Der Barcelona-Krimi – Tod aus der Tiefe

Schick, Anne Schäfer, Hafemeister/Greve, Freydank. Fall & Geschichten ziehen an

Foto: Degeto / Lucia Faraig
Foto Tilmann P. Gangloff

Der zweite „Barcelona-Krimi“ (ARD Degeto / Dreamtool Entertainment) mit Clemens Schick und Anne Schäfer ist schlüssiger und besser als der erste: Was als vermeintlicher Tauchunfall beginnt, entpuppt sich schließlich als Umweltfrevel mit weitreichenden Folgen. Der Reiz der Geschichte liegt jedoch in den diversen Beziehungen der Hauptfiguren; gerade das Ermittlerduo Xavi Bonet und Fina Valent steckt in einem interessanten Findungsprozess. „Tod aus der Tiefe“ beeindruckt vor allem auch durch eine aufwändige Bildgestaltung.

Ein toter Taucher bringt Xavi Bonet (Clemens Schick) und Fina Valent (Anne Schäfer) auf die Spur eines Umweltskandals, der nicht nur in ökologischer Hinsicht weitreichende Folgen hat: Auch der Vater des Kommissars scheint in die Sache verstrickt zu sein; und El Tauró, der Schurke aus dem ersten „Barcelona-Krimi“, hat erneut seine kriminellen Finger im Spiel.

Der Einstieg ist ganz ähnlich wie beim Debüt des neuen Krimiduos aus Barcelona: Kommissar Bonet treibt Sport am Strand und entdeckt eine Leiche. Während der erste Film seinen Reiz vor allem dem gegensätzlichen Ermittlerpaar und den dynamisch ins Bild gerückten Schauwerten der katalanischen Metropole verdankte, erzählt der zweite auch eine richtig gute Geschichte, die im Unterschied zur Handlung des Auftakts zudem eine gewisse „Relevanz“ besitzt; deshalb ist diesmal auch die innere Spannung größer. „Tod aus der Tiefe“, ohnehin sehr bilderreich, beeindruckt jedoch vor allem auch durch die ausgezeichnete Bildgestaltung von Philipp Timme mit ihren vielen fließenden Kamerafahrten. Anders als Filme aus München oder Berlin sind die Zwischenschnitte aufs Stadtpanorama nicht abgenutzt; eine Art optisches Markenzeichen für beide „Barcelona-Krimis“ sind zudem die Intermezzi im Zeitraffer. Außerdem haben Regisseur Jochen Alexander Freydank und seine Mitarbeiter für die vielen Außenaufnahmen faszinierende Drehmotive gefunden. Ähnlich gut ist die Musik (Ingo Ludwig Frenzel), die diesmal stärker hispanische Klänge in die Elektronik integriert.

Der Barcelona-Krimi – Tod aus der TiefeFoto: Degeto / Lucia Faraig
Nicht nur die Zuschauer merken es: Eduardo (Tino Mewes) scheint Xavi (Clemens Schick) und Fina (Anne Schäfer) etwas zu verheimlichen.

Dass Baptiste Bonet (Hans-Uwe Bauer) in den Fall verstrickt sein könnte, verleiht dem Film einen nicht zu unterschätzenden zusätzlichen Reiz, zumal die Rolle des Kommissars durch die schwierige Beziehung zum Vater (der definierte die Beziehung in der Startepisode mit einer knallenden Ohrfeige für den Sohn) zusätzliche Komplexität gewinnt. Bonet senior ist kürzlich zum Bürgermeister gewählt worden, und ausgerechnet das prominente Unterstützerpaar Gutiérrez scheint mit dem Tod des Tauchers zu tun haben: Das Opfer, ein Umweltaktivist, war Geologe und hat für Enric Gutiérrez (Rüdiger Klink) gearbeitet; dessen Frau Isabella (Isabella Parkinson) ist Besitzerin einer Firma, die eine stillgelegte Ölplattform im Meer vor der Stadt gekauft hat. Je tiefer sich Bonet und Valent in den Fall hineinarbeiten, umso undurchsichtiger wird er; selbst die tektonische Verschiebung der im Mittelmeer aufeinandertreffenden eurasischen und afrikanischen Kontinentalplatten ist für den Fall von Bedeutung. Parallel zu den Ermittlungen wird die im ersten Film aufgeworfene persönliche Ebene weitererzählt: Die Kommissarin macht sich nach wie vor große Sorgen um ihre 15jährige Tochter María (Tara Fischer); sie fürchtet, dass der doppelt so alte Mann, in den sich das hübsche Mädchen verliebt hat, ein Loverboy ist, der sie auf den Strich schicken will.

