Geophysiker Leonard Gehra (Koeberlin) hat einen Roboter entwickelt, der in still gelegten Schächten gefahrlos nach Bodenschätzen suchen kann. Kathrin Renneberg (Bode), seine Freundin aus Kindheitstagen, spricht ihn am Rande einer Tagung an. In dem wirtschaftlich angeschlagenen Bergwerksbetrieb ihrer gemeinsamen Heimatstadt Buchenrode im Harz, in dem sie arbeitet, sei Silber gefunden worden. In einer Parallelmontage sieht man eine Gruppe Arbeiter in einen Schacht vordringen. Das sorgt für ein wenig Nervenkitzel, denn natürlich bröckelt die Decke genau in dem Moment, als sich die Menschen mal wieder in den Berg trauen. Und Johannes Griesers Inszenierung lässt das Gestein auffällig immer gerade auf die Stelle herunter stürzen, wo eben noch ein Mensch gestanden hat. Aber wenn sich plötzlich knirschend Risse im Felsen bilden und die Balken brechen, hält man doch den Atem an.
Foto: Degeto / Daniela Incoronato
Der Bergbau im Harz bietet hier einen reizvollen Schauplatz jenseits der häufig fotografierten Industriekultur im Ruhrgebiet. Das Lehrbergwerk in St. Andreasberg und die Bergwerkskaue in Bad Grund bilden die Kulisse in dieser schönen Mittelgebirgslandschaft. Die proletarische Facette ist mit einer Handvoll Arbeiter nicht unbedingt üppig inszeniert, was im Fernsehen ohnehin nur begrenzt möglich ist und zu einem ehemaligen DDR-Betrieb im Niedergang auch einigermaßen passt. Daneben beschwört Grieser eine mystische Atmosphäre herauf: Ein wenig unheimlich sind schon die Schachtöffnungen mitten im Wald, die in finsteres, unbekanntes Terrain führen. Außerdem träumt Leo von einer Flucht vor einem Wolf. Das arme Tier muss ja häufig herhalten, wenn es in Filmen irgendwie bedrohlich werden soll.
Dass Leos Träume weniger mit uralten Legenden, sondern mit handfester deutsch-deutscher Geschichte zu tun haben, kommt trotz stimmungsvoller Ablenkungsmanöver nicht überraschend. Leo, dessen Roboter nun die Silbervorkommen erforschen soll, kehrt in gedrückter Stimmung nach Buchenrode zurück. Sein Vater war angeblich vor Jahrzehnten bei einem Grubenunglück ums Leben gekommen. Danach, noch zu DDR-Zeiten, war Leo in ein Internat gesteckt worden. Zu seiner Mutter (Landgrebe) hat er immer noch ein distanziertes Verhältnis – was nicht besser wird, als er erfährt, dass die Leiche des Vaters nie gefunden wurde und das mittlerweile aufgelöste Grab immer schon leer gewesen war. Und dann ist da noch der polternde Direktor Türnitz (George), den schon vor der Wende alle fürchteten. Sein Vater sei der Einzige gewesen, der ihm „mal eine aufs Maul gehauen hat“, erfährt Leo in der Dorfkneipe. Offenbar war Türnitz ein Konkurrent im Werben um Leos schöne Mutter.
Foto: Degeto / Daniela Incoronato
George verleiht dieser Figur etwas Sanftes, über den Dingen Schwebendes, obwohl Türnitz seine Mitmenschen eigentlich konsequent vor den Kopf stößt. Hilfreich dabei ist ein Sidekick namens Valentin (Schulte), Türnitz‘ pfiffiger kleiner Sohn mit Mütze, der den Alten – und ein bisschen auch den Film – auf Trab hält. Eindrucksvoll beweist George am Ende noch einmal seine außergewöhnliche physische Präsenz. Auch im Alter von 76 Jahren ließ er sich bei den Dreharbeiten im Schacht, beim Klettern durch enge Löcher und bei der Rangelei mit Leo nicht doubeln. Der Vergleich ist etwas ungerecht, dennoch verblasst natürlich Türnitz, Georges letzte Figur, schnell im Vergleich zu den vielen großen und kleinen Rollen, die dieser einzigartige Charakterdarsteller in seinem Leben gespielt hat. Zu routiniert und gepflastert mit vielen Fernseh-Standard-Dialogen wird die Geschichte in „Böse Wetter“ um eine tragisch geendete Republikflucht abgewickelt. Man hat den Eindruck, dass bei der Entwicklung zu wenig Zeit blieb, um das Potenzial des Stoffs auszuschöpfen. So wirkt manches unfertig, wie zum Beispiel die Komik in den Verhandlungen mit den niederländischen Investoren, die aus dem Gelände einen Freizeitpark machen wollen. Oder wie einige Nebenfiguren, zum Beispiel Leos Partnerin Nina (Forestieri) oder Türnitz‘ Frau Susanne, denen es an Konturen mangelt.
Auch die Hauptdarsteller haben so ihre liebe Mühe und Not. Koeberlin muss seine Stirn oft besorgt oder angestrengt in Falten legen, spielt den verheirateten Leo in der dann doch ausbleibenden Romanze mit Kathrin aber schön begriffsstutzig. Dass Kathrin es auf ihn abgesehen hat, ist fürs Publikum dank einer arg offensichtlichen Inszenierung von der ersten Sekunde an nicht zu übersehen. Sie ist die Powerfrau, die niemanden überrascht, wenn sie in die Männer-Umkleide marschiert und lauthals in die nackte Runde posaunt: „Was seid denn ihr für Tratschtanten?“ Catherine Bode lächelt über die Tragik dieser Figur, die von Leo offenbar nicht als Frau wahrgenommen wird, konsequent hinweg. Das ist vielleicht etwas wenig, andererseits bleibt sie eine eigenständige, selbstbewusste Persönlichkeit. Und das Melo drängt sich hier nicht in den Vordergrund. Die Suche nach dem „Geheimnis der Vergangenheit“ nimmt dann am Ende eine dramatische, wenn auch nicht ganz unerwartete Wendung.