Auch das noch! Nicht nur, dass Günther (Armin Rohde) und Wolfgang (Ludger Pistor) ihre heiß geliebte Schnitzelbude kurz vor Weihnachten schließen müssen, jetzt sind ihnen auch noch sämtliche Erlöse aus dem Verkauf des Mobiliars geklaut worden: ein Mann im Santa-Claus-Kostüm war der Übeltäter. Nun sind die beiden mal wieder blank. Ausgerechnet kurz vor Weihnachten. Dabei soll es im Hause Krettek doch ein besonderes Fest werden: Karin (Therese Hämer) hat an Heiligabend nicht nur die kleine Familie ihrer Tochter Jessi (Cristina do Rego) mit Wonneproppen Kalli zu bewirten, sondern musste auch noch die Luxus gewohnten Schwiegereltern mit einladen. Natürlich will sie sich nicht blamieren. Das setzt den Göttergatten mächtig unter Druck. Günther indes ist mit einem Bein schon in Kanada; das Ticket ist bezahlt. Dortmund kann ihn mal! Und überhaupt, er hasst dieses ganze Weihnachtsgedöns. Trotzdem schlüpft er für den Freund – wenn auch widerwillig – in das lächerliche rotweiße Kostüm und spielt zusammen mit Wolfgang den Weihnachtsmann. Nur so, glauben die beiden, können sie dem Räuber auf die Spur kommen. Vielleicht bestätigt sich ja der Verdacht, dass der Unsympath vom Konkurrenz-Imbiss (Ulrich Gebauer), auf dessen vermeintliche Frau Sigrid (Jule Böwe) Günther ein Auge geworfen hat, etwas mit dem schnöden Diebstahl zu tun hat. Möglicherweise hilft ihnen ja der freundliche Flaschensammler Schelle (Peter Franke), eine ganz arme Socke, Licht ins Dunkel zu bringen?
Weihnachten ist das Fest der Rituale. Da wird das Immergleiche mit variiertem Glanz neu aufpoliert. Der Verstand mag skeptisch sein, am Ende obsiegt bei den meisten Menschen das Gefühl. Ähnliches gilt für viele Unterhaltungsfilm-Reihen, ein wenig auch für die bisher vier „Schnitzel“-Filme mit Armin Rohde und Ludger Pistor, die seit 2010, zuletzt sogar als Serie das Muster polterndes Rumpelstilzchen vs. konfliktscheuer Leisetreter immer wieder höchst unterhaltsam zum Besten geben. Die Geschichten sind meist eher Vorwand, um das Duo und deren Liebsten in Probleme zu stürzen, die dramaturgisch simpel erscheinen mögen, die aber immer auch einiges mit der Wirklichkeit derer zu tun haben, die in unserer Gesellschaft weniger weich gebettet sind. Da bietet sich Weihnachten als Hintergrund geradezu an. Gleich zu Beginn von „Das Weihnachtsschnitzel“, dem fünften Streich, gibt es die volle Ladung: in Sekundenschnelle Weihnachtsglitzer satt, dazu alle tausendfach abgenudelten Christmas-Pop-Songs im Schnelldurchlauf. Regisseur Wolfgang Murnberger und die Autorinnen Katja Kittendorf und Gabriele Graf, zugleich die Produzentin des Films, machen deutlich: Weihnachten ist nur der Rahmen für die Geschichte, dieses Fest der Sehnsucht, auf das uralte Träume und kindliche Mythen projiziert werden, auch bei einigen Figuren. Aber Weihnachten weckt auch Ängste bei denen, die allein sind. Verständlich, dass Günther mit seiner Arbeitsamt-Biographie den weihnachtlichen „Konsumterror“ ablehnt, seine Contra-Haltung soll aber auch die schmerzliche Erfahrung, nicht dazuzugehören, von sich fernhalten.
Es ist vor allem der Komik, aber auch der Alltagsnähe der Situationen zu verdanken, dass sich am Ende das gefeierte Gemeinschaftsgefühl inklusive unvermeidbarer Versöhnlichkeitsgesten nicht als Gefühlskitsch vermittelt, sondern eher als liebenswertes Happy End voller (nicht nur) liebgewonnener Figuren. Es ist ein für die Tonlage dieser weihnachtlichen Sozialkomödie notwendiger Schluss – zwischen leiser Weihnachtssentimentalität und einem leicht ironischen Komödien-Modus, welcher mit einem Augenzwinkern und fast ein bisschen märchenhaft das Gezeigte kommentiert. Diesmal hat nicht Miesepeter Günther das letzte Wort, der wärmende Optimismus und das gestärkte Selbstbewusstsein der kleinen Leute bestimmt den Abgang. Sogar die in den ersten Filmen der Reihe so penetrante Frau Gottschalk (Ramona Kunze-Libnow) von der Arbeitsagentur, geläutert nach Pensionierung und Bypass-OP, ist eingeladen zum Fest der Feste. Und es gibt weder Gänsebraten noch Hummer, sondern Würstchen, Kartoffelsalat, Pommes – und natürlich das titelgebende Weihnachtsschnitzel.
Die besonderen Stärken von „Das Weihnachtsschnitzel“ sind auch diesmal das Ensemble, allen voran die Ausnahme-Komödianten Rohde und Pistor, aber auch die anderen Darsteller der durchgängigen Rollen, die zwar mit weniger Witz, dafür mit hohen Sympathie- und Wiedererkennungswerten ausgestattet sind, sowie die Dialoge, die den Schauspielern ins Drehbuch geschrieben wurden. Rohdes Polterer hat die knalligeren Sätze: „Das macht was aus dir“, weiß Wolfgang, der ehemalige Fachverkäufer für Herrenoberbekleidung. „Ja, einen Gartenzwerg“, kontert Weihnachtsmann Günther. Der wettert ohnehin am liebsten über die „Gehirnwäsche“ der schönen neuen Konsumwelt. Fraglos komischer ist die Art und Weise, wie Pistor den Witz geradezu versteckt: „Ist das nicht schön!“, schwärmt Karin. „Ja, das ist nicht schön“, kommt es zurück. Oft ist es einfach nur die komplizierte Rhetorik, die so gut zu dieser Type passt: „Karin, ich denke, wir sollten im Großen und Ganzen etwas kleiner denken.“ Oder das Schmunzeln resultiert aus der Situation: „Sie sind zu dünn“, sagt die Frau von der Weihnachtsmann-Agentur. Wolfgang: „Ich kann mich sehr gut breitmachen.“ Und als Günther für ihn ein Weihnachtsgeschenk für seine Liebste klaut, ist der Hyperkorrekte hin und hergerissen: Auf „Günther, mir graut vor dir“ folgt sodann das pragmatisch-moralische „Das muss aber die Ausnahme bleiben.“ Bei Wolfgang/Pistor schimmert immer ein so bisschen Loriot durch: ein Mann, der sich nicht traut. „Und Mama weiß auch nichts?“, fragt Jessi. „Ja, es ist so wie immer.“ Recht hat er. „Das Weihnachtsschnitzel“, ein Ritual, das mundet.