Es ist eine kleine Perle der intelligent-gewitzten Fernsehunterhaltung, die der NDR da im Nachtprogramm versteckt hat. Fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit durfte Bjarne Mädel als „Der Tatortreiniger“ beweisen, welch superbes komödiantisches Potenzial er hat. Ob es am Grimme-Preis 2012 liegt, dass zumindest eine der vier bisher abgedrehten Folgen nun den Weg ins Erste findet? Am 17. Mai putzt „Der Tatortreiniger“ dort zur besten Sendezeit den Schauplatz eines Verbrechens in blitzeblank. Ein herrlich-schräges TV-Vergnügen.
Foto: NDR / Thorsten Jander
„Meine Arbeit fängt da an, wo sich andere vor Entsetzen übergeben“, so beschreibt Heiko „Schotty“ Schotte seinen Job als „Tatortreiniger“. Wenn er in seinem alten Caddy sitzt, sein Handy mit dem „Tatort“-Klingelton bimmelt und sein Chef von der Gebäudereinigungsfirma Lausen dran ist, schlägt Schottys Stunde. Er saust mit Desinfektionsmittel, Schrubber und Putzlappen bewaffnet, an den Schauplatz eines Verbrechens und legt im weißen Overall und mit Gummihandschuhen los. Er ist der Mann, der als Letzter zum Leichenfundort kommt. Als schlichter Putzmann will der Typ von der SpuBe (Spurenbeseitigung) nicht bezeichnet werden: „Das wäre ja so, wie wenn man sagen würde, ein Pilot ist einfach nur ein fliegender Busfahrer“. Bei seinen Einsätzen trifft er auf Angehörige, Freunde oder Bekannte der Verstorbenen. In der ersten Folge ist es eine Prostituierte, die nur ihren Job erledigen wollte, weiter trifft der Reinigungsfachmann noch auf einen Schriftsteller kurz vor der Schreibblockade, eine 87-jährige, die mittels Golfschläger Selbstjustiz an einem Einbrecher übte („Ich hab das Siebener-Eisen genommen, ein glattes Hole-in-One“) und auf eine korpulente Dame, der der Psychiater für immer abhandenkam.
Foto: NDR / Thorsten Jander
Es sind kleine, feine Comedy-Kammerspiele, die Autorin Mizzi Meyer da entworfen hat. Eine simple Grundidee, aber mit enorm viel Potenzial. Zwei Personen in einem Raum, hinzu kommen ein bis maximal zwei Besucher – das funktioniert bestens: Punktgenau erzählt, ohne grelle Überzeichnung und mit viel Witz. Und wenn, wie in Folge 1, auch noch die beiden „Polizeiruf-110“-Ermittler des NDR, gespielt von Anneke Kim Sarnau und Charly Hübner, am Tatort auftauchen, dann vermischen sich die Ebenen der Fiktion… Regisseur Arne Feldhusen, der mit Bjarne Mädel auch schon bei „Stromberg“, „Mord mit Aussicht“ und „Der kleine Mann“ zusammen gearbeitet hat, besitzt ein exzellentes Gespür für Timing, setzt seinen „Tatortreiniger“ mit herrlicher Situationskomik in Szene und kann sich auf eine enorm hohe Pointendichte aus den Drehbüchern verlassen. Die Mischung zwischen Kalauern und intelligentem Humor stimmt, die Figur des Schotty ist ein Volltreffer und Bjarne Mädel die optimale Besetzung für diesen Underdog mit Hamburger Slang und Bauernschläue. Das ist Mädels Paraderolle, mit keinem anderen würde die Low-Budget-Comedy so gut funktionieren wie mit ihm. Schotty ist so einfach wie sein Job, seine Welt bewegt sich zwischen den Themen Frauen, Autos und Fußball. Wenn seine Gesprächspartner im Angesicht des Todes nach dem Sinn des Lebens suchen, denkt er bereits an seinen nächsten Einsatz.
Das ist Klasse-Unterhaltung, voll Geist und Witz – mit einem famos aufspielenden Bjarne Mädel. Die NDR-Comedy zeigt, dass eine einfache Grundidee ausreichen kann, wenn man mit viel Einfallsreichtum drumherum kleine Geschichten baut. Und so darf man hoffen, dass „Der Tatortreiniger“ für mehr als eine Folge den Weg ins Erste findet. Weiter geht es auf alle Fälle, eine zweite Staffel mit sechs Folgen ist bei Autorin Mizzi Meyer in Auftrag gegeben.