Es ist mal wieder November. Pfarrersgattin Lena macht sich wie jedes Jahr aus dem trüben Ruhrpott auf in die Toskana. Bereits am Tag ihrer Abreise kommt die Nachricht, sie sei bei einem Busunglück in Norddeutschland ums Leben gekommen. Der hinterbliebene Ehemann verkriecht sich in seinen Schmerz, will nichts von den Ungereimtheiten des Todes seiner Liebsten wissen – bis ihn eines Tages eine Postkarte erreicht: von Lena, aus der Toskana. Jetzt kann sich Hermann der Wahrheit nicht mehr verschließen und er recherchiert ihrem Tod hinterher. Die Spuren führen nach Sylt, zu Henry, einem eigenwilligen Zeitgenossen, der Fotograf war und sein Augenlicht verloren hat. Er war Lenas „Novembermann“.
„Der Umgang mit Trauer und Verlust ist das Zentrum der Geschichte“, so der Autor Magnus Vattrodt. „Der Film kreist um die Frage, ob es nicht die Möglichkeit gibt, wenn man jemanden verloren hat, in irgendeiner Weise auch bereichert aus dieser schmerzlichen Situation hervorzugehen.“ Hermann habe die Wahl: „Mache ich meine Lebensklappe zu oder öffne ich mich noch einmal dem Leben, öffne ich mich für meine eigenen Defekte?“ Der Pfarrer entscheidet sich für das Lebensprinzip. Ohne seine Identität preiszugeben, begegnet er seinem Kontrahenten mit unterdrücktem Hass und verhaltener Sympathie. Während der wilde Künstler ihm von Lena vorschwärmt, vom Duft ihrer Haut, ihrer Klugheit, ihrer Sinnlichkeit, erfährt Hermann etwas von der anderen Seite der Frau, mit der er 25 Jahre verheiratet war. Er muss erkennen, dass Henry ihr etwas gegeben hat, was er Lena nie hat geben können.
„Die Geschichte stellt ein bisschen das Konzept der alles verschlingenden romantischen Liebe auf den Kopf“, betont Vattrodt. Während herkömmliche TV-Melodramen um reifere Paare oft nach dem Muster gestrickt sind „Beim nächsten Mann wird alles besser“ und bei Um-die-30-Schmonzetten der magische Liebestaumel der Inbegriff aller Zweisamkeit ist, erteilt „Der Novembermann“ solchen „Liebe-macht-blind“-Lösungen eine Absage. „Wir wollten andeuten, dass sich in einer solchen Stille einer langjährigen Ehe, die inzwischen ohne die großen, leidenschaftlichen Ausbrüche auskommt, möglicherweise auch ein sehr tiefes Glück verbergen kann“, so der Autor. Man kommt zu dem Schluss: der ideale Mann für die lebenskluge, sinnliche Lena ist eine Mischung, etwas Gutmensch, ein bisschen Eisenhans.
Foto: WDR / Sandra Hoever
Der Stoff ging aus einem Hochschulprojekt hervor. Jobst Oetzmann erkannte früh die Qualitäten des Buchs und wollte die Regie übernehmen. Das brachte den Film ein Stück weiter in Richtung Prime-Time. Als dann der WDR zusagte und Götz George ins Boot holte, wurde das Projekt noch eine Nummer größer – und die Besetzung der ersten Hauptrolle noch schwerer: „Es gibt nicht viele Schauspieler, die in einem solchen Männerdrama Götz George Paroli bieten könnten“, so Vattrodt. Burghart Klaußner ist ein solcher Schauspieler. Großartig, wie er dem anfangs eine Spur zu laut agierenden George und dessen Lebemensch Henry die Leisetreter-Mentalität des schmallippigen Pfarrers aufzwingt. (Text-Stand: 6.7.2007)