Sonia Forster hat schlimme Zeiten hinter sich. Sie ist sich sicher, dass ihr Ex-Ehemann sie erschossen hätte, wenn er in jener unglückseligen Nacht nicht völlig betrunken gewesen wäre. Jetzt sitzt der gewalttätige Banker in der Psychiatrie, während Sonia versucht, langsam wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Doch noch immer wird sie von Ängsten und Alpträumen geplagt. Eher unerwartet bekommt sie eine Stelle als Physiotherapeutin in einem Wellness-Hotel in den Schweizer Bergen. Doch auch hier kommt sie nicht zur Ruhe kommt. Es ereignen sich seltsame Dinge, ein Baum wird vergiftet, ihr geliebter Wellensittich getötet, ein Hund verschwindet und dann glaubt Sonia, ihren Ex gesehen zu haben. Plötzlich hinterfragt sie alles. Weshalb sind die Leute im Dorf so feindselig? Was hat es überhaupt mit diesem einsam gelegenen Hotel auf sich, das mit 20 Gästen und 36 Angestellten alles andere als ein Geschäft sein kann? Und ist ihre Chefin vielleicht gar nicht die kluge Geschäftsfrau, sondern ein eiskaltes Wesen, das ihre Seele verkauft hat? Oder ist sie der Teufel persönlich, der sich Sonia holen will? Alles, was passiert, scheint der Sage vom „Teufel vom Mailand“ entnommen zu sein. Hat sich da jemand die alte Schauermär zur Vorlage genommen, um diese verletzliche Frau zu quälen oder ist Sonia Opfer ihrer eigenen Wahnvorstellungen?
„Der Teufel von Mailand“ ist der Auftakt einer geplanten Reihe mit Verfilmungen des Schweizer Krimiautors Martin Suter. Es sind Einzelstücke, die nicht von einer Hauptfigur zusammengehalten werden und „die unterschiedlicher nicht sein können, die aber die professionelle Schreibe des Autors und der hohe Produktionswert eint“, schreibt der Redakteur Wolfgang Feindt im Pressetext. Was die filmische Machart im Detail angeht, kann man dem ZDF-Mann problemlos folgen. Der Look von Markus Welters Film – wenngleich mitunter etwas kunstgewerblich geraten – fängt die sagenumwobene, geheimnisumwitterte Welt des Engadins und dieses kolossartigen Hotels in der Landschaft insgesamt stimmungsvoll ein. Die Schauspieler sind gut besetzt: Ina Weisse, für die die Rolle der Hotelchefin hätte geschrieben sein können, ist das einzige hierzulande sehr bekannte Gesicht. Nicht auf TV-Stars zu setzen, tut dieser rätselhaften Geschichte durchaus gut; es betont das Befremdliche. Überhaupt überzeugt der Film in seiner atmosphärischen Gesamtanmutung.
Aber dramatisierte Rätselhaftigkeit allein erzeugt noch keine filmische Spannung. So folgt man dem Schicksal der Heldin zwar anfangs mit Interesse – aber ein packender Thriller wird „Der Teufel von Mailand“ nicht. Weissagungskrimis, in denen Mythen in die heutige Zeit versetzt werden, sind mittlerweile ein Subgenre, dem oft etwas Prätentiöses anhaftet. Solche Mystery-Geschichten funktionieren im Fernsehen nur selten, weil sie schwer den Bogen hinbekommen zwischen Realitätsanspruch und Wahn-Sinn, zwischen stimmiger Psychologie und filmischen Effekten. „Das ist bei „Der Teufel von Mailand“ nicht anders. TV-Movie-Stoff in Arthaus-Ästhetik – irgendwie passt es nicht. Nicht jeder Bestseller-Thriller gebiert ein zweites „Shining“. Dieser Suter-Roman ist offenbar schwer, an die TV-Sehgewohnheiten anzupassen. Und dass nicht nur, weil die synästhetische Wahrnehmung der Heldin, die im Roman eine zentrale Rolle spielt, erwartungsgemäß nur unzulänglich in den Film adaptiert werden konnte. Auch das Eigene, das der Film schafft, ist nicht eigenwillig genug. (Text-Stand: 1.12.2012)