Der Barcelona-Krimi – Tod aus der TiefeFoto: Degeto / Lucia Faraig
„Tod aus der Tiefe“ beeindruckt vor allem auch durch eine aufwändige Bildgestaltung. Die Pressefotos geben diese Qualität leider nicht wieder. Clemens Schick und Rüdiger Klink

Dieser horizontale Erzählstrang ließe sich in den nächsten Filmen ebenso weiterspinnen wie die Feindschaft zwischen dem Kommissar und El Tauró, der ihm androht, jeden zu ermorden, der ihm wichtig ist. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn birgt ebenfalls viel Potenzial, und selbstredend müssen auch Xavi und Fina ihr Verhältnis noch weiter klären. Oder auch nicht. In „Tod aus der Tiefe“ jedenfalls ist ihre „Beziehung“ lustvoll ambivalent und spannungsreich. Sie arbeiten immer besser zusammen, kleine Irritationen inklusive, haben sogar Spaß miteinander und schaffen es beinahe auf einen gemeinsamen Kaffee. Und während Bonets sexuelle Orientierung in Teil eins jegliche Form von erotischer Annäherung auszuschließen schien, gibt es diesmal eine Szene, die in Romanzen regelmäßig dafür sorgt, dass die Liebe ausbricht: Als die beiden unbefugt auf abgesperrtem Gelände ermitteln und dabei vom Wachpersonal erwischt werden, geben sie sich spontan als Pärchen aus, das ein ruhiges Plätzchen gesucht hat; ein Moment, an dem auch Xavi großen Gefallen zu finden scheint.

Die Chemie zwischen dem Duo ist in jeder Hinsicht reizvoller als die verschiedenen Nebenstränge mit den Bordellbesuchen von Gutiérrez, der Eifersucht eines weiteren Umweltschützers (Tino Mewes) oder der wundersamen Rückkehr eines auf der Lohnliste von El Tauró stehenden Polizisten, der am Schluss von Teil eins als Mörder entlarvt worden war. Dass die Rechtsmedizinerin ihrer Arbeit im Cocktailkleid nachgeht, ist auch eher ungewöhnlich. Da sind die coole Kleidung (weiße Turnschuhe zum Anzug) und die diversen Tätowierungen Xavis ungleich schlüssiger, zumal seine Mischung aus Distanz und Empathie in „Tod aus der Tiefe“ noch stärker zum Tragen kommt. Trotz seines keineswegs mehr jugendlichen Alters hat Clemens Schick (Jahrgang 1972) immer noch etwas Jungenhaftes, was der Rolle einen zusätzlichen Reiz verleiht. Ob es weitere „Barcelona-Krimis“ geben wird, hängt nicht zuletzt vom Zuspruch der Zuschauer ab. (Text-Stand: 15.10.2017)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Clemens Schick, Anne Schäfer, Tara Fischer, Isabella Parkinson, Rüdiger Klink, Tino Mewes, Yasemin Cetinkaya, Anton Weil, Hans-Uwe Bauer, Lluís Marco

Kamera: Philipp Timme

Szenenbild: Llorenc Miquel

Schnitt: Ollie Lanvermann

Musik: Ingo Ludwig Frenzel

Soundtrack: Copado („Despacito”), Belleruche („Northern Girls 1”), Calvin Harris („Feels”), Moby („Go”), Miley Cyrus („Malibu”)

Redaktion: Diane Wurzschmitt, Sascha Schwingel

Produktionsfirma: Dreamtool Entertainment

Produktion: Stefan Raiser, Jürgen Schuster, Felix Zackor

Drehbuch: Kai Hafemeister, Jochen Greve

Regie: Jochen Alexander Freydank

Quote: 4,39 Mio. Zuschauer (14,1% MA)

EA: 09.11.2017 20:15 Uhr | ARD

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