Der Amsterdam-Krimi – Der falsche Tote

Hannes Jaenicke, Fedja van Huêt, Stefan Holtz, Sebastian Ko. Zum Abschuss freigegeben

06.05.2025 10:00 ARD-Mediathek Mediathek-Premiere
08.05.2025 20:15 ARD TV-Premiere
09.05.2025 00:15 ARD
10.05.2025 20:15 One
13.05.2025 02:15 One
Foto: ARD Degeto Film / Dinand van der Wal
Foto Tilmann P. Gangloff

In dem clever konzipierten und gerade zu Beginn wie auch am Schluss enorm spannenden neunten Film aus der Krimireihe mit Hannes Jaenicke als deutscher Kommissar in Diensten der holländischen Polizei wird ein Mitarbeiter des Bauamts ermordet. Was zunächst wie eine Verwechslung wirkt, entpuppt sich als raffinierte Story mit allerlei Abgründen und viel Tragik. Der eigentliche Knüller dieses Amsterdam-Krimis (Degeto / Ziegler Film) ist jedoch ein unverhofftes Wiedersehen. Leider verpufft der Effekt aus Gründen der Besetzung.

Manchmal ist einfach keine Zeit für Vorspiel. Der neunte „Amsterdam-Krimi“ beginnt als Thriller und hält diese Spannung fünfzehn fesselnde Minuten lang: Ein Mann wird auf offener Straße von zwei Vermummten erschossen. Die Tat ist eine regelrechte Hinrichtung. Weil eine Polizeistreife in unmittelbarer Nähe ist, können die beiden nicht unbemerkt entkommen, und nun beginnt eine Verfolgungsjagd inklusive diverser Schießereien, die schließlich in einem Café endet. Dort kann Alex Pollack (Hannes Jaenicke), deutscher Kommissar in Diensten der holländischen Kripo, einen der Täter zur Aufgabe überreden; der andere hat sich unter die in Panik flüchtenden Gäste gemischt. Rätselhaft ist allerdings das Tatmotiv: Beim Opfer handelt es sich um einen Mitarbeiter des Bauamts. In unmittelbarer Nähe des Tatorts wohnt der Anwalt eines Kronzeugen gegen die marokkanische Mafia, deshalb vermutet die Polizei, dass es sich um einen Irrtum handeln könnte; die Mörder, zwei Brüder, haben arabische Wurzeln. „Vergismoord“, wie auch der Arbeitstitel dieses Films lautete, ist ein fester Begriff im Holländischen, wenn ein Mensch zur falschen Zeit am falschen Ort war und mit der eigentlichen Zielperson verwechselt worden ist.

Der Amsterdam-Krimi – Der falsche ToteFoto: ARD Degeto Film / Dinand van der Wal
Gute Action: agile Kamera, rasanter Schnitt, packende Musik. Hannes Jaenicke und Rose-Anne van Elswijk in „Der falsche Tote“

Im Haus des Opfers entdeckt Pollack jedoch, dass der Mann observiert worden ist, und nun schlägt das Drehbuch einen Haken, der theoretisch grandios wäre, weil Autor Stefan Holtz die langjährigen Fans der Reihe mit einer echten Überraschung erfreut: Ein roter Faden der ersten Filme war die Romanze zwischen Pollack und seiner Kollegin Katja Wolf. Beide haben fürs LKA Düsseldorf gearbeitet. Er war ihr Chef, sie seine in Amsterdam auf einen Drogenhändler angesetzte und vorübergehend unter Mordverdacht stehende verdeckte Ermittlerin. Irgendwann ist Katja verschwunden, nun taucht sie wie aus heiterem Himmel wieder auf. Dass der Knüller verpufft, liegt an der Besetzung, die den Wiedererkennungseffekt zunichtemacht: Damals hat Alice Dwyer die Rolle gespielt, nun Adina Vetter. Die Idee ist dennoch klasse, zumal die Ex-Kollegin die Seiten gewechselt hat. Ihre Faszination zieht die Geschichte zudem aus der Frage, ob es sich tatsächlich um einen „Vergismoord“ oder um ein raffiniertes Täuschungsmanöver handelt. Als Pollack an der Fassade des vermeintlich unbescholtenen Mannes kratzt, stößt er auf ein Liebesnest und dort auf den Grund, warum Katja mitmischt.

