Die Auflehnung

Jan Fedder, André M. Hennicke und die dritte (leider) gescheiterte Lenz-Verfilmung!

Foto: NDR
Foto Rainer Tittelbach

Ein Teichmeister und seine Familie, sein Lieblingsfeind und ein Teeverkoster, der seinen Geschmackssinn verloren hat, taumeln dem Abgrund entgegen. „Die Auflehnung“ besitzt ein paar starke Szenen; im Ganzen aber wirkt diese Romanverfilmung seltsam leblos, unfilmisch, unphysisch – das dramatische und das erzählende Prinzip finden nicht zusammen.

Frank Wittmann ist Fischmeister. Mit seiner Frau und seiner Tochter führt er eine Teichwirtschaft. Es ging ihm wirtschaftlich schon mal besser. Die Kredite fressen ihn auf, jetzt kommen auch noch die Kormorane und weil er sich im Umgang mit den Fischräubern nicht an die Gesetze hält, steht bald auch der Dorfpolizist auf der Matte. Frank Wittmann weiß nicht recht, wie er es finden soll, dass in dieser angespannten Lage sich sein Bruder Willy nach Jahren mal wieder blicken lässt. Der renommierte, weit gereiste Teeverkoster hat seinen Geschmackssinn verloren und seine Frau hat ihn verlassen. Jetzt sucht er nach einer Neuorientierung in seinem Leben. Ob da die alte Heimat das Richtige ist? Die Lage jedenfalls spitzt sich zu: der Fischmeister tötet immer mehr Kormorane und seine Tochter, die er nicht gehen lassen will, verliebt sich in seinen Lieblingsfeind.

„Die Auflehnung“ ist die dritte Siegfried-Lenz-Verfilmung der Aspekt Telefilm mit Jan Fedder. Nach dem preisgekrönten Sozialdrama „Der Mann im Strom“ und nach „Das Feuerschiff“, einer spannenden Parabel auf See, haben sich Produzent Markus Trebitsch und Autor Lothar Kurzawa an einen Roman gemacht, der nicht nur umfassender, sondern auch schwieriger telegen umzusetzen ist. Und so muss man sich als Zuschauer erst einmal „einlesen“ in diese für einen heutigen Fernsehfilm ungewöhnliche Geschichte mit einer noch ungewöhnlicheren Erzählhaltung. „Lenz erzählt eine Reihe von Geschichten, die ineinander wirken, sich spiegeln oder Kontrapunkte setzen“, sagt Lothar Kurzawa. Der Autor kürzt, strafft, verändert aber strukturell wenig. Er dramatisiert die Geschichten nicht zu einer Filmhandlung, wie sie im Fernsehen üblich ist, sondern erzählt die Geschichten weitgehend parallel. Das mag der Vorlage entsprechen, mag dem Wesen des Romans nahe kommen, mag ein respektvoller Umgang mit Lenz sein; es macht den Film aber auch schwer zugänglich. Vielleicht liegt es auch nur an den vordergründigen Geschichten, am Milieu, dass einem der Zugang erschwert bleibt. Will man sich überhaupt auf so einen autoritär gebenden Teichmeister einlassen?

Der Subtext, die Tragik der sich wiederholenden Familiengeschichte und die Titel gebende Auflehnung in dreifacher Ausführung, findet irgendwo zwischen Roman und Filmhandlung, zwischen Dialogen und Konflikten statt, physisch, sinnlich, in den Bildern spürt man sie nicht. Man hat auch den Eindruck, die Tiefe der Charaktere bleibe unausgeschöpft. Der Film hat durchaus starke Szenen: vor allem für die unbeholfene „Sinnsuche“ von Bruder Willy findet André M. Hennicke stets den passenden Ausdruck. Auch die Besetzung der jungen Frauen, die sich etwas anderes vom Leben erhoffen als die Elterngeneration, mit zwei weitgehend unbekannten Gesichtern, gibt einigen Szenen eine doppelte Frische. Im Ganzen aber wirkt der Film seltsam leblos, unfilmisch, unphysisch – das dramatische und das erzählende Prinzip finden nicht zusammen. Man sollte dankbar sein für jeden Versuch, den herkömmlichen Schicksalsgeschichten und der sich am Krimi orientierenden Dramaturgie etwas entgegenzusetzen. Im Falle von „Die Auflehnung“ ist der Versuch weitgehend gescheitert.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

NDR

Mit Jan Fedder, André M. Hennicke, Jodie Leslie Ahlborn, Daniela Schulz, Josef Heynert, Kirsten Block

Kamera: Wedigo von Schultzendorff

Schnitt: Bernd Schriever

Musik: Jörg Lemberg

Produktionsfirma: Aspekt Telefilm

Drehbuch: Lothar Kurzawa – nach dem Roman von Siegfried Lenz

Regie: Manfred Stelzer

Quote: 5,28 Mio. Zuschauer (18,1% MA)

EA: 28.04.2010 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach