Der Doc und die Hexe – Nebenwirkungen / Katastrophenalarm

Christiane Paul, Dominic Raacke – Screwball Comedy trifft aufs Drama des Sterbens

Foto: ZDF / Volker Roloff
Foto Rainer Tittelbach

„Der Doc und die Hexe“ geht in die zweite Doppelrunde. Nach den ersten Wortgefechten zwischen dem verhinderten Liebespaar hat es sich ausgekaspert. Die neuen Folgen entfernen sich vom Screwball Touch der beiden Eingangsepisoden. Schwangerschaft, Krankheit, Tod, Sterbehilfe – alle Register des Genres werden gezogen, alle Tonlagen effektvoll ausgespielt. Schauspieler und Dialoge sind gut. Doch das Format ist nicht unbedingt optimal.

Als Klinikchef Professor Fritz im OP umkippt und wenig später auf der Intensivstation landet, bedeutet dies das Aus für die Praxisgemeinschaft zwischen Dr. Sophie Schöner, der Expertin für Chinesische Medizin, und dem Chirurg Dr. Hans Wunderlich, die ohnehin beziehungstechnisch unter einem schlechten Stern stand. „Dr. Wu“ soll kommissarisch den Chefposten übernehmen. In Wahrheit aber ist der Abschied vom „alten Fritz“ längst beschlossen. Da heißt es für Dr. Schöner TCM-like gegensteuern. Auch Mama Margot wird von ihr eingespannt, um ihren Mentor wieder fit zu päppeln. Parallel dazu hat die eigenwillige Ärztin einen ersten und einzigen Fall: eine Art Sterbebegleitung. Außerdem bringen vertauschte Blutproben mehrere Menschen in Lebensgefahr. Ganz dramatisch kommt es für die Klinik, als bei einem Patienten der Virus einer Tropenkrankheit festgestellt wird. Er soll nicht der Einzige bleiben. Auch die schwangere Dr. Schöner fühlt sich auf einmal immer matter. Das Fieber steigt. Und alle sind ratlos – bis ihr selbst das passende Gegenmittel einfällt. Ob mit oder ohne dem „alten Fritz“ sieht es also plötzlich wieder ganz gut aus für die Chinesische Heilkunde in der Klinik „Unter den Linden“.

Der Doc und die Hexe – Nebenwirkungen / KatastrophenalarmFoto: ZDF / Volker Roloff
Die Naturheilkundlerin als Hexe oder doch eher als Gartenzwerg? Christiane Paul ist Dr. Schöner

„Der Doc und die Hexe“ geht in die zweite Doppelrunde. Nach den ersten Wortgefechten zwischen dem verhinderten Liebespaar hat es sich ausgekaspert. Die neuen Folgen entfernen sich deutlich vom Screwball Touch der beiden Eingangsepisoden. Schwangerschaft, Krankheit, Sterbehilfe, ja sogar Tod im Krankenhaus – alle Register des Genres werden gezogen, alle Tonlagen effektvoll ausgespielt. Da wird dem Gesundheitswesen der Spiegel vorgehalten, da wird die Klinikschicht zum Dauerstress am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die fliegenden Wechsel bei der Patientenbetreuung, die Alltäglichkeit des Sterbens, die (Sehn-)Süchte, die den einen oder anderen Mediziner umtreiben, das alles fließt beiläufig ein in 180 Filmminuten, die mal launig und mal nachdenklich, mal albern und mal hintergründig sind. So gut die ersten 180 Minuten auch als Beziehungskomödie funktionierten – das neckische Spiel zwischen Christiane Pauls TCM-Hexe und Dominic Raackes „Dr. Wu“ ist bald ausgereizt, der Anrede-Wechsel zwischen „Sie“ und „Du“ wirkt in den neuen Folgen gelegentlich sogar deplatziert. Ins Ernsthafte zu gehen, den Tod zu thematisieren, ist dagegen der richtige Weg. Geschichten wie die eines elfjährigen Mädchens, deren Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen sind und das nun in der Klinik in einem kurzen Moment eine Ahnung davon bekommt, was Sterben bedeutet, oder die eines Mannes, der „das Endprodukt einer Chemotherapie“ ist und der sich einfach nur noch nach Erlösung sehnt, bleiben besonders „hängen“ bei dieser bunten Szenen-Mixtur.

Man muss sich fragen, ob zwei 90-Minüter das richtige Format für diese Krankenhausgeschichten sind. Hat es nicht vielleicht doch seinen guten Grund, dass das Genre – von „Schwarzwaldklinik“ über „ER“ bis hin zu „Dr. House“ oder „Doctor’s Diary“ – in der Regel in 45-Minuten-Häppchen präsentiert wird?! In dieser Serien-Form kann dem Erzählten eine klare, wiederkehhrende Struktur gegeben werden, in die auch das Rituelle des Klinik-Alltags Eingang findet. Bei „Nebenwirkungen“ und „Katastrophenalarm“ bekommt man als Zuschauer kein Gefühl für Abläufe. Man hangelt sich „inhaltlich“ von einer Szene zur nächsten; dramaturgisch indes hat das Ganze etwas von einer Endlosschleife. Die Kombination der Erzählstränge wirkt beliebig, der Handlungsverlauf ist alles andere als zwingend und so stellt sich für den Zuschauer durch die Länge der 90 Minuten eine Kurzatmigkeit her, die beim 45-Minuten-Format so nicht gegeben wäre. Dass etliche Dialog-Wechsel sehr gelungen sind, die Besetzung – insbesondere Paul, Raacke, Möhring und Eyssen – (wieder) großartig ist, das gilt auch für den diesen Nachschlag von „Der Doc und die Hexe“.

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Reihe

ZDF

Mit Christiane Paul, Dominic Raacke, Wotan Wilke Möhring, Katharina Eyssen, Peter Lerchbaumer, Gaby Dohm, Elena Uhlig, Gundi Ellert, Rolf Sarkis, Sesede Terziyan, Ingeborg Westphal, Annika Pages

Kamera: Peter Döttling

Szenenbild: Monika Nix

Schnitt: Georg Söring

Produktionsfirma: Sperl + Schott Film

Drehbuch: Gerlinde Wolf, Harald Göckeritz

Regie: Vivian Naefe

Quote: Teil 3: 3,24 Mio. Zuschauer (10,5% MA); Teil 4: 3,44 Mio. (11,4% MA)

EA: 17.09.2012 20:15 Uhr | ZDF

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