Charlotte (Kristin Suckow) lebt seit vier Jahren im Kloster, sieht aber nicht so aus, wie man sich eine Nonne vorstellt. Das erkennt auch der Werbefachmann Conrad Faber (David Rott), den es nach einem Unfall in das süddeutsche Kloster verschlagen hat. Während Charlotte auf Distanz zu dem attraktiven Mann geht, betrachten ihn die Äbtissin (Anja Karmanski) und Schwestern-Urgestein Hedi (Christine Schorn) als ein Geschenk des Himmels: Faber hat für die Produkte des Klosters sofort ein stimmiges Vermarktungskonzept im Kopf, und als durch sein Zutun später auch noch eine Heilwasserquelle entdeckt wird, stehen die Chancen für das Überleben des von der Schließung bedrohten Klosters besser denn je. Charlotte aber glaubt nicht an die Uneigennützigkeit eines solchen hochbezahlten Kampagnenprofis. Sie muss es wissen. Sie ist schließlich nicht als Nonne vom Himmel gefallen. Auch sie hat jahrelang dem Gott des Konsums gehuldigt, und sie hat auch sonst wenig anbrennen lassen. Ihr Misstrauen ist berechtigt, verfolgt Conrad mit seinem Aufenthalt im Kloster doch vor allem eigene Interessen: So hat er seinem Chef (Wolfram Grandetzka) eine SUV-Werbekampagne in „jungfräulich-historischem Umfeld“ versprochen, mit seiner „klerikalen Führungsoffizierin“ als sexy-Bonus. Damit wäre das Kloster wohl endgültig für die Ordensschwestern verloren.
So pessimistisch muss man die Sache jedoch nicht sehen. Dass der gottlose Freund oberflächlicher Gelüste durch die Kraft der Liebe missioniert wird, bewegt sich in einem ARD-Freitagsfilm schließlich im Bereich des (sehr gut) Möglichen, auch wenn der Titel „Da hilft nur beten!“ dieses Degeto-Versprechen außer Acht lässt. Die Dramaturgie dieses Films von Michael Rowitz („Nichts für Feiglinge“) nach dem Drehbuch von Xao Seffcheque („Einstein“) mit Geschlechterzwist-Ansage im Eingangsdrittel und mit amourösen Konflikt-Lösungsoptionen in der Schluss-Halbe-Stunde ist so überraschend wie das Amen in der Kirche. Und doch geben das mehrdeutig verklärte Lächeln von Hauptdarstellerin Kristin Suckow („Ottilie von Faber-Castell – Eine mutige Frau“) sowie die zunehmende Nachdenklichkeit ihres männlichen Pendants, des Schwiegermutter-Schwarms David Rott, ein Versprechen auf eine Geschichte, die sympathische Wege aus dem erwartbaren Plot einer romantischen Komödie bieten könnte. Erst mal aber tragen die beiden dazu bei, dass die Einlebe-Phase in diese fremde, nicht klischeefreie Welt des Klosters für den Zuschauer charmant verkürzt wird. Die Chemie zwischen dem Paar ist nun mal das A&O eines jeden Unterhaltungsfilms. Dass mit Christine Schorn („Altersglühen“) und Sinje Irslinger („Faking Hitler“) auch in der zweiten Reihe zwei Schauspielerinnen stehen, die für eigenwillige Charaktere bekannt sind, ist eine willkommene Zugabe.
Neben der äußeren Handlung um Kommerz und Klosterrettung, bei der eine päpstliche Bulle aus dem Jahr 1782 eine schicksalsträchtige Rolle spielen könnte, geht es auf der Mann-Frau-Beziehungsebene zunehmend um Werte und den Sinn des Lebens. Philosophische und theologische Grundsatzfragen werden allerdings weniger gestellt. Es geht hier eher profan zu: So möchte beispielsweise Conrad von Charlotte wissen, wo „Ihr Gott“ war, als sein Vater mit 48 Jahren an Lungenkrebs starb, obwohl er nie eine Zigarette angerührt habe. Gern würde Conrad die attraktive Charlotte zum Leben, ja zur Liebe, anfangs möglicherweise nur zum Sex bekehren: „Sie wissen ja gar nicht, was Ihnen entgeht“, sagt er. Da weiß er noch nicht, dass die Ordensschwester, die sich besonders für „gefallene Mädchen“ stark macht (keine Sorge, Charlotte hat andere „Sünden“ begangen) und sich für systemische Interaktion interessiert, in einer sinnfreien Parallelwelt gelebt hat. „Wir Ordensschwestern sind geübt in der Kunst der Entsagung“, lächelt sie selbstbewusst zurück, um später deutlich klarzustellen: „Es ist für eine Frau nicht das Höchste der Gefühle, von einem Mann attraktiv gefunden zu werden.“ Das Geplänkel geht weiter. Gleichsam befürchtet Charlotte, dem Charme dieses Mannes zu erliegen. Und natürlich muss sich Conrad entscheiden zwischen dem alten und einem neuen Leben. Das Genre gibt die Antwort. Denn es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Das Kloster in „Da hilft nur beten!“ ist eine Metapher, ein Mittel zum narrativen Zweck: Anfangs fungiert es als die Gegenwelt zur oberflächlichen Rastlosigkeit des modernen Lebens. Das Kloster steht für innere Einkehr und für individuelle Heilungsprozesse. So wie gelegentlich Manager die Abgeschiedenheit eines solchen Ortes suchen, um sich auf sich selbst zu konzentrieren und um Kraft zu sammeln, so erscheint das Kloster auch im Film als eine Durchgangsstation für Suchende. Eine Kurzzeittherapie im Auge Gottes. Etwas anderes ist in einer „Endlich-Freitag“-Komödie auch nicht zu erwarten. Zwischen der in romantischen Bahnen ablaufenden Geschichte sind jedoch durchaus Denkanstöße für die dem Stoff geneigten Zuschauer*innen möglich. Und dass das erwartbare Happy End nicht in Kitsch badet, sondern die gewonnen Erkenntnisse fürs Leben (und nicht nur für die romantische Liebe) zufriedenstellend nutzt, macht das Ganze am Ende stimmig und umso sympathischer.
Der positive Gesamteindruck wird unterstrichen von einer sommerlich luftigen, gut getimten Inszenierung, bei der besonders die Lichtgestaltung immer wieder für reizvolle Kontraste sorgt. Die warm bebilderten Outdoor-Szenen, in denen häufig Kristin Suckows Gesicht in Großaufnahme gesucht wird, während David Rotts Film-Ego vor allem in seiner physischen Präsenz dominiert, wechseln sich ab mit Innenräumen (Kirche, Kloster, Keller), in denen Hell-Dunkel-Kontraste für ein stimmungsvolles Ambiente sorgen. Auch die Kampagnenentwürfe für ein Hightech-Automobil, die vor Conrads geistigem Auge erscheinen, sind visuell gut umgesetzt und als vorgestrige Männerfantasien mit Bikini-Beautys & Marilyn-like flatterndem Habit, die einen Einblick geben in seine Klischee-Welt, äußerst amüsant. Aber auch der weibliche Blick der schönen Ordensschwester ist nicht frei von Begehrlichkeiten. So gibt es zwei wunderbare Szenen: Einmal beobachtet Charlotte Conrads ansehnlichen Oberkörper, bekleidet mit einem vom einbrechenden Wasser durchnässten T-Shirt, ein anderes Mal unterhalten sich beide, am Weiher sitzend, sie in voller Montur, er oben ohne, nachdem er zuvor nackt aus dem Wasser gekommen war. Diese Beiläufigkeit hätte man sich auch bei den Dialogen gewünscht. Doch da übertreibt es Seffcheque mit dem Hang zur Pointiertheit. „Das Paradies der Reichen ist gemacht aus der Hölle der Armen“: Ein solcher Satz hat immerhin noch inhaltlichen Bezug. „Nur Briefe werden aufgegeben. Wir geben alles, nur nicht auf“: Solche papierne Rhetorik indes gehört gestrichen. Ein passender Satz rutscht dem euphorisierten Werbefachmann bei seinem Ego-Brainstorming heraus und könnte das Motto des Films sein: „Es geht nicht um Logik, es geht um Emotion.“ (Text-Stand: 8.1.2023)