Es brodelt im Wiener Stadtteil Ottakring, einem „Problem-Viertel“, in dem Alt und Jung, Eingesessene und Zugewanderte, Arbeitslose und Gutverdiener mehr oder weniger Tür an Tür leben. Da haben die sogenannten „Inspektoren“ (hierzulande würde man einige schlicht als Streifenpolizisten bezeichnen) alle Hände voll zu tun und müssen in Konflikten, die nicht selten in der kulturellen Herkunft der Beteiligten ihren Grund haben, Fingerspitzengefühl beweisen. Da kann es schon mal zu einer Eskalation auf offener Straße kommen, weil ein Urwiener Taxifahrer einem „Türken“ ein Klavier zu Schrott fährt. Da wird gegrölt, beleidigt, geschlägert – und dann fällt einer tot um. Aber auch das organisierte Verbrechen hat sich in Ottakring breit gemacht. Drogen, Menschenhandel, illegale Prostitution, Schutzgelderpressung – die ganze Palette. Für die „Kieberer“ ist es in diesem Hexenkessel nicht immer leicht, den Durchblick zu behalten. Dabei ist Ottakring doch ein so beschaulich anmutender Stadtteil…
Im Mittelpunkt der ORF-Krimiserie „CopStories“, der eingewienerten Adaption des niederländischen Serienformats „Van Speijk“, steht der Arbeitsalltag des Kommissariats. Polizeiarbeit an der Wurzel der Gesellschaft. Polizisten sind auch nur Menschen – so die Botschaft, die über den ersten 10 Folgen der in Österreich erfolgreichen Serie schwebt. Auch sie können zwischen die Fronten geraten wie Altan Uslu, der türkischstämmige deutsche „Gastarbeiter“ in Wien, der sich entscheiden muss zwischen Familie und Gesetz. Auch sie haben gravierende Probleme in ihrem Privatleben, auch sie gehen zu Prostituierten, auch sie können gelegentlich rassistische Anwandlungen bekommen. Der Anspruch der Macher ist, weitgehend realistisch den Polizeialltag zu zeigen und die öffentliche Diskussion um polizeiliche Übergriffe gegen Migranten zumindest ansatzweise zu thematisieren oder einigermaßen deeskalierend zu wirken. Dem Großteil der österreichischen Presse gefiel die Mixtur aus Wiener Tradition und sozialpolitischer Gegenwart, aus Lokalkolorit und Menschlichkeit, aus Tempo und modernem Serien-Look. Wer mehr aufs Soziale guckte, dem war Wien zu sehr Chicago. „Da muss man im Lauf der Ermittlungen Zivilisten und/oder Verdächtigen ordentlich auf den Tisch (oder Kopf) hauen, provozieren, sie (mit der Pistole) bedrohen“, hieß es im „Standard“, dessen Autor „CopStories“ ideologisch ein schlechtes Zeugnis ausstellte: „Migration ausgerechnet und ausschließlich in einer Krimiserie derart unreflektiert zu verarbeiten, festigt die Ansicht, dass Migration und Kriminalität unzertrennlich miteinander verwoben sind, und reproduziert gefährliche Klischees und Vorurteile.“
Unter unterhaltungspolitischen und serienspezifischen Gesichtspunkten dagegen kann man „CopStories“ nur gute Noten geben. Das Konzept ist nicht neu – „Die Wache“, „Abschnitt 40“, „KDD – Kriminaldauerdienst“, man kennt diese Krimis mit den großen Ensembles, die der eigentliche Star dieser Serien sind. Aber die Art und Weise, wie’s die Österreicher machen, dieses Zusammenspiel aus Althergebrachtem und Neuzeit, das hat eine eigene Note, einen besonderen Charme. Es wirkt alles nicht so streng, so konzipiert, so ausgedacht wie hierzulande. Wäre diese Serie vor sechs Jahren gestartet – sie hätte „KDD“ den Schneid abgekauft. Dazu dieser Dialekt, der allerdings mit Hinblick auf den Verkauf ins Ausland heruntergefahren wurde (und vielleicht doch ein Plus ist für den deutschen Zuschauer). Das Team ist reizvoll zusammengewürfelt – die Palette reicht von Alphamännchen, heißer Feger, Mädchen für alles, Seele des Kommissariats, Greenhorn bis zu freundlicher Rassist, Ehrgeizling und süßes Mädel. Und bekannte Gesichter gibt es auch: Fahri Yardim, Proschat Madani, Serge Falck („Vier Frauen und ein Todesfall) und eines das man sich merken sollte, Johannes Zeiler, der spielte zuletzt eine Hauptrolle im Münchner „Polizeiruf: Kinderparadies“. Diese Serie macht wirklich Laune, diese „CopStories“, jeweils ein Tag im 16. Wiener Bezirk, ziehen einen in ihren Bann. Vorsicht: Suchtgefahr! (Text-Stand: 20.10.2013)