Paris im Frühling. Die Literaturdozentin Julia, eine vertrocknete Schönheit um die 50, die sich in den letzten Jahren hinter ihren Büchern versteckt hat, vollzieht eine wundersame Wandlung. Plötzlich ist sie wieder Frau, kann lachen, lieben und die Leichtigkeit des Seins genießen. In den Armen eines 30-Jährigen findet die scheue Frau zu ihrer Weiblichkeit zurück.
Eine Rolle wie geschrieben für Iris Berben. Das fand die Schauspielerin offenbar auch, nachdem sie den Roman „Der russische Geliebte“ der polnischen Autorin Maria Nurowska vor einigen Jahren gelesen hatte. „Es war mein großer Wunsch, daraus einen Film zu machen“, sagt sie. Doch die Umsetzung war nicht ganz leicht. Die vielen Inneren Monologe der Vorlage sind Gift für den Film. Außerdem ist es ein Stoff, der zwischen den Medien hängt: fürs Kino zu banal, fürs Fernsehen zu sehr abgehoben vom Alltag. Deshalb dauerte es einige Jahre, bis das Projekt zur Realisierung fand. Die Bedenken konnten weitgehend ausgeräumt werden. Der Film ist kein Meisterwerk, etwas Kunstgewerbliches haftet ihm an – und doch ist er eine willkommene Abwechslung von den oftmals allzu realen Fernsehfilmen.
Der Film von Ulrich Stark nach dem Drehbuch von Grimme-Preisträger Christian Jeltsch erzählt konzentriert aus seiner Mitte heraus. Und diese Mitte heißt Julia alias Iris Berben. Für ein Semester hat die Literaturdozentin eine Gastprofessur an der Sorbonne übernommen. Einquartiert hat sie sich in einem kleinen, typischen Pariser Hotel. Ein wunderbarer Ort, seinen Gedanken nachzuhängen. Wäre da nicht dieses russische Pärchen im Nebenzimmer, dessen ausgedehntes Liebesspiel die scheinbar verblühte Frau nicht unbeeindruckt lässt. Sie freundet sich mit der jungen, etwas unbedarften Nadja (Anna Brüggemann) an, doch recht bald zeigt Alexander (frisch: Ronald Zehrfeld), ein Historiker, der an einem Buch über den letzten Zaren schreibt, reges Interesse an der klugen, reifen Frau von nebenan. Seine leidenschaftliche, ungestüme Art zieht Julia an, weckt Sehnsüchte, obgleich die selbstbewusste Deutsche mit Alexanders Macho-Art nach alter Väterchen Russlands Sitte nur schwer umzugehen weiß.
Für Berben ist es nicht das Thema „reife Frau liebt jungen Mann“, das ihr Interesse an Roman wie Figur geweckt hat. „Selbstständigkeit und ein größeres Selbstbewusstsein der Frauen sind der Grund.“ Die Wandlung ihrer Figur hat sie sehr viel stärker beeindruckt. Am Anfang ist ihre Julia eine Frau, die sich ganz über den Intellekt definiert. Ihre Weiblichkeit ist verblasst. „Das Spannende an der Figur ist das Entdecken ihres Körpers, das Entdecken ihrer Sinnlichkeit.“ Und weil Julias Geliebter nicht Romeo, sondern Alexander/Sascha heißt, stehen die Chancen auf ein Happy End besser als bei Shakespeare.