Ein Kölner Vorort um die Weihnachtszeit. Die Wielands und die Achenbachs konnten sich noch nie besonders leiden. Aber seit Johannes Herder, der neue Leiter der städtischen Kindertagesstätte, gleich nebenan wohnt, entsteht ein regelrechter Kleinkrieg zwischen den beiden Ehepaaren. Jeder hat nur noch eines im Sinn: unbedingt den einen, den einzigen U3-Platz für den eigenen Sprössling zu ergattern. „Weihnachtsnarr“ Herder möchte, dass „die beste Familie“ den Kita-Platz bekommen soll. Doch wer ist die beste? Die mit dem pädagogisch wertvollsten Erziehungskonzept? Oder die, die am spendabelsten ist und den neuen Nachbarn aufs Vortrefflichste beschenkt? Herder selbst scheint sich da nicht immer ganz einig zu sein. Und die konkurrierenden Eltern der beiden Familien bekommen vor lauter Geschleime nicht mal mehr mit, was ihre Teenager-Sprösslinge so alles treiben.
Oliver Pocher lädt zum Kita-Platz-Casting. „Der Weihnachtskrieg“ ist nichts für Komödien-Schöngeister. Da knallen sich die Nachbarsfrauen Bosheiten an den Kopf, da legt die Schwanzverlängerung von Obergroßkotz den Schneemann der Nachbarn flach, da sorgt Pochers Spielleiter mit pädagogischen Spitzen und egoistischen Unverschämtheiten für reichlich Verwirrung bei Protagonisten wie Zuschauern. Mit dem stimmt doch was nicht! Was führt der denn im Schilde? Ist dieser Herder tatsächlich im Auftrage der Pädagogik unterwegs? Will er aufzeigen, wie weit vermeintlich kultivierte Eltern gehen für ihre Interessen? Wie viel Selbstverleugnung ist möglich, wie viel Demütigung ist nötig? Die Neureichen-Tussi muss in Billigklamotten zur Armenspeisung, die nette Nachbarin von nebenan muss zur Löwenmama ohne Grund mutieren und fremde Kids von der Hupfburg schubsen. Weihnachten, das Fest der Liebe, wird zum Loblied der Bestechung. Zum Brüllen komisch ist das nicht, aber 90 Minuten dezentes Dauerschmunzeln sind garantiert.
Allzu viel Tiefsinn sollte man in dieses Sat-1-Movie nicht hineingeheimnissen. „Der Weihnachtskrieg“ ist ein weitgehend vordergründiger Spaß, ein fiktionalisierter perfider Wettstreit, eine bissige Versuchsanordnung, aus der ein munteres Wettrüsten hervorgeht: Wer hat den größten Weihnachtsmann, den buntesten Christmas-Flitter, das großspurigste Lichtermeer am Haus? Die Figuren werden an ihren Schwachstellen gepackt – und so entsteht ein ansehnliches Typen(komik)kabinett, das mit einer großen Portion Schadenfreude ausstaffiert ist: da ist das Muttertier (Sonsee Neu), die vom Sex Beseelte (Suzan Anbeh), der konfliktscheue Softie (Janek Rieke), der angeberische Alphamann (Christoph Grunert). Der Spielleiter ist Oliver Pocher alias Johannes Herder. Das klingt verdächtig nach Johann Gottfried Herder, dem bedeutenden Dichter und Philosophen der Aufklärung. Sollte doch mehr dahinter stecken hinter diesem privaten Kleinkrieg, der alle Ideale der Weihnachtszeit, Liebe, Frieden, Barmherzigkeit, Harmonie, offen mit den Füßen tritt? Dramaturgisch ist das simpel gestrickt; doch die „Aufgaben“, denen sich die Ehepartner stellen müssen, besitzen – wie die starke, auf Kontrast gepolte Besetzung – genügend Zugkraft, um das Spiel in Gang zu halten. Auch wenn sich am Ende alles etwas profan auflöst. (Text-Stand: 16.11.2013)