Holtz hat sein Drehbuch diesmal ohne den kongenialen langjährigen Partner Florian Iwersen geschrieben; die beiden haben für „Die Ibiza Affäre“ 2022 den Grimme-Preis bekommen und unter anderem für Reihen wie „Donna Leon“ und „Unter Verdacht“ viele überwiegend sehenswerte Krimis verfasst. Regie führte Sebastian Ko, der seine Karriere vor gut zehn Jahren mit einigen recht guten „Tatort“-Krimis aus Köln begonnen hat. Seither steht er für dicht inszenierte, zumeist fesselnde und mitunter hoch spannende Krimis. Das gilt auch für „Der falsche Tote“, selbst wenn der packende Auftakt zunächst in übliche Ermittlungsarbeit übergeht. Richtig spannend wird’s erst wieder zum Finale, als es zu einer Geiselnahme kommt und Pollack das Leben des zum Abschuss freigegebenen Täters retten will. Neben den zwar erwartbaren, aber gerade in den Actionszenen wirkungsvoll eingesetzten Thriller-Zutaten – agile Kamera, rasanter Schnitt, packende Musik, dazu Ausschnitte aus Smartphone-Videos und mehrfach eingeblendete Kommentare aus digitalen Netzwerken – haben Ko und Kameramann David Hofmann den Bildern eine interessante Ästhetik gegeben: Die Farben sind durchgehend kraftlos, der Film ist regelrecht unbunt.

Der Amsterdam-Krimi – Der falsche ToteFoto: ARD Degeto Film / Dinand van der Wal
Die Ex-Kollegin hat die Seiten gewechselt. Die Rückkehr ist trotz Umbesetzung eine gute Idee. Aus Alice Dwyer wird Adina Vetter.

Diese Ästhetik passt perfekt zur Tristesse, die viele Figuren ausstrahlen, angefangen von den beiden jungen Männern, die sich sowieso mehr und mehr zu den tragischen Figuren der Geschichte entwickeln, bis hin zum Zynismus von Katja Wolf. Eine besondere Rolle spielt auch die Politik. Pollacks Freund und Vorgesetzter, Bram de Groot (Fedja van Huêt), soll in der Pressekonferenz nichts vom zunächst vermuteten „Vergismoord“ sagen, um den aktuellen Wahlkampf der Nationalisten nicht zusätzlich zu befeuern; aber manche seiner Team-Mitglieder haben gar nichts gegen den Rechtsruck. Wie immer irritiert die akustische Ebene durch ihre Mischung aus Dialogen mit starkem holländischem Akzent, weil einige der Einheimischen Deutsch sprechen, sowie hörbar synchronisierten Sätzen, aber andererseits ist das mittlerweile ja auch so etwas wie ein Markenzeichen der Reihe.

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Reihe

ARD Degeto

Mit Hannes Jaenicke, Fedja van Huêt, Hamza Iallouchen, Adina Vetter, Olcay Erbek, Martijn Nieuwerf, Birgit Welink, Rose-Anne van Elswijk, Marguerite de Brauw, Peter Post

Kamera: David Hofmann

Szenenbild: Alfred Schaaf

Kostüm: Fleur Enderberg

Schnitt: Dora Vajda

Musik: Matija Strnisa

Redaktion: Katja Kirchen, Christoph Pellander

Produktionsfirma: Zieglerfilm Köln

Produktion: Barbara Thielen

Drehbuch: Stefan Holtz

Regie: Sebastian Ko

EA: 06.05.2025 10:00 Uhr | ARD-Mediathek

weitere EA: 08.05.2025 20:15 Uhr | ARD

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