Charlotte Link – Im Tal des Fuchses

Sadler, Bitter, Trepte, Harder, Wild, Franzen. Spannungsbogen hält, Psychologie stimmt

Foto: Degeto / Gary Moyes
Foto Volker Bergmeister

Die erste von zwei neuen Charlotte Link-Verfilmungen im Ersten bietet eine komplexe, wendungsreiche Geschichte um eine Entführung mit ungewöhnlichem Verlauf. „Charlotte Link – Im Tal des Fuchses“ (Degeto – UFA Fiction), als Drehbuch von Stefan Wild bearbeitet, nimmt sich Zeit für die widersprüchlichen Figuren, taucht ein in deren Vergangenheit, breitet Beziehungsgeflechte aus und engt die Zahl der Verdächtigen spannungssteigernd ein. Gekonnt werden die verschiedenen Erzählstränge zusammengeführt, das Puzzle Teil für Teil geschickt zusammengesetzt. Ein sehenswerter TV-Thriller mit einer guten, stimmigen Besetzung.

Matthew Willard (Benjamin Sadler) ist kurz mit dem Hund Gassi, da wird seine Frau Vanessa (Katharine Schüttler) auf einem Parkplatz im Nationalpark aus dem Wagen heraus von Ryan Lee (Ludwig Trepte) gekidnappt. Der zerrt sie in eine Fuchshöhle, sperrt sie in eine Kiste. Noch bevor der verschuldete und überforderte Kleinkriminelle Lösegeld fordern kann, wird er von Inspector Morgan (Teresa Harder) verhaftet. Allerdings wegen einer Schlägerei. Ein Schnellgericht urteilt ihn ab, er landet im Knast und schweigt über die Entführung, um nicht noch länger einzufahren. Er überlässt die Frau ihrem Schicksal. Nach drei Jahren kommt er frei. Weder er noch Matthew wissen, was aus Vanessa geworden ist. Journalistin Jenna (Lisa Bitter) lernt bei ihren Freunden Ken (Arnd Klawitter) und Alexia Reece (Christina Hecke) Matthew kennen, erfährt von seinem Schicksal, wie er seit Jahren gequält wird von der Ungewissheit über das Verbleiben seiner Frau. Sie will ihm helfen, das Geheimnis der verschwundenen Vanessa lüften, und erkundigt sich bei der Polizei über den lange zurückliegenden Fall. Derweil wird Ryans Freundin Debbie brutal überfallen und Ryans Wohnung verwüstet. Wer ist hinter ihm her? Lebt Vanessa vielleicht noch?

Die erste von zwei neuen Charlotte Link-Verfilmungen bietet eine komplexe, wendungsreiche Geschichte. Gut ein Dutzend Romane der Bestsellerautorin (sie hat weltweit mehr als 26 Millionen Bücher verkauft) wurden seit 1999 für ARD und ZDF verfilmt. Erst war das Zweite dran, seit einigen Jahren das Erste. Bisher haben es ARD-Degeto und UFA Fiction auf vier Link-Krimis gebracht. Dreimal davon verfasste das Drehbuch Stefan Wild, der nun auch „Im Tal des Fuchses“ clever adaptiert hat. Nacheinander werden die wichtigen Charaktere eingeführt, ihre Motive und Widersprüche fein ausgeleuchtet. Der Film nimmt sich Zeit für die widersprüchlichen Figuren, taucht ein in deren Vergangenheit, breitet Beziehungsgeflechte aus, engt die Zahl der Verdächtigen spannungssteigernd ein. Klug werden die verschiedenen Erzählstränge zusammengeführt, das Puzzle Teil für Teil geschickt zusammengesetzt.

Charlotte Link – Im Tal des FuchsesFoto: Degeto / Gary Moyes
Der Entführer Ryan (Ludwig Trepte) hat sich das alles anders vorgestellt. Jetzt wird er wegen einer anderen Tat verhaftet. Kein üblicher Täter, sondern eine tragische Figur.

Man weiß als Zuschauer mehr, kennt den Täter, da ist man Matthew und der Polizei voraus. Aber – und das macht diesen Krimi besonders interessant – man weiß nicht, wer den Täter Ryan Lee außer Matthew und der Polizei jagt. So bekommt der Film eine thrillerhafte Sogwirkung. Erstmals bei einer Link-Verfilmung führt Till Franzen Regie. Der hat gerade fürs ZDF den Herzkino-Film „Weihnachten im Schnee“ inszeniert, aber durch die preisgekrönte Serie „Weinberg“ und einen „Wolfsland“-Krimi ist er auch im Thriller-Genre zu Hause. Was für die vorherigen Charlotte-Link-Verfilmungen nur höchst selten galt: Der Spannungsbogen hält bei „Im Tal des Fuchses“, und die Charaktere sind nicht nur narrativ klug gezeichnet, sondern haben auch psychologische Tiefe. Dieser Ryan ist kein klassischer Täter, er trifft aus der Not heraus eine Entscheidung, die fatale Folgen hat. Die Figur ist anschlussfähig, man weiß um die schlimme Tat, leidet aber mit, wenn Ryan von Schuldgefühlen geplagt wird, sich unwillentlich immer tiefer verstrickt und schuldig macht. Da wird intelligent das in Krimis oft verwendete Gut-Böse-Schema gesprengt. Imposant ist die mysteriöse, teilweise bedrohlich wirkende Naturkulisse, eindrucksvoll auch die Bildgestaltung. Der Krimi spielt in Wales.

Richtig gut ist die Besetzung: Christina Hecke und Arnd Klawitter als Paar, das um sein Ansehen fürchtet, Lisa Bitter, die sichtlich mehr zu bieten hat, als „nur“ Lena Odenthals junge Kollegin im „Tatort“ zu mimen, Teresa Harder als Gegenentwurf zu all den geleckten und durch die Szenerie stolzierenden Ermittlern, und Ludwig Trepte als schuldgeplagter Täter. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass der Thriller „Charlotte Link – Im Tal des Fuchses“ zu einem sehenswerten Stück Krimi-Unterhaltung geworden ist.

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Reihe

ARD Degeto

Mit Lisa Bitter, Benjamin Sadler, Ludwig Trepte, Katharina Schüttler, Teresa Harder, Deleila Piasko, Christina Hecke, Arnd Klawitter, Nisj Nathwani, Carsten Hayes, Sean Cernow

Kamera: Timo Moritz

Szenenbild: Markus Maria Ernst

Kostüm: Markus Ernst

Schnitt: Tatjana Schöps

Musik: Andreas Weidinger

Redaktion: Claudia Luzius, Sascha Schwingel

Produktionsfirma: UFA Fiction

Produktion: Benjamin Benedict, Marc Lepetit

Drehbuch: Stefan Wild – nach dem gleichnamigen Roman von Charlotte Link

Regie: Till Franzen

Quote: 5,25 Mio. Zuschauer (16% MA); Wh. (2021): 4,30 Mio. (19% MA)

EA: 02.01.2020 20:15 Uhr | ARD

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