„Unsere Scheidung läuft besser als manche Ehe.“ Das Witzeln wird Christine, Mitte 30, geschieden, ein Kind, noch vergehen. Ausgerechnet am Tag der Einschulung ihres gemeinsamen Sohns erwischt sie ihren Traum-Ex leidenschaftlich knutschend – ausgerechnet vor der Schule. Und schlimmer noch: es ist was Ernstes, auch sie heißt Christine, ist sexy und was das Alter der Neuen angeht – dazu fällt der „alten Christine“ nur das Wörtchen „Einschulung“ ein. Die neue Beziehung „ihres“ Stefans wird für Christine zum Schlüssel-Erlebnis, das sie jäh aus ihrem Dornröschenschlaf der alleinerziehenden Mutter reißt. Wie ging das doch gleich – dieses Daten? Christine ist emotional ziemlich verpeilt und steckt Lifestyle-mäßig in den Achtzigern fest. Gut, dass ihr Bruder bei ihr wohnt, antriebsschwach, aber beim Feiern hellwach. Auf der ersten Party macht sie sich lächerlich, bei der Kontaktbörse Supermarkt klappt es besser – aber musste es ausgerechnet der schulbekannte „Klammer-Papa“ sein?! Auch ein Blind Date geht nach hinten los. Eine Verwechslung. Dabei schien doch dieser Typ ausnahmsweise mal genau der Richtige zu sein für Christine.
Soundtrack:
KT Tunstall („Suddenly I see“), Kaoma („Lambada“), Djang Django („Default“), Salt ’n‘ Pepa („Let’s talk about Sex“), Annie Lennox („Walking on broken glass“)
Nach diversen TV-Komödien darf „Doctor’s-Diary“- Hauptdarstellerin Diana Amft wieder in einer Serie ihr komödiantisches Ausnahmetalent zeigen. „Christine“, frei nach einer amerikanischen Vorlage, erzählt im klassischen 23-Minuten-Sitcom-Format Episoden aus dem Leben einer Vorzeige-Single-Mami, die gern ein bisschen anders wäre, als sie ist: nicht so ernsthaft, sondern schon ein bisschen lockerer – „einfach nur mal Spaß haben“, rät ihr eine Freundin. Sie versucht’s – Scheitern inbegriffen. Lügen und Small-Talk gelingen ihr nicht, Erklärungen, Ausflüchte, Selbstzweifel sind ihre Welt, Fettnäpfchen ihre Spezialität – und notfalls versteckt sie sich eben wieder hinter ihrer Mutti-Rolle. Das Timing dieser neuen RTL-Serie ist vorzüglich. Mal geht es hop-hop-hop, öfters aber bestechen die Szenen gerade durch ihre komödiantische Entschleunigungstechnik. Die Kommunikation wird ausgespielt, peinliche Situationen werden systematisch zerlegt, Sätze durch Pausen zerdehnt, Worte stolpern durch den Mund – und dann knallt wieder eine verbale Pointe. Und oft wird zuerst geredet und dann erst gedacht. Dieses Witzpotenzial, das in „Doctor’s Diary“ zu Gretchens Kernkompetenz gehörte, wird in „Christine. Perfekt war gestern“ aufgespalten auf die junge und die „alte Christine“. Stefans Neue, deren Schädel vor keiner Glastür Halt macht, ist auch verbal deutlich ungeschickter als die Heldin: „Du erinnerst mich an meine Mutter… nicht dass du so alt wärst wie sie… meine Mutter ist natürlich noch älter, viel älter als du.“ Weniger Lacher, dafür eine leicht komische Frauenversteher-Haltung bringt Christines Ex (ideal besetzt: Janek Rieke) ins lockere Spiel. Und die kraftvolle Diana Amft ist einfach hinreißend als etwas erwachsener gewordene Stadtneurotikerin mit Sinn fürs Selbstironische. Fazit: kurzweiliges Zwischendurch-Comedy-Häppchen mit leichtem Suchtfaktor.
Foto: RTL / Christine Pausch