Dell & Richthoven

Friedrich von Thun, Christoph M. Ohrt und Katrin Sass. Lustvolle Selbstjustiz

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Foto Rainer Tittelbach

Mit „Dell & Richthoven“ schickte das ZDF 2008 eine klassische Kriminalkomödie in Serie und wollte damit das hierzulande einst höchst populäre Genre („Adelheid und ihre Mörder“) wieder aufleben lassen. Die Zuschauer wollten es nicht sehen. Dabei ist die Serie mit Friedrich von Thun, Christoph M. Ohrt und Katrin Sass, die das Genre nicht neu erfindet und zwischen Klamotte und Krimi, Gag-Revue und Komödianten-Performance herumwurstelt, doch das Launigste, das es im Bereich Unterhaltungsserie im ZDF Ende der 00er Jahre gegeben hat.

Das deutsche Fernsehen war lange Jahre humorfreie Zone. In den 90er Jahren änderte sich das schlagartig. Deutsche Sitcoms wie „Nikola“ oder „Berlin, Berlin“ boomten – und bedienen heute mit „Stromberg“ oder „Türkisch für Anfänger“ das Schmunzelbedürfnis des Zuschauers noch immer auf hohem Niveau. Darüber ist die 45-minütige Serie in die Krise geraten. Jedenfalls will kaum noch einer gut gemachte so genannte Drama-Serien made in Germany sehen, ob sie nun „Die Anwälte“ oder „Die Gerichtsmedizinerin“ heißen. Allein Krimis gehen, egal in welchem Format. Da war die Überlegung des ZDF gar nicht so abwegig, mit „Dell & Richthoven“ eine klassische Kriminalkomödie in Serie zu schicken und ein höchst populäres Genre wieder aufleben zu lassen. Ein Genre, das nach dem Tod Evelyn Hamanns und dem Aus von „Adelheid und ihre Mörder“ keine Nachfolger fand.

Die neue Serie mit Friedrich von Thun, Christoph M. Ohrt und Katrin Sass erfindet das Genre sicher nicht neu, sie wurstelt irgendwo zwischen Klamotte und Krimi, Gag-Revue und Komödianten-Performance und ist dabei doch das Launigste, das es im Bereich der Unterhaltungsserie im ZDF seit langem gegeben hat. Betrüger betrügen Betrüger. Ein Oberstaatsanwalt im Ruhestand und ein ehrbarer Trickbetrüger spielen Robin Hood, sie nehmen von skrupellosen Ganoven und geben armen Geschädigten. Die Idee liegt im Zeitalter von Internet-Abzockern und telefonischen Glücksboten, von Börsengaunern und Immobilienhaien, in einem Klima von großen und kleinen falschen Versprechungen, von Politikerlügen und Medienhalbwahrheiten förmlich auf der Straße.

Dell & RichthovenFoto: ZDF
Immer eine Gaunerei in petto. „Dell & Richthoven“ mit Friedrich von Thun & Christoph M. Ohrt. Unterhaltung für die ZDF-Klientel

Der moralische Zeigefinger wird bei „Dell & Richthoven“ nicht gereckt. In „Knast oder Cognac“ bekommt es eine Klatschjournalistin, die für ihre Storys über Leichen geht, ihr Fett weg. Nächste Woche geht es um einen ganz verkommenen Betrüger, der es nur auf Arme und Schwache abgesehen hat. Außerdem werden noch die Müllmafia und ein Immobilien-Gangster einer „sinnvollen“ Strafe zugeführt. Und aus dem Duo wird ein Quartett: Dells clevere Kollegin Lilo und Richthovens Nichte Hannah (charmant: Annalena Duken), eine erfolglose Schauspielerin, bekommen bald auch ihre Auftritte. Besonders sehenswert ist zum Auftakt Katrin Sass als die uneheliche Tochter von Paul McCartney. Aber auch Ohrt mit Hippie-Mähne oder Idioten-Outfit und von Thun als bekifft dreinblickender Wollmützen-Hehler oder als hüftsteifer Aristokrat rücken in die Nähe Loriotscher Verwandlungskunst. Ein Augenzwinkern erstreckt sich über das ausgelassene Treiben, eine Seltenheit hierzulande.

„Edel & Starck“, „Dr. Psycho“ und „Dr. Martin“ waren die letzten deutschen Serien, denen es gelang, Comedy und Drama zu versöhnen. „Dell & Richthoven“ versucht den reizvollen Spagat mit den Mitteln der altmodischeren Verkleidungsgaunerkomödie, weil die Serie eine andere Zielgruppe im Auge hat. Die fürs ZDF ungewohnt frische Inszenierung von Josh Broecker aber sticht ins Auge. In der ersten Folge dient sogar der Beatles-Song „Ticket to ride“ als Leitmotiv. Dass dieser John Lennon zugeschrieben wird, ist nur ein kleiner Schönheitsfehler einer Serie, von der man sich mehr wünscht. (Text-Stand: 13.11.2008)

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Serie & Mehrteiler

ZDF

Mit Friedrich von Thun, Christoph M. Ohrt, Katrin Sass, Annalena Duken, Wolfgang Maria Bauer, Karl Kranzkowski

Kamera: Clemens Messow

Szenenbild: Olaf Rehahn

Schnitt: Ingrid Cuenca

Musik: Reinhold Heil

Produktionsfirma: Phoenix Film

Drehbuch: Ralf Löhnhardt, Claudia Römer

Regie: Josh Broecker

EA: 13.11.2008 20:15 Uhr | ZDF

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