Der Weihnachtskrieg

Oliver Pocher, Sonsee Neu, Janek Rieke, Suzan Anbeh. Weihnachtliches Wettrüsten

Foto: Sat 1 / Wolfgang Ennenbach
Foto Rainer Tittelbach

Oliver Pocher lädt zum Kita-Platz-Casting – mit dem Ergebnis eines vorweihnachtlichen Kleinkriegs zwischen zwei Kölner Ehepaaren. „Der Weihnachtskrieg“ (Sat 1) ist nichts für Komödien-Schöngeister. Das Sat-1-Movie von Oliver Dommenget ist ein vordergründiger Spaß, ein fiktionalisierter perfider Wettstreit, eine bissige Versuchsanordnung: Wer hat den größten Weihnachtsmann, den buntesten Christmas-Flitter, das großspurigste Lichtermeer am Haus? Ein ansehnliches Typen(komik)kabinett, das von seiner Besetzung lebt! Und die Ideale der Weihnachtszeit, Liebe, Frieden, Harmonie, werden garstig mit den Füßen getreten.

Ein Kölner Vorort um die Weihnachtszeit. Die Wielands und die Achenbachs konnten sich noch nie besonders leiden. Aber seit Johannes Herder, der neue Leiter der städtischen Kindertagesstätte, gleich nebenan wohnt, entsteht ein regelrechter Kleinkrieg zwischen den beiden Ehepaaren. Jeder hat nur noch eines im Sinn: unbedingt den einen, den einzigen U3-Platz für den eigenen Sprössling zu ergattern. „Weihnachtsnarr“ Herder möchte, dass „die beste Familie“ den Kita-Platz bekommen soll. Doch wer ist die beste? Die mit dem pädagogisch wertvollsten Erziehungskonzept? Oder die, die am spendabelsten ist und den neuen Nachbarn aufs Vortrefflichste beschenkt? Herder selbst scheint sich da nicht immer ganz einig zu sein. Und die konkurrierenden Eltern der beiden Familien bekommen vor lauter Geschleime nicht mal mehr mit, was ihre Teenager-Sprösslinge so alles treiben.

Oliver Pocher lädt zum Kita-Platz-Casting. „Der Weihnachtskrieg“ ist nichts für Komödien-Schöngeister. Da knallen sich die Nachbarsfrauen Bosheiten an den Kopf, da legt die Schwanzverlängerung von Obergroßkotz den Schneemann der Nachbarn flach, da sorgt Pochers Spielleiter mit pädagogischen Spitzen und egoistischen Unverschämtheiten für reichlich Verwirrung bei Protagonisten wie Zuschauern. Mit dem stimmt doch was nicht! Was führt der denn im Schilde? Ist dieser Herder tatsächlich im Auftrage der Pädagogik unterwegs? Will er aufzeigen, wie weit vermeintlich kultivierte Eltern gehen für ihre Interessen? Wie viel Selbstverleugnung ist möglich, wie viel Demütigung ist nötig? Die Neureichen-Tussi muss in Billigklamotten zur Armenspeisung, die nette Nachbarin von nebenan muss zur Löwenmama ohne Grund mutieren und fremde Kids von der Hupfburg schubsen. Weihnachten, das Fest der Liebe, wird zum Loblied der Bestechung. Zum Brüllen komisch ist das nicht, aber 90 Minuten dezentes Dauerschmunzeln sind garantiert.

Der WeihnachtskriegFoto: Sat 1 / Wolfgang Ennenbach
Allzu ernst darf man diesen Sat-1-„Weihnachtskrieg“ nicht nehmen. Der neue Leiter der Kindertagesstätte ist kein Kostverächter. Sonsee Neu, Oliver Pocher & Suzan Anbeh

Allzu viel Tiefsinn sollte man in dieses Sat-1-Movie nicht hineingeheimnissen. „Der Weihnachtskrieg“ ist ein weitgehend vordergründiger Spaß, ein fiktionalisierter perfider Wettstreit, eine bissige Versuchsanordnung, aus der ein munteres Wettrüsten hervorgeht: Wer hat den größten Weihnachtsmann, den buntesten Christmas-Flitter, das großspurigste Lichtermeer am Haus? Die Figuren werden an ihren Schwachstellen gepackt – und so entsteht ein ansehnliches Typen(komik)kabinett, das mit einer großen Portion Schadenfreude ausstaffiert ist: da ist das Muttertier (Sonsee Neu), die vom Sex Beseelte (Suzan Anbeh), der konfliktscheue Softie (Janek Rieke), der angeberische Alphamann (Christoph Grunert). Der Spielleiter ist Oliver Pocher alias Johannes Herder. Das klingt verdächtig nach Johann Gottfried Herder, dem bedeutenden Dichter und Philosophen der Aufklärung. Sollte doch mehr dahinter stecken hinter diesem privaten Kleinkrieg, der alle Ideale der Weihnachtszeit, Liebe, Frieden, Barmherzigkeit, Harmonie, offen mit den Füßen tritt? Dramaturgisch ist das simpel gestrickt; doch die „Aufgaben“, denen sich die Ehepartner stellen müssen, besitzen – wie die starke, auf Kontrast gepolte Besetzung – genügend Zugkraft, um das Spiel in Gang zu halten. Auch wenn sich am Ende alles etwas profan auflöst. (Text-Stand: 16.11.2013)

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Fernsehfilm

Sat 1

Mit Oliver Pocher, Sonsee Neu, Janek Rieke, Suzan Anbeh, Christoph Grunert, Nathalie Lucia Hahnen, Conrad Risch

Kamera: Dietmar Kölzer

Schnitt: Ingo Recker

Musik: Karim Sebastian Elias

Produktionsfirma: Zeitsprung Pictures

Produktion: Michael Souvignier, Dominik Frankowski

Drehbuch: Matthias Dinter, Martin Ritzenhoff

Regie: Oliver Dommenget

Quote: 2,22 Mio. Zuschauer (7,4% MA)

EA: 10.12.2013 20:15 Uhr | Sat 1

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach