Prinz Marius ist ein selbstverliebter Beau, dem die tägliche Visite des Barbiers mehr bedeutet als die sich bei ihm anbiedernden Damen bei Hofe. Eines Tages gerät er in eine Falle des Teufels. Der will ihm die Freiheit nur wiedergeben, wenn der eitle Prinz bis zur nächsten Tag- und Nachtgleiche eine Frau gefunden habe, die ihn von Herzen liebt. Kein Problem, denkt sich der begehrte Königssohn. Doch der Teufel wäre nicht der Teufel, wenn er den Pakt nicht mit einem Fluch belegen würde: Der Belzebub verwandelt den Schönling in ein haariges Halbwesen und schickt ihn im Bärenfell auf Brautschau. Im Schloss erkennt man ihn nicht, sieht in dem verzweifelten Wesen nur ein fürchterliches Biest. Der Verwandelte muss fliehen, denn man glaubt, er habe den Prinzen getötet. Er wird vertrieben, gejagt; nur ein Mädchen, die ständig von ihrer Tante gegängelte Elise, merkt, dass unter dem Fell keine Bestie steckt.
Der Märchenfilm „Der Prinz im Bärenfell“ erzählt von einem jungen Mann, dem erst ein Missgeschick passieren muss, damit ihm die Augen aufgehen. Erst der Pakt mit dem Teufel lässt ihn erkennen, wie leer und sinnlos sein Leben bei Hofe ist: „Immer nur so tun als ob“ – auch was Beziehungen angeht, ist er ein Narziss, ein Spieler, ein Hedonist. Mit dem Bärenfell auf der Haut versteht der eitle Prinz plötzlich, was zählt im Leben. „Einige Punkte dieser Lebensliste sind“, so Hauptdarsteller Max Befort, „der wertschätzende Umgang mit seinen Mitmenschen, die Unwichtigkeit von Oberflächlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Verzeihen und natürlich wahrhaftige Liebe.“ Es ist nicht das Schi-Schi am Hofe seines Vaters, das als erstrebens- & liebenswert erscheint, sondern es sind einfach nur die Augen der vermeintlichen Bestie, die als Fenster der Seele zum Antrieb werden für die spontane Herzensbildung des jungen Paares. Das lehrreiche Happy End dieses Märchens, das von Autor David Ungureit („Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“) moderat für die ARD-Reihe „Sechs auf einen Streich“ modernisiert wurde, gipfelt denn auch nicht in einer pompösen Hochzeit, sondern zeigt die Liebenden durch den märchenhaften Spreewald reiten.
„Der Prinz im Bärenfell“ ist aber nicht nur reich an inhaltlichen Motiven, an kleinen Handreichungen in Sachen Moral, die Märchenverfilmung ist auch dramaturgisch und filmästhetisch nicht ohne Raffinesse. Der Schauplatz schenkt dem Film viel von seiner Atmosphäre: der Spreewald, das weiß man spätestens seit den ZDF-„Spreewaldkrimis“, ist geradezu ein Sinn-Bild für eine verwunschene, märchenhafte Landschaft. Aber auch die künstlichen Effekte, Licht, Donner und Verwandlungstricks, unterstreichen den mysteriösen Charakter, ohne allerdings den Film von Bodo Fürneisen für kleine Kinder zu schauerlich werden zu lassen. Im Gegensatz zu den frühen Sonnenschein-Märchen der ARD mit Kitschanteil enthält diese RBB/SR-Mär hingegen Ansätze zu einem poetischen Realismus.
Außerdem besitzt dieser Märchenfilm Witz, Ironie und für ältere Zuschauer einen geradezu selbstreferentiellen Blick aufs Genre. „Ich bin ein verzauberter Prinz“, sagt der verwandelte Marius; da kann Elise nur lächeln. Auch der Teufel wird nicht als grauenvolle Höllengestalt, sondern als rhetorikbegabtes Filou gezeigt – und von Wilfried Hochholdinger entsprechend originell & doppelbödig dargestellt. Miroslav Nemecs schwermütiger König dagegen verzichtet – und das ist gut so – auf die üblichen manierierten Märchen-Narreteien. Und was die Hauptdarsteller angeht: Die Haarpracht im Gesicht von Max Befort ist seines (anfangs etwas äußerlichen Mienen-)Spiels keineswegs abträglich. Im Gegenteil. Und Mira Elisa Goeres ist kein „Schönchen“; das passt gut zur Bauern-„Magd“ Elise, die durch die Liebe langsam erblüht – filmisch nachgeholfen durch Maske und Kostüm. Auch die anderen Gewerke sind unter Fürneisens Regie überzeugend: Auffallend sind die stimmungsvollen Bildausschnitte mit vielen Großaufnahmen, eine entsprechend sinnstiftende Montage und ein geschmackssicheres Szenenbild, das mit Farbe und Stilisierung arbeitet statt mit unreflektierter („kindgerechter“?) Buntheit. Fazit: Märchenfilm mit Moral und nachhaltiger Optik! (Text-Stand: 19.11.2015)