Widerwillig übernimmt der abgehalfterte Privatdetektiv Brenner mal wieder einen Job für seinen alten Freund Berti. Er soll einen gewissen Horvath ausfindig machen. Der gute Mann zahlt die Leasingraten nicht mehr. Also auf in die niederösterreichische Provinz, zum Wirtshaus Löchenkohl. Denn hier steht nicht nur das Auto, hier soll es auch die besten Hendl der ganzen Alpenrepublik geben. Das trifft sich doppelt gut: Brenner hasst das Land, und er hasst Brathendl. So schnell, wie er den Wagen findet, so schnell verliert er ihn auch wieder. Brenner bleibt trotzdem. Die Serviererin und Juniorchefgattin Birgit hat es ihm angetan und auch sie würde ihn nicht von der Bettkante schubsen. Doch zunächst heißt es Hähnchen fachmännisch zerteilen. Das knackt. Der Privatdetektiv schaut ihr bewundernd dabei zu, schleppt Eimer voller Knochen zur monströsen Knochenmahlmaschine, lässt sich den Kreislauf der Massenhenderlhaltung erklären und schnüffelt ein wenig herum. Objekt seiner Neugier ist der Chef des Hauses: Puffgänger mit Vorliebe für serbisches Frischfleisch. Ein Wirtsstubenpotentat & Fachmann fürs Ausbluten. Bald schon hört man es wieder knacken.
„Der Knochenmann“ ist die dritte Wolf-Haas-Romanverfilmung um den sonderbaren Privatdetektiv Brenner. Wieder hat sich das Dream-Trio Hader, Haas, Murnberger zusammengefunden, um der stark veränderten Vorlage eine kinoträchtige Form zu verpassen. Das ist grandios geglückt. Kaum hat der Held Wien verlassen, kippt das Bild, die Welt hebt’s aus den Angeln, und dem Helden fliegt das Wagendach um die Ohren – und die Gesetze des Whodunit-Krimis gleich hinterher. „Der Knochenmann“ erzählt zwischenzeitlich fast genau so viel von der Liebe. Boshafte Dialoge wechseln sich ab mit verquerer Lebensphilosophie, einem ausgelassenen Maskenball folgt ein Schlachtfest – und mittendrin der Hendlmann mit dem Hackebeil. Da wird die Küche zum Mordwerkzeug, der Kühlraum zum Hobbykeller, da bekommt das Töten eine eigene Dynamik – und: Der Mensch ist ja auch nur ein Tier.
Da ist es fast schon ein Grund zur Freude für den Helden, wenn nur(!) ein Finger im Soßentopf landet. „Der Knochenmann“ ist ein Anti-Heimatfilm, eine lakonisch erzählte, gelegentlich surreale Horrorkomödie, die sich Zeit lässt, damit das Schreckliche und das Alltägliche so richtig schön grotesk verschmelzen können. Alle Nebenhandlungen werden punktgenau mit dem Knochenmann-Brenner-Hauptstrang abgeglichen. Das große Maskenball-Leichenkeller-Finale präsentiert eine perfekte, wunderbar getimte Raum-Zeit-Dramaturgie. Und das Schauspielerensemble ist superb: Josef Hader, Josef Bierbichler, Birgit Minichmayr, Simon Schwarz oder die famose Off-Theaterfrau Pia Hierzegger („Aufschneider“). Fazit: ein Fest für Freunde des Grotesken. Eine Nachhilfestunde für deutsche Kriminalkomödienmacher (vor allem die aus der Gegend um Münster) & Coen-Brüder-Fans! (Text-Stand: 28.7.2012)