Wann ist ein Mann ein Mann? Hans Mittelstädt weiß das schon lange nicht mehr. Biologisch fühlt er sich als Mann. „Gefühlt bin ich eine verlassene Mutter“, jammert er. Auch er glaubt langsam, dass Männer das Auslaufmodell der Evolution seien. Seine Ex Linda will mit dem gemeinsamen Sohn Moritz und dem neuen Partner nach Dänemark ziehen. Der brave Hotelangestellte ist ratlos – und machtlos, denn er war nie mit Linda verheiratet. Nur gut, dass ihn der Womanizer Martin mit seinem Skateboard über den Haufen fährt. So lernt er noch Leo und Walter kennen, allesamt Klinikpatienten, aber in erster Linie unter dem „Feminat“ leidende Männer. Die Männergruppe hat einige Ideen, wie man den Umzug von Moritz und seiner Mutter verhindern könnte. Plan A: Lindas Partner einen lukrativen Job in der Heimat anbieten. Plan B: Martin baggernd auf Linda ansetzen. Plan C kommt von Hans selbst: in die Öffentlichkeit gehen. Auf einem Podest auf der Marktplatzlinde will er seinen Protest über die Diskriminierung unverheirateter Väter zum Ausdruck bringen. Plan D ist eine Verzweiflungstat und Plan E ist kein Plan, sondern die natürlichste Sache der Welt: den Betroffenen fragen.
Männer besetzen immer noch überwiegend die Chefetagen…
„… aber sie sind auch mehrheitlich unsere Straßenkehrer und Müllsortierer; Männer stellen die Mehrzahl der Obdachlosen und der Selbstmörder; sogar die Arbeitslosigkeit nach der Finanzkrise 2008 war überwiegend männlich.“ (Silke Zertz)
Eine richtige Geschichte ist das eigentlich nicht, was Silke Zertz da zum Thema „Männer in der Krise“ aus dem Zettelkasten zieht. Dennoch ist es das Ganze recht unterhaltsam. „Der Mann auf dem Baum“ ist eine telegene Fundstelle für aktuell kursierende Theoreme und launige Vorurteile zum Thema Mann und Frau in der Gesellschaft. „In einigen Lebensbereichen haben sich die Kräfteverhältnisse zwischen den Geschlechtern umgekehrt“, betont die Autorin. „Der Feminismus hat sich institutionalisiert, eine Vielzahl von teils öffentlich finanzierten Einrichtungen lebt von der Frauenförderung, das heißt es gibt ein Selbsterhaltungsinteresse dieser Einrichtungen…“ Für einen Mann wie Hans Mittelstädt kann das bedeuten: Er verliert seinen Sohn und kann nichts tun. Er und seine Freunde können nur dem „Zeitalter der Frau“ mit Aktionen begegnen, die wiederum alle weiblichen Vorurteile dem männlichen Geschlecht gegenüber bestätigen. Zertz bekrittelt alles ein wenig, tut am Ende aber keinem weh.
Die Geschichte vom „verlorenen“ Vater ist ein bisschen männerbewegt, nicht gerade weltbewegend, will das aber auch nicht unbedingt sein. Dennoch: Ein bisschen mehr Fallhöhe hätte der Hauptfigur nicht geschadet, ein bisschen mehr Individualität den Figuren insgesamt auch nicht. Da steht jeder prototypisch seinen Mann und Susan Anbehs Linda wirkt ein bisschen „emotional untersteuert“, was sie selbst der Männerwelt vorwirft. Ein Fernsehfilm wie diese WDR-Komödie unterliegt aber auch anderen Gesetzen als nur dramaturgischen. Mit einem Sympathieträger wie Jan Josef Liefers, der so schön traurig gucken kann und „so rührend“ um seinen Sohn kämpft, ist der Drops gelutscht. Da wird die härteste Feministin weich. Komödie darf alles – nur nicht langweilen. Das beherzigt der Film – und legt auch ein gutes Tempo vor. „Das Heitere braucht aber auch ein Schmerzzentrum, sonst ist die Komik flach“, weiß Autorin Zertz. Und auch dafür ist gesorgt… (Text-Stand: 25.10.2011)