Er ist ein Loser vor dem Herrn, gibt sich aber selbstbewusst. Schließlich will und muss Hasso Gründel um seinen Job und den seiner Kollegen kämpfen. Sein neuer Chef hat die Marschroute vorgegeben: 60 verkaufte Geräte in sechs Wochen, sonst wird die Abteilung Außendienst beim Staubsaugerhersteller „Kattelmann“, die Hasso gemütlich und locker vom Schreibtisch aus koordiniert, dicht gemacht. Nur wenn „Der letzte Cowboy“ das schafft, wird der Haustürverkauf nicht abgeschafft. Und so setzt er sich ans Steuer und fährt hinaus ins wirkliche Leben. Sein treuer Begleiter ist dabei Kater „Samson“, der sitzt in der Katzenbox und darf nicht allein gelassen werden. Frauchen ist gerade auf Kur und informiert sich per Telefon ständig darüber, ob es ihrem Kater auch gut geht. Den klinkenputzenden Cowboy spielt Peter Jordan. Der hat sichtlich Spaß an diesem Paradeexemplar der Mittelmäßigkeit. Sein Hasso ist ein Biedermann, der davon träumt, einmal der große Held zu sein, eine graue Maus, die hofft, dass endlich Farbe in ihr tristes Leben kommt. Ein Selbstüberschätzer, der glaubt, anderen Lebenshilfe geben zu können, obwohl er die selbst bitter nötig hätte. Mit leisem feinen Humor spielt sich Jordan durch die Episoden, mal will man ihn hassen, mal lieben, meist bedauert man diesen Handlungsreisenden in Sachen Staubsauger.
Sein Einsatzgebiet ist die Peripherie der Klein- und Vorstädte. Da bietet sich durch den Besuch eines Vertreters den Bewohnern noch eine willkommene Abwechslung. Dass Hasso Gründel dort Überraschungen erlebt, ist das Prinzip der Serie, das Reizvolle und Ungewöhnliche. Die Idee und das Serienkonzept stammt von Lars Albaum. Der nennt sich selbst „Lohnschreiber ohne Tabus“, ist Grimme-Preis-Träger für „Stromberg“ und hat an Serien und Sitcoms wie „Ellerbeck“, „Nikola“, „Dr. Psycho“ oder „Mord mit Aussicht“ mitgeschrieben. Über seine neue Serienfigur sagt er: „Es gibt keine realen Vorbilder für Hasso. Er ist eher der Archetyp einer tragisch-komischen Figur, ein Don Quijote im Mittelklassewagen mit Duftbaum am Rückspiegel.“ Regie führt einer, der weiß, wie man subtile Komik in Szene setzt: Lars Jessen (“Am Tag, als Bobby Ewing starb“, „Fraktus“). Auch wenn der Titel es erwarten lässt, einen Western hat der Regisseur im Vorgebirge zwischen Köln und Bonn nicht gedreht. Jessen: „Die Western-Anspielung zielt nicht so sehr auf die Weite der Landschaft oder eine bestimmte kinematographische Ästhetik ab, sondern sie greift das Unterwegs-Sein auf, das Grenzen überwinden, aber auch das Draufgängerische, was die Hauptfigur manchmal auch notgedrungen haben muss.“ Jede Episode beginnt mit dem Song „Der letzte Cowboy“, geschrieben von Jakob Ilja, gesungen von Peter Jordan. Darin heißt es: „Hinter mir die Ödnis einer Welt, die schrecklich ist und gar nichts von mir hält, doch vor mir liegen Abenteuer, weite Landschaft, ungeheuer schön wird dieser Tag und wer mich mag, kauft mir was ab.“
Die einzelnen Episoden sind unterschiedlich gelungen: herrlich böse, wenn Hasso in „Auf gute Nachbarschaft“ an ein älteres Ehepaar gerät, das durch Horrormeldungen aus der Klatschpresse verängstigt ist und glaubt, der Nachbar habe seine Frau umgebracht. Etwas zu bemüht und plakativ ist in „Talent muss man haben“ seine Begegnung mit einem Dieter-Bohlen-Verschnitt, der eine untalentierte, dicke Frau in einer Casting-Show niedergemacht hat und die jetzt mit vorgehaltener Pistole in seiner Villa auftaucht und ihn bedroht. Mittendrin ist immer Hasso. Der wird das schon richten – oder eben auch nicht. Hauptsache sein Staubsauger wird gekauft. Stets geht es in den Folgen darum, in die Häuser zu blicken, zu sehen, welche Geheimnisse sich hinter hohen Hecken, blickdichten Gardinen und geschlossenen Türen verbergen. Dieses Prinzip kommt einem bekannt vor. Es erinnert stark an die preisgekrönte Serie „Der „Tatortreiniger“. Blickt dort Bjarne Mädel in menschliche Abgründe oder erlebt Kurioses, so tut es hier Staubsaugervertreter Hasso Gründel. Ein Kopie der preisgekröhnten NDR-Produktion ist es deshalb noch lange nicht, „Der letzte Cowboy“ ist eine gelungene (schwarz)humorige Reise in die deutsche Provinz, eine absurd-unterhaltsame Serie über einen Loser, den man schnell in sein Herz schließt und sich nichts sehnlicher wünscht, als dass der endlich mal einen „Panther 2000“ verkauft. (Text-Stand: 9.12.2016)