Die Weltstadt Berlin wird von einer Rattenplage heimgesucht – und ausgerechnet der junge Kollege aus der Provinz, der unbestechliche „KHK“ Carsten Lanner (Florian Lukas), der nur für eine Fortbildung in die Hauptstadt gekommen ist, soll diese hochbrisante Angelegenheit regeln. Zunächst aber gibt es einen prominenten Toten: Der Patriarch Erwin Machalik (Carl Heinz Choynski), Marktführer in Sachen Schädlingsbekämpfung, der einen Exklusivvertrag mit der Stadt hat und sie immer mal wieder mit einer drohenden Rattenplage erpresst hat, wird mit einem Loch im Kopf in seinem Schlafgemach aufgefunden. Der leitende Ermittler, HK Kolbe (Max Hopp), legt den Fall als Selbstmord zu den Akten. Doch Lanner verfolgt, unterstützt von seiner hoch motivierten Kollegin Carola Rimschow (Anna Fischer), die Mordtheorie heimlich weiter und bekommt dafür Rückendeckung vom Polizeipräsidenten (Hendrik Arnst) persönlich. Und so bricht er in Machaliks Haus ein und gelangt nächtens zwischen Schampus, Pop & Pornos zu neuen Erkenntnissen. Doch bald überschattet die Rattenplage den vermeintlichen Mordfall. Die Machalik-Söhne, Max (Rüdiger Klink) und Helmut (Daniel Tillmann), erweisen sich als unfähig und so wird Kammerjägermeister Toni Matthes (Marc Hosemann), gefördert von seiner Mutter Claire (Monika Hansen), Machaliks cleverer rechter Hand, zum Berliner Chef fürs operative Rattengeschäft ernannt.
„Der König von Berlin“ ist nach dem Roman des Kabarettisten Horst Evers entstanden. Man merkt’s: Viel Handlung muss Autor-Regisseur Lars Kraume („Terror – Ihr Urteil“) unter einen Hut bringen. Dramaturgisch keine leichte Aufgabe – zumal diese Reise durch verschiedene Genres und Tonlagen auch schon in der Vorlage nicht immer ganz rund läuft. Der Zugang zu diesem Krimi ist erfreulicherweise ein vornehmlich komödiantischer, der aber weniger von Pointen lebt, stattdessen stärker auf Running Gags und das Komikpotenzial seines Personals setzt. Das Beste ist natürlich die irre Grundidee, die – trotz der Verknappung von 380 Romanseiten auf einen Neunzigminüter – schließlich auch das Zentrum der Film-Geschichte geblieben ist: Und wie im Roman ist auch in der RBB-Degeto-Produktion die Metapher, ein Berlin voller Ratten, offen für allerlei Subtexte und Interpretationen. Diese kleinen Nager sind überall, nichts ist vor ihnen sicher, sie untergraben die Stadt, sie untergraben die Gemeinschaft. Und ausgerechnet der freundliche Lanner („Ich bin einfach zu nett“) soll in Berlin, wo Großmannsucht, Filz- & Vetternwirtschaft zuhause sind, das Chaos beseitigen.
Ein „wilder, schräger Trip“ ist für ARD-Primetime-Verhältnisse „Der König von Berlin“ nun auch als Film geworden. Ein bisschen Krimi, ein bisschen Berlin-Satire, ein bisschen Klamauk – zusammengehalten durch ein hinreißendes Duo: Florian Lukas und Anna Fischer, die aus ihren Ermittlern ein liebenswertes, kultverdächtiges Pärchen machen. Lanner, der nicht nur ein guter Polizist ist, sondern auch zu gut für diese Welt, und Rimschow, die von ihrer Abenteuerlust und Naivität überwältigt wird. Sie himmelt ihn offen an („Sie sind mein Held, ich möchte ein Kind von Ihnen“), er braucht eine Weile, bis er ihre Vorzüge inklusive des verbotenen Fahrstils zu schätzen weiß. Er ist schüchtern und introvertiert, sie ist impulsiv und hat ein Aggressionsproblem. Lukas ist ein Meister des Timings, der feinen, doppeldeutigen Nuance; Lanners Charakter erschließt sich mehr aus seinem Spiel als aus dem, was die „Figur“ anbietet. Fischer ist dagegen eine Meisterin des Direkten, Impulsiven, Wilden – aber auch diese Wirkung, insbesondere, Chaos beiläufig in Komik zu transformieren, muss erspielt werden. Die anderen Figuren sind handlungsdienlich, komödientauglich und sie besitzen oft einen Hang zur Karikatur. Max Hopp als HK Kolbe ätzt gern in Richtung des Helden und Kraume lässt ihn nicht umsonst „das Gehirn selber weggepustet“ sagen. Dezenter und wunderbar norddeutsch trockenhumorig legt Marc Hosemann seine Rolle des Kammerjägers an, der anfangs mit russischem Akzent spricht, weil er vom Image profitieren möchte, Russen seien die besten Kammerjäger. Ob deutsch oder mit Akzent, mit Matthes’ Spruch „is’ egal“ hat ihm Lars Kraume einen Dauerschmunzler erster Güte ins Textbuch geschrieben.
Es wäre ein Leichtes, das Ineinandergreifen von Krimi, Komödie und Katastrophenszenario dramaturgisch zu bemängeln. Das Laissez-faire in der Handlungsführung und die unzulängliche physisch und sinnlich vermittelte Berlin-Krise aufgrund der Rattenplage (auch wenn der Film kein Katastrophenthriller ist) sind jedenfalls ziemlich offensichtlich. Dafür hat der Regisseur Kraume dem Autor Kraume erfolgreich unter die Arme gegriffen: ein stimmiges Ensemble zusammengestellt, für einen filmisch guten Erzählfluss gesorgt, mit Sinn für Timing Komisches kurz aufblitzen und sich von Christoph M. Kaiser und Julian Maas einen originellen Score (mit Anleihen beim Sixties-Kino à la „Pink Panther“) maßschneidern lassen. Und schlussendlich hat er so einen gelungenen Filmspaß geschaffen. „Der König von Berlin“ ist eine moderate Groteske, ein sympathischer Unsinn. Gelegentlich ein köstlicher Quatsch mit Soße, roter Soße, bei der es dann auch ein bisschen eklig wird. (Text-Stand: 30.8.2017)