So schnell habe er noch nie einen Stoff entwickelt, sagt Felix Mitterer. Auf Stippvisite in seiner alten Heimat traute der in Irland lebende Drehbuchautor seinen Augen nicht. „Bruno von bayerischen Jägern kaltblütig abgeknallt!“, las er da an einem Junitag im Jahre 2006 die Schlagzeile einer seriösen österreichischen Zeitung. Er holte sich die gesamte Presse, war seltsam berührt, amüsiert und hatte sofort die Geschichte für einen Film im Kopf. Eine Geschichte, für die er nicht viel dazu erfinden musste, denn die Realität gab ein Szenario vor, dass sich der als Kritikaster bekannte Autor der legendären „Piefke-Saga“ selbst nie hätte besser ausdenken können.
Was war geschehen? Ein Jungbär, dem es in Italien zu eng wurde, wanderte in Richtung Norden und hielt sich drei Wochen im deutsch-österreichischen Grenzgebiet auf. Die Tiroler und bayerische Landesregierung waren in Aufruhr, jeder hoffte, dass „Bruno“, wie ihn die österreichische Presse als erstes nannte, das eigene Hoheitsgebiet verlassen würde. Das Unwort „Problembär“ ging um. Die ratlosen Politiker hüben wie drüben hofften: „würden doch die anderen ihn abknallen!“ Doch bis es am 26. Juni so weit war, holte sich jeder Helfer und Hilfsmittel in die Wälder. Eine Röhrenfalle wurde aufgestellt, Betäubungsexperten wurden berufen, finnische Bärenjäger mit finnischen Bärenhunden eingeflogen. Doch es half nichts. Auch die Tierschützer konnten nicht verhindern, dass die Abschussgenehmigung erteilt wurde. Es folgten ein Kadaverstreit, Rücktrittsforderungen und Morddrohungen gegen den Todesschützen. „Bruno“ lebt weiter – ausgestopft im Münchner Museum Mensch und Natur.
Bei einer solchen Steilvorlage blieb Mitterer nichts anderes übrig, als die Realsatire zu nutzen und die Geschichte um den umtriebigen Jungbären, der Bienenstöcke plünderte, Bierkrüge leerte, Ställe knackte und dem Menschen beträchtlich nahe kam, weiter ins Groteske zu überspitzen. So schreiten die finnischen Bärenjäger im Outfit der legendären Leningrad-Cowboys daher, mit Einhorn-Frisur und ellenlangen Spitzschuhen. Mitterer erfindet einen obsessiven Bärenjäger, der seine Frau schon mal für einen Bären hält, und einen Zoodirektor, der sich so allerlei Viecher ins Bett holt und der seinen Ruin durch ein publicityträchtiges Baby von „Bruno“ aufhalten möchte. Zwischendurch reitet noch Eisi Gulp als Indianer durchs Bild. Auch dass Nadeshda Brennicke tirolert und desöfteren ins Bärenkostüm schlüpft, Fritz Karls Testosteronbombe ein traumatisiertes Würstchen ist und es Harald Krassnitzers Tierliebhaber im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht ein bisschen an Durchsetzungskraft fehlt, passt auch gut in dieses deutsch-österreichische Komödenstadl.
„Es ist ein zutiefst menschenkritischer Film“, sagt Regisseur Xaver Schwarzenberger. Das kriegen vor allem die Politiker zu spüren – in vorderster Reihe: Edmund Stoiber. Franz Kriege spielt den Bayerischen Ministerpräsidenten a.D., ohne namentliche Nennung, dafür mit seinen berühmten Äh’s und der noch berühmteren „Problembär“-Vokabel. Felix Mitterer hat alle Zitate Stoibers gesammelt. „Ich konnte keine davon verwenden. Ich habe sie gemäßigt“, sagt der Autor, „das hätte sonst niemand geglaubt.“
Kritik mussten sich aber auch die Macher selbst anhören. Tierschutzorganisationen waren die Dreharbeiten mit fünf Bären ein Dorn im Auge. Die Produktion ging in die Offensive, setzte Pressetermine an, um zu zeigen, wie gut es die Bären, die als Zirkustiere die Arbeit mit Menschen gewohnt sind, während der Dreharbeiten hatten. „Die Bären hatten das Sagen“, so Schwarzenberger, „wenn die nicht wollten, hatten wir Pech.“ Das bestätigt auch Tiertrainer Henry Spindler: „Bei schlechter Tagesform musste ich schon mal abbrechen.“ Den entscheidenden Unterschied zwischen dem Sommertheater 2006 und dem Filmdreh verdeutlicht der Satz am Ende des Abspanns: „Bei den Dreharbeiten zu diesem Film sind keine Tiere zu Schaden gekommen.“ (Text-Stand: 25.2.2009)