Vor zehn Jahren war Robert alias Bob ausgewandert, hatte sein bisheriges Leben hinter sich gelassen. In Südafrika baute er sich eine neue Existenz auf. Aus dem schüchternen Tapetenhändler wurde ein selbstbewusster Weinbauer, aus dem vereinsamten Single, der sich mit Frauen schwertat, wurde ein Mann, der seine Heimat inmitten einer schwarzen Family gefunden zu haben glaubt. Doch ein einziges Bild, eine Frau, die er flüchtig sieht und die ihn an seine Jugendliebe erinnert, bringt ihn aus dem Gleichgewicht. Er versinkt in Gedanken an jene Emma, für die er bereits während seiner Schulzeit schwärmte und die er vor zehn Jahren wieder traf und nach einer zarten Romanze und einer einzigen Liebesnacht wieder verlor. Robert war es, der sich ohne Nachricht auf und davon machte. So wie er war, hätte es mit Emma und ihm nichts werden können. Nun ist er reif genug, doch Emma verheiratet!
„Der Mann von gestern“ heißt der Fernsehfilm um jenen sanften Eigenbrötler, der sich noch einmal in seine Vergangenheit zurückbegibt, um endlich frei zu sein, frei für eine neue Liebe oder endlich frei für die alte. Selbstfindung, Identitätswechsel, Liebeswunsch – das sind Themen, aus denen eigentlich Romane gewebt sind. Für einen Fernsehfilm kommt das Drehbuch von Doris J. Heinze mit ungewöhnlich wenig äußerer Handlung und viel innerem Monolog daher. „Emma schlich sich wieder zurück in mein Leben – und ich konnte nichts dagegen tun“, sinniert der Held rückblickend und muss mit solchen Sätzen leider zu verstehen geben, dass die Geschichte keine literarischen Qualitäten besitzt. Auf den ersten Blick ungewöhnlich für einen weitgehend von der Degeto produzierten Film sind die Bilder von Hannu Salonen, der den zwei Welten, dem verstaubten Bremen und dem erdigen Südafrika, zwei grundverschiedene Stimmungen zuschreibt. Auf den zweiten Blick legt sich aber die banal entwickelte Geschichte über die Ästhetik, obsiegt das Sentimentale über das Visuelle.
Es bleibt also allein dem Hauptdarsteller Matthias Brandt vorbehalten, die ARD mit „Der Mann von gestern“ nicht ins Fahrwasser von Pilcher & Co und somit in eine neuerliche „Süßstoffdebatte“ schlittern zu lassen. All das, was den Sohn von Willy Brandt, der sich ausgerechnet mit der Rolle von Günter Guillaume aus dem langen Schatten seines Vaters lösen konnte, in Filmen wie „Der Stich des Skorpion“, „In Sachen Kaminski“ oder zuletzt in „Die Frau am Ende der Straße“ auszeichnete, das kann er auch in diesem Liebesfilm mit Kitsch-Rand zeigen. Er ist der Mann der bescheidenen Figuren, der leisen Töne, der langsamen Gangart. Robert passt genau in dieses Bild. Er ist ein schwermütiger Melancholiker, der sich das Leben und die Liebe in Gedanken zurechtlegt. Er hat ein Faible für die alten Zeiten, ist ein Mann aus einer anderen Welt, ein Mann von gestern eben. Diesen Charakter – das Einzige, was der Autorin einigermaßen stimmig gerät – vermag Brandt so überzeugend zum Leben zu erwecken, dass es einige wenige Momente gibt, in denen er die Klischees der Geschichte sprengt und nur noch die Wahrhaftigkeit seiner Figur durchschlägt. (Text-Stand: 2007)