Der Novembermann

Götz George und Burghart Klaußner im Männerduell: Leisetreter trifft auf Eisenhans

Foto: WDR / Sandra Hoever
Foto Rainer Tittelbach

Ein glücklicher Ehemann erfährt nach dem Unfalltod seiner Frau, dass sie sich alljährlich im November mit einem anderen Mann getroffen hat. „Der Film kreist um die Frage, ob es nicht die Möglichkeit gibt, wenn man jemanden verloren hat, auch bereichert aus dieser schmerzlichen Situation hervorzugehen“, so Autor Vattrodt. Das Konzept der romantischen Liebe wird gerade gerückt und Burghart Klaußner liefert eine großartige Leistung.

Es ist mal wieder November. Pfarrersgattin Lena macht sich wie jedes Jahr aus dem trüben Ruhrpott auf in die Toskana. Bereits am Tag ihrer Abreise kommt die Nachricht, sie sei bei einem Busunglück in Norddeutschland ums Leben gekommen. Der hinterbliebene Ehemann verkriecht sich in seinen Schmerz, will nichts von den Ungereimtheiten des Todes seiner Liebsten wissen – bis ihn eines Tages eine Postkarte erreicht: von Lena, aus der Toskana. Jetzt kann sich Hermann der Wahrheit nicht mehr verschließen und er recherchiert ihrem Tod hinterher. Die Spuren führen nach Sylt, zu Henry, einem eigenwilligen Zeitgenossen, der Fotograf war und sein Augenlicht verloren hat. Er war Lenas „Novembermann“.

„Der Umgang mit Trauer und Verlust ist das Zentrum der Geschichte“, so der Autor Magnus Vattrodt. „Der Film kreist um die Frage, ob es nicht die Möglichkeit gibt, wenn man jemanden verloren hat, in irgendeiner Weise auch bereichert aus dieser schmerzlichen Situation hervorzugehen.“ Hermann habe die Wahl: „Mache ich meine Lebensklappe zu oder öffne ich mich noch einmal dem Leben, öffne ich mich für meine eigenen Defekte?“ Der Pfarrer entscheidet sich für das Lebensprinzip. Ohne seine Identität preiszugeben, begegnet er seinem Kontrahenten mit unterdrücktem Hass und verhaltener Sympathie. Während der wilde Künstler ihm von Lena vorschwärmt, vom Duft ihrer Haut, ihrer Klugheit, ihrer Sinnlichkeit, erfährt Hermann etwas von der anderen Seite der Frau, mit der er 25 Jahre verheiratet war. Er muss erkennen, dass Henry ihr etwas gegeben hat, was er Lena nie hat geben können.

„Die Geschichte stellt ein bisschen das Konzept der alles verschlingenden romantischen Liebe auf den Kopf“, betont Vattrodt. Während herkömmliche TV-Melodramen um reifere Paare oft nach dem Muster gestrickt sind „Beim nächsten Mann wird alles besser“ und bei Um-die-30-Schmonzetten der magische Liebestaumel der Inbegriff aller Zweisamkeit ist, erteilt „Der Novembermann“ solchen „Liebe-macht-blind“-Lösungen eine Absage. „Wir wollten andeuten, dass sich in einer solchen Stille einer langjährigen Ehe, die inzwischen ohne die großen, leidenschaftlichen Ausbrüche auskommt, möglicherweise auch ein sehr tiefes Glück verbergen kann“, so der Autor. Man kommt zu dem Schluss: der ideale Mann für die lebenskluge, sinnliche Lena ist eine Mischung, etwas Gutmensch, ein bisschen Eisenhans.

Der NovembermannFoto: WDR / Sandra Hoever
„Was ist nur mit meinem Vater los?!“ Bernadette Heerwagen und Burghart Klaußner

Der Stoff ging aus einem Hochschulprojekt hervor. Jobst Oetzmann erkannte früh die Qualitäten des Buchs und wollte die Regie übernehmen. Das brachte den Film ein Stück weiter in Richtung Prime-Time. Als dann der WDR zusagte und Götz George ins Boot holte, wurde das Projekt noch eine Nummer größer – und die Besetzung der ersten Hauptrolle noch schwerer: „Es gibt nicht viele Schauspieler, die in einem solchen Männerdrama Götz George Paroli bieten könnten“, so Vattrodt. Burghart Klaußner ist ein solcher Schauspieler. Großartig, wie er dem anfangs eine Spur zu laut agierenden George und dessen Lebemensch Henry die Leisetreter-Mentalität des schmallippigen Pfarrers aufzwingt. (Text-Stand: 6.7.2007)

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

WDR

Mit Götz George, Burghart Klaußner, Bernadette Heerwagen, Barbara Auer

Kamera: Volker Tittel

Schnitt: Cosima Schnell

Musik: Fabian Römer

Produktionsfirma: Filmpool

Produktion: Iris Kiefer

Drehbuch: Magnus Vattrodt

Regie: Jobst Christian Oetzmann

Quote: Wh. (2018): 3,80 Mio. Zuschauer (12,9% MA)

EA: 06.07.2007 20:40 Uhr | Arte

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach