Club Las Piranjas

Hape Kerkeling, Münchow, Stratmann, Unterwaldt: Schöne Zeit auf Mauritius gehabt?

Foto: RTL / Ravi Gajjar
Foto Rainer Tittelbach

Die dreistündige Mini-Serie „Club Las Piranjas“ sieht so aus, als wolle RTL das in den letzten Jahren wieder zu ARD und ZDF abgewanderte Publikum zurückholen – mit einem bieder-altbackenen Genre-Mix, den RTL mittlerweile exklusiv hat. Aus Rammeln, Töten, Lallen wird hier Romantisieren, Trinken, Lächeln. Diesen lustlos von den Autoren Mark Werner und Marko Lucht geschüttelten Klischee-Cocktail kann man sich nicht schön gucken. Auch echte Cocktails dürften da nicht helfen. Selbst Kerkeling ist kein Einschaltgrund. Als Komiker war der Mann gut, obgleich seine Komik längst nicht so zeitlos ist wie die von Loriot, aber als Schauspieler hängt er noch deutlicher seinem großen Vorbild hinterher. Und Hape Kerkelings viel zitierte „Witzischkeit“ entwickelt sich leider diametral zu seinem Körperumfang.

„Ich bin bankrott – und was nun?“, fragt Hans Meiser, als sei es 1995. Das waren noch Zeiten! Damals war Edwin Öttel (Hape Kerkeling) als Chef-Animateur im Urlaubsclub Las Piranjas eine große Nummer. Heute tingelt er mit seinem Schlagerbus durch die Lande, ein Bumsmucke-Fuzzi von der ganz traurigen Gestalt. Als ihm dann auch noch Show-Partnerin Lilly de Jung (Andrea Sawatzki) abspringt, weiß er nur noch einen Ausweg. Doch die Todesfahrt in die Kiesgrube geht schief – glücklicherweise: denn Edwin bekommt eine zweite Chance. Auf dem Totenbett macht ihm seine Ex-Chefin und Ex-Geliebte Renate (Judy Winter) ein höchst lukratives Angebot. Dem einst nach Mauritius umgesiedelten Club geht es kaum besser als ihr selbst. Björn (Ben Münchow), dem Sohn der beiden, der bis heute nichts über seinen Vater weiß, fehle völlig das Händchen für derarte Lustbarkeiten. Deshalb vermache sie Edwin, dem Animationskünstler und Feierbiest, die Hälfte der Luxus-Hotelanlage, vorausgesetzt, er verhindere Björns Hochzeit mit der Vietnamesin Lani (Trang Le Hong). Vor Ort unterstützt wird er von Renates Anwalt Dr. Assmann (Benno Fürmann); seine intrigante Mission behindern könnte dagegen die westfälische Trinkhallenbesitzerin Änne (Cordula Stratmann), die sichtlich Gefallen an Edwin findet.

Kultserien wie „Mord mit Aussicht“ oder „Balko“ wiederaufleben zu lassen, ist für viele Zuschauer ein Sakrileg. Was aber ist dann erst eine Reanimation einer mittelmäßigen, fast dreißig Jahre alten Komödie? „Club Las Piranjas“ war 1995 ein knallig-bunter 90-Minüter, der als Satire auf durchorganisierte Pauschal-Cluburlaube gedacht war, letztlich aber nur ein leidlich launiges Vehikel für den damals schwer angesagten TV-Komiker Hape Kerkeling blieb, immerhin garniert mit ein paar echten Originalen (Dorothea Walda, Tana Schanzara, Horst Krause, Hildegard Krekel). Der NDR hat den Bums damals auf die Beine gestellt – ein Anbiederungsversuch in Richtung kommerzielles Fernsehen, das damals den Öffentlich-Rechtlichen die Zuschauer wegnahm. Die Mini-Serie „Club Las Piranjas“ hat nun RTL produzieren lassen – und die drei Stunden sehen aus, als wolle man das längst wieder zu ARD und ZDF abgewanderte Publikum zurückholen – mit einem biederen, vermeintlich volksnahen Genre-Mix, den RTL (stand einst für „rammeln, töten, lallen“) mittlerweile exklusiv hat. Denn längst hat sich die Konkurrenz von einem Format wie „Traumhotel“ verabschiedet, auch das ZDF-„Herzkino“ versucht, zumindest ein bisschen mit der Zeit zu gehen. RTL indes bewegt sich auf der Suche nach dem Zuschauer zurück in die schlechten alten Zeiten der deutschen Klamotte: RTL = romantisieren, trinken, lächeln.

Club Las PiranjasFoto: RTL / Ravi Gajjar
Aus der Zeit gefallen und zum Fremdschämen: Der westfälische Mutterwitz á la Cordula Stratmann war schon vor 25 Jahren gewöhnungsbedürftig. Und Hape Kerkelings Spaßfaktor kann nicht mehr mit seiner Körperfülle mithalten.

Die Geschichte um die zu verhindernde Hochzeit kann man vergessen. Ein eindimensionaler Intrigen-Stadel ohne erheiternde Nebenplots, dafür mit Bilderbuchwetter und peinlichen Dialekteinlagen – schon für 90 Minuten wäre das zu wenig. „Club Las Piranjas“ 2023, das ist gefühlige Unterhaltung mit etwas Klamauk und vor allem dramaturgisch ein Offenbarungseid: beliebig, belanglos, extrem fremdschäm-like und garantiert ironiefrei. Die einigermaßen passablen letzten beiden Cliffhanger müssen retten, was nicht zu retten ist. Gegen all das wirkt die auch nicht gerade überzeugende Ballermann-Serie „Last Exit Schinkenstraße“ (Amazon Prime) von und mit Heinz Strunk wie das reinste Coole-Sprüche-Feuerwerk.

Diesen lustlos von den Autoren Mark Werner (immerhin: „Das große Comeback“) und Marko Lucht („Heldt“) sowie Regisseur Sven Unterwaldt („7 Zwerge“) geschüttelten Klischee-Cocktail kann man sich nicht schön gucken. Auch echte Cocktails dürften da nicht helfen. Selbst Kerkeling ist kein Einschaltgrund. Denn sein Edwin Öttel muss alberne Intrigen spinnen, dazu stets ein freundliches Gesicht aufsetzen, und nach der erwartungsgemäßen Kehrtwende echte Gefühle für den Sohnemann entwickeln. Als Komiker war Kerkeling gut, obgleich seine Komik längst nicht so zeitlos ist wie die von Loriot, aber als Schauspieler hängt er noch deutlicher seinem großen Vorbild hinterher. Kerkelings „Witzischkeit“ scheint sich ohnehin diametral zu seinem Körperumfang zu entwickeln. Was für ein Fest voller absurder Miniaturen war da noch der ZDF-Fernsehfilm „Ein Mann, ein Fjord“ (2009). Kerkeling u.a. als nerviger Horst Schlämmer, dazu Schauspieler wie Jürgen Tarrach, Matthias Brandt oder Anneke Kim Sarnau, das hatte Klasse. Edwin Öttel im „Club Las Piranjas“-Mikrokosmos ist dagegen einfach nur vorgestrig lahm, Cordula Stratmanns Witz erschließt sich für Nicht-Westfalen wohl auch die nächsten zwanzig Jahre nicht, und Benno Fürmann sowie Ben Münchow – so hofft der Kritiker – dürften zumindest angenehme Dreharbeiten auf Mauritius gehabt haben. Für letzteren ist es der erste Fleck auf seiner weißen Karriere-Weste; so ganz anders geraten ist hier der Vater-Sohn-Clinch als in Huntgeburths „Tödliches Comeback“ (2019)… Wem so viel Langeweile widerfährt, dem sind die Knallchargen-Auftritte von Judy Winter und Andrea Sawatzki sogar ein Lächeln wert. (Text-Stand: 9.10.2023)

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Mit Hape Kerkeling, Ben Münchow, Cordula Stratmann, Trang Le Hong, Benno Fürmann, Angelika Milster, Judy Winter, Andrea Schneider, Andrea Sawatzki, Rick Kavanian, Karin Lischka, Mai-Phuong Kollath, Isabell Polak, Matthias Lamp

Kamera: Tom Holzhauser

Szenenbild: Marlen von Heydenaber

Kostüm: Petra Kilian

Schnitt: Zaz Montana

Musik: Karim Sebastian Elias

Redaktion: Hauke Bartel, Thomas Disch

Produktionsfirma: Warner Bros. ITVP Deutschland, Honeybird Film

Produktion: Mark Werner, Tobias Rosen, Bernd von Fehrn, Harro von Have

Headautor*in: Mark Werner

Drehbuch: Mark Werner, Marko Lucht

Regie: Sven Unterwaldt

Quote: (1+2): 2,16 Mio. Zuschauer (8% MA); (3+4): 1,57 Mio. (6% MA)

EA: 19.10.2023 10:00 Uhr | RTL+

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