Szenenbild: Micky Psiorz

Schnitt: Christian Bolik

Musik: Moritz Denis, Eike Hosenfeld, Tim Stanzel

Produktionsfirma: ndF

Drehbuch: Timo Berndt

Regie: Dirk Pientka

EA: 13.03.2014 20:15 Uhr | ZDF

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