Mannheim in den 1870er Jahren. Carl Benz ist ein brillanter Mechaniker und er hat eine Vision: Er träumt von der ersten pferdelosen Kutsche, die von einem Gasmotor angetrieben wird. Es wäre eine revolutionäre Erfindung, weil es das Reisen nicht mehr nur zur Sache der Reichen machen würde. Doch es ist ein langer Weg, bis 1888 der erste Wagen rollt. Bertha Benz wird zur treibenden Kraft ihres Mannes. Sie zieht vier Kinder groß, hält ihrem geliebten Mann den Rücken frei und ist immer da, wenn sie gebraucht wird. Das Leben der Familie Benz ist nicht immer leicht, es ist ein Leben voller Entbehrungen – stets auf der Suche nach zuverlässigen Investoren. „Wir haben uns versprochen, dass wir nie aufhören, an uns zu glauben“, fleht Bertha ihren Mann, der endgültig seinen Traum begraben will, im Sommer 1888 an. Stunden später will sie mit einer Überlandfahrt den Beweis antreten, dass der Motorwagen fährt.
„Wenn du jetzt aufgibst, dann war alles umsonst“, schreit im heftigen nächtlichen Platzregen Bertha ihren geliebten Carl an. Es ist die Eingangsszene zu „Carl und Bertha“, eine große melodramatische Ouvertüre zu einer Erfolgsgeschichte mit Startproblemen, die den Grundgedanken des Films, hinter einem brillanten, von Selbstzweifeln geplagten Mann steckt eine kluge, lebenspraktische Frau, wirkungsvoll ins Spiel bringt. Das Paar steht oft im Regen. Aber der Glaube an den anderen wirkt Wunder – und irgendwann winkt ein neuer Geldgeber. „Carl und Bertha“ ist also auch eine Liebesgeschichte, aber eine Liebesgeschichte, in der es um mehr geht als das gemeinsame Glück: eine Vision stellt diese Liebe auf die Probe und beflügelt sie zugleich. Beim geneigten Zuschauer ist der Film in der Lage, eine doppelte Sehnsucht anzusprechen: die Sehnsucht nach der romantischen Liebe und die Sehnsucht nach der Überdurchschnittlichkeit, dem Anderssein – die Sehnsucht nach einem Lebenstraum.
Der Film von Till Endemann nach dem Buch von Stefan Rogall erzählt eine Geschichte, die erzählt sein will, es ist eine jener Geschichte, für die der Fernsehfilm das ideale Medium ist. Das Erzählte übt eine solche Faszination aus, dass man übersehen kann, wie schwierig es prinzipiell ist, eine solche Berg-und-Talfahrt über 18 Jahre dramaturgisch in den Griff zu bekommen. Und bevor man lange sinniert über die Chronologie der Ereignisse und die Variationen der sich wiederholenden Situationen, haben Felicitas Woll und Ken Duken einen längst an der Angel – und jeden Zweifel ausgeräumt, dass es sich hier nur um einen jener stocksteifen Kostümfilme handeln könnte. Die beiden sind eine Traumbesetzung. Die Story hält für sie nicht so viel Seele und psychologische Tiefe bereit, wie es ein zeitgenössisches Drama tut – umso beeindruckender, wie Woll und Duken ihren Figuren Leben einhauchen. Anteilnahme und Identifikation sind hoch. Die Titelfiguren sind das Herzstück, der Motor, der sehr viel runder läuft als der Gasmotor im Film. Die Eingangsszene, 1888, die Verzweiflung im Regen, ist auch – was das Genre angeht – die Schlüsselszene. Das Melodram gibt den Ton an: Die Liebenden haben sich zwar früh gefunden – aber die Gesellschaft versucht weiterhin, den beiden das Leben schwer zu machen.