Club der Dinosaurier

Diyar Ilhan, Shadi Eck, Themann, Schiller, Schuster, Heineking jr. Toxische Männlichkeit

06.06.2025 10:00 ZDF-Stream alle Folgen Streaming-Premiere
15.06.2025 20:15 ZDFneo Folgen 1+2 TV-Premiere
22.06.2025 20:15 ZDFneo Folgen 3+4 TV-Premiere
29.06.2025 20:15 ZDFneo Folgen 5+6 TV-Premiere
Foto: ZDF / Jens Koch/ [M] Serviceplan / Silver Grapes
Foto Tilmann P. Gangloff

In der sechsteiligen Teenager-Serie von Lutz Heineking jr. verlieben sich zwei Außenseiter in eine neue Mitschülerin. Sie nehmen Testosteron, um möglichst rasch echte Kerle zu werden, aber die Pillen haben fatale Nebenwirkungen. Anfangs wirkt „Club der Dinosaurier“ (ZDF / Syrreal Entertainment, eitelsonnenschein) wie eine typische Pubertäts-Dramedy. In der zweiten Hälfte wird die Geschichte dank zunächst wohldosierter Horror-Elemente immer spannender, um schließlich in ein fesselnd und furios gefilmtes Thriller-Finale zu münden. Gerade die jungen Mitwirkenden spielen famos.

Hinter dem Titel könnte sich auch eine Geschichte über alte weiße Männer verbergen, doch die Antihelden von „Club der Dinosaurier“ sind zwei pickelige Teenager, die an ihrer Schule gemobbt werden: Um das Interesse der neuen Mitschülerin Suki zu wecken, beschließen Ben und Janni, ihrer körperlichen Entwicklung mit Hilfe von Testosteron-Tabletten auf die Sprünge zu helfen. Weil die Pillen das Ergebnis eines fragwürdigen Experiments sind, bei dem Eidechsen-Gene eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben, offenbaren sich zusätzlich zum gewünschten Effekt nach und nach auch einige höchst unangenehme Nebenwirkungen.

Club der DinosaurierFoto: ZDF / Michel Vertongen
Die Gang von Ben ist auf dem Weg zum Paintball-Match. Von links: Trine (Hannah Schiller), Ben (Shadi Eck), Corny (Carl Josef Statnik), Maik (Bastian Fährmann), Janni (Diyar Ilhan) und Suki (Tomomi Themann). Eine ganz normale Teenager-Dramedy?

Die sechsteilige Serie ist allerdings ungleich facettenreicher. Außerdem bietet sie einen mutigen Genremix, dem das ZDF-Etikett „Highschool-Dramedy“ nicht mal ansatzweise gerecht wird. Die ersten Folgen handeln in der Tat von den genretypischen Irrungen und Wirrungen der Pubertät, zumal das Drehbuch (Chefautor: Nils Gustenhofen) für allerlei familiäre Unordnung sorgt: Die Eltern von Ben (Shadi Eck) streiten dauernd, der Vater von Janni (Diyar Ilhan) hat erst spät erkannt, dass er eigentlich schwul ist, aber der Sohn fremdelt noch heftig mit dem Stiefvater. Durch den Testo-Schub kommt mehr Dynamik ins Leben der Freunde, als dem eher zögerlichen Ben lieb ist: Janni strotzt alsbald vor Selbstbewusstsein und legt sich sogar mit Schulrüpel Rick (Alessandro Schuster) an. Natürlich ist es toll, dass die Akne-Pickel quasi über Nacht verschwinden, doch auf Jannis Kopf wächst ein Horn, und an Bens Rückseite bildet sich ein Bürzel.

Das ist aber nur der Anfang einer Metamorphose, die gerade bei Janni zudem charakterliche Abgründe offenbart, und nun verändert sich auch die Serie: Aus der amüsanten Schul-Dramedy aus Neandertal bei Düsseldorf wird eine Moritat über toxische Männlichkeit. Diesen Wandel bekommen Buch und Regie erstaunlich gut hin, weil Lutz Heineking jr., Autor, Regisseur und Produzent der ursprünglich für TNT-Comedy entwickelten und dann zum ZDF gewanderten realsatirischen Pseudo-Doku „Andere Eltern“ (2019/2020), den Tonfall schleichend verändert. Vordergründig dominiert zunächst weiterhin der Humor, zumal die stellenweise sehr witzigen Dialoge ausgesprochen trocken vorgetragen werden.

Club der DinosaurierFoto: ZDF / Frank Dicks
… und dann entwickelt sich „Club der Dinosaurier“ zur Body-Horror-Serie. Oben: Ben (Shadi Eck) ist bereit, sich dem Monster zu stellen. Seine beste Freundin Trine (Hannah Schiller) steht ihm bei. Unten: Mit diesem Dino ist nicht zu spaßen: Janni (Diyar Ilhan)

Diyar Ilhan hat sein herausragendes Talent in dieser Hinsicht schon als Sohn an der Seite von Ben Münchow in den beiden Staffeln der gleichfalls bei Neo ausgestrahlten ZDF-Serie „Like a Loser“ (2023, 2025) bewiesen. Shadi Eck ist ihm ein gleichwertiger Partner; als stotternder Zauderer, der sich dazu überreden lässt, für das Amt des Oberstufensprechers zu kandidieren, hat er ohnehin die etwas komplexere Rolle. Weit mehr als bloß eine Ergänzung ist Hannah Schiller als Bens beste Freundin Trine, und Tomomi Themann als Suki ist ohnehin die Entdeckung der Serie. Ziemlich cool ist auch Carl Josef Statnik: Heineking hat sich den Spaß erlaubt, dass ausgerechnet ein Junge, der aufgrund seiner Muskeldystrophie im Rollstuhl sitzt, die gesamte Schule mit Drogen versorgt. Mit Tom Beck, Henning Baum und Heinekings Stammspieler Serkan Kaya ist „Club der Dinosaurier“ auch in den kleinen Väter-Rollen erstaunlich prominent besetzt.

Dass die Heiterkeit nicht von Dauer sein wird, deutet schon der Prolog der ersten Folge an. Die wenigen Momente nehmen das furios gefilmte Finale vorweg, als es im Asia-Supermarkt von Sukis Oma zum Showdown kommt. In der mehrere Minuten langen ungeschnittenen Szene rast die Kamera (Philipp Pfeiffer) wie entfesselt durch die Gänge, wechselt mehrfach den Schauplatz und sorgt auf diese Weise für eine Dynamik im Stil von bestem Action-Kino. Bis es soweit ist, erlaubt sich die Serie jedoch einige Unwege; unter anderem macht die Klasse einen Ausflug in ein belgisches Demokratie-Camp, wo sich der Seminarleiter (Holger Stockhaus) als Spanner entpuppt, der Klassenlehrerin Carina (Sonja Gerhardt) unter der Dusche beobachtet. Letztlich dient dieser Exkurs der düsteren Erkenntnis, dass die Kapseln in den beiden braven Jungs einen äußerst gefährlichen Killerinstinkt geweckt haben.

Club der DinosaurierFoto: ZDF und Jens Koch/ [M] Serviceplan / Silver Grapes
Anstatt nach dem Testosteron-Trip männlicher zu werden, verwandelt sich Ben (Shadi Eck) zu einer dinosaurierartigen Reptilie

Einerseits ist es nur konsequent, dass „Club der Dinosaurier“ irgendwann den Andeutungsstatus verlässt, zumal die Masken (Jörn Seifert, Twilight Creations) äußerst eindrucksvoll sind. Andererseits ist die Serie eindeutig stärker, so lange Heineking die Dinge in der Schwebe hält. Abgesehen von den anfangs noch kaschierbaren körperlichen Veränderungen führen die Pillen zu verschärften Sinneswahrnehmungen, die durch rasante Kameraflüge und das Sounddesign verdeutlicht werden. Das „Halbfinale“, bei dem die Monster einen Abi-Ball sprengen, ist bildgestalterisch zudem längst nicht so packend wie der letzte Akt. Natürlich kommt es auch zum Duell der beiden längst entzweiten Freunde, und selbstredend ist es die kluge Trine, die die Botschaft der Serie formuliert: „Du bist gut, so wie du bist.“

Weil sich das Vorzeichen mehr und mehr Richtung Thriller verschiebt, gibt es schließlich auch keine unbeschwert heiteren Momente mehr. Eine der lustigsten Szenen ist eine kleine Loriot-Hommage, als Carina mit ihrem verliebten Kollegen Johannes (Max Mauff) Essen geht und nicht dazu kommt, ihn auf ein Stück Sushi in seinem Gesicht hinzuweisen. Davon abgesehen ist es mehr als beachtlich, dass das ZDF den Mut zu einer derartigen Produktion hatte. Bevor Netflix und Amazon deutsche Serien herstellen ließen, wäre eine Body-Horror-Serie dieser Art zumal im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wohl undenkbar gewesen.

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1 Antwort

  1. Geschichte: interessant
    Ausführung: schlecht
    Ich hab nicht weiterschauen können.
    Die Gendersprache der Lehrerin ist provozierend und extrem nervig.
    Da muss ich abschalten. SCHADE.
    Deutschland kann keine guten Serien produzieren.

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Serie & Mehrteiler

ZDF

Mit Diyar Ilhan, Shadi Eck, Tomomi Themann, Hannah Schiller, Alessandro Schuster, Lilly Krug, Carl Josef Statnik, Sonja Gerhardt, Max Mauff, Tom Beck, Serkan Kaya, Henning Baum, Holger Stockhaus, Uke Bosse

Kamera: Philipp Pfeiffer

Szenenbild: Thorsten Sabel

Kostüm: Sophie Van Den Keybus Prosthetic Make-up-Designer: Jörn Seifert

Schnitt: Ole Heller, Andreas Menn

Musik: Kyrre Kvam

Redaktion: Andreas Jakobs-Woltering

Produktionsfirma: Syrreal Entertainment, eitelsonnenschein, Frakas Productions, CBS-Studios

Produktion: Siegfried Kamml, Christian Alvart, Timm Oberwelland, Danny Fischer, Lutz Heineking jr., Marco Gilles

Headautor*in: Nils Gustenhofen

Drehbuch: Nils Gustenhofen, Mascha Schlubach, Oliver Rieche, Regine Bielefeldt, Christoph Mathieu

Regie: Lutz Heineking jr.

EA: 06.06.2025 10:00 Uhr | ZDF-Stream

weitere EA: ab 15.06.2025 20:15 Uhr | ZDFneo (Doppelfolgen)

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