Natürlich sollte eine Liebesgeschichte auch ein glaubwürdiges Happy End haben, aber mehr Kopfzerbrechen bereitet den Autoren romantischer Komödien womöglich die Frage, wie sie die Beziehung des potenziellen Paars plausibel anbahnen. Ein bewährtes Rezept ist die Idee, zwei Menschen gewissermaßen ins gleiche Boot zu setzen, sodass sie sich nicht mehr aus dem Weg gehen können. Das hat schon bei einigen Klassikern mit Doris Day und Rock Hudson prima funktioniert, als sich beispielsweise in „Bettgeflüster“ (1959) eine Frau und ein Mann, beide einander wildfremd, einen Telefonanschluss teilen mussten.
In „Bodycheck – Mit Herz durch die Wand“ sorgt eine Laune des Schicksals dafür, dass sich ein Eishockeytrainer und eine Modemagazinmacherin näher kommen, als beiden lieb ist: Karl (Hannes Jaenicke) ist eine Berliner Eishockeylegende, als Spieler wie auch als Trainer mehrfach Meister geworden und zudem Coach der Schulmannschaft seiner Tochter Nic (Lisa Bahati Wihstutz). Er ist Witwer, Nic ist neben dem Sport sein ein und alles, zumal sie sein sportliches Talent geerbt hat; die 13-Jährige spielt sämtliche Jungs in ihrem Team an die Wand. Eines Tages zieht eine attraktive Frau in die Wohnung nebenan, mit der Karl schon auf der Straße Krach kriegt: Sonja (Julia-Maria Köhler) soll die Frauenzeitschrift „Viola“ aus den roten Zahlen holen und ist in jeder Hinsicht das Gegenteil ihres Nachbarn. Als es eines Nachts dank eines Männerbesuchs bei ihr recht hoch hergeht, haut Karl mit dem Schlittschuh an die Wand, in der sich daraufhin ein fenstergroßes Loch auftut. Der Mörtel ist derart marode, dass bald darauf buchstäblich kein Stein mehr auf dem anderen steht. Auf diese Weise bekommt Sonja fortan hautnah mit, was sich bei den Nachbarn tut, was zu diversen witzigen Sitcom-Gags führt, aber dann bekommt die Geschichte eine unerwartete Relevanz: Wegen einer aus gemeinsamen Eishockeyzeiten rührenden Feindschaft mit Karl will der Schulrektor (Dirc Simpson) Nic aus dem Team mobben. Außerdem bekommt sie zum ersten Mal ihre Tage. Frauenfragen haben im Leben des burschikosen Mädchens, das sich wie ein Junge kleidet, bislang keine Rolle gespielt. Ausgerechnet die kühle Sonja, die den Nachbarschafts-Kleinkrieg mittlerweile publizistisch ausschlachtet, entpuppt sich als mütterliche Freundin und macht Nic zur Ikone einer Kampagne im Kampf um die Gleichberechtigung.
Foto: Sat 1 / Volker Roloff
Hannes Jaenicke hatte die Idee, war am Drehbuch beteiligt und wird auch als „Associate Producer“ geführt; kein Wunder, dass „Bodycheck“ ein typischer Jaenicke-Film geworden ist. Seine Rolle ähnelt der des gleichfalls verwitweten Majors in der schönen Familienkomödie „Allein unter Töchtern“ (2007), der diverse weitere „Allein unter…“-Filme folgen sollten. Der Umgangston ist hier wie dort hart, aber herzlich. Damals waren es vor allem sprachliche Versatzstücke aus dem Soldatenleben, die den familiären Alltag prägten, diesmal sind es Sportmetaphern. Den gleichen Typ Mann (raue Schale, weicher Kern) hat er in „…und dann kam Wanda“ (2014, ARD) verkörpert. Das allein wäre kaum der Rede wert, weil Jaenicke in seinen Komödien eigentlich immer die gleiche Rolle spielt, aber es gibt noch mehr Parallelen: Auch hier verliebt sich ein alleinerziehender Witwer (Jaenickes Väter haben interessanterweise immer Töchter) in eine Frau, die viel Wirbel in sein Leben bringt, auch hier basierte das Drehbuch auf einer Idee Jaenickes, und auch diesen Film hat Holger Haase inszeniert, der regelmäßig für Sat 1 arbeitet („Mein Lover, sein Vater und ich!“ / „Die Ungehorsame“). Ein weiteres wichtiges Handlungsdetail ist in beiden Geschichten die Affäre, die die verstorbene Gattin einst hatte: In „Bodycheck“ findet eine der Mitarbeiterinnen Sonjas heraus, dass Karls Frau bei ihrem tödlichen Autounfall nicht allein im Auto saß. Er konnte damals verhindern, dass die Klatschpresse den Vorfall ausschlachtet, und hat auch Nic nie davon erzählt, um das Andenken an die Mutter zu bewahren. Sonja will das respektieren; ihre Chefin nicht.
Dass Jaenicke gleich zu Beginn beim gemeinsamen Frühsport mit Nic ausgiebig seinen eindrucksvoll durchtrainierten Oberkörper präsentieren darf, wird viele Zuschauerinnen freuen und bei manchen Männern puren Neid wecken. In einigen anderen Momenten hätte Haase seine erwachsenen Hauptdarsteller allerdings ein bisschen bremsen müssen. Ansonsten jedoch machen die gemeinsamen Szenen von Jaenicke und Julia-Maria Köhler großen Spaß, weil das Drehbuch (Beth Serlin, Jaenicke, Michel Birbæk) die beiden mit viel Munition versorgt. Gegenseitige Beleidigungen wie „Neandertaler“ und „Horrortusse“ gehören noch zu den harmloseren, zumal Karl die neue Nachbarin wegen ihrer ausgesucht extravaganten Kleidung für eine „Professionelle“ hält, was ihm umgehend eine Ohrfeige einbringt. Ausgezeichnete Dritte im Bunde ist Lisa Bahati Wihstutz in ihrer zweiten Hauptrolle nach dem Kinofilm „Ente gut! Mädchen allein zu Haus“, die sowohl als „Junge“ wie auch als Mädchen richtig gut ist.
Und so hat „Bodycheck – Mit Herz durch die Wand“ im Grunde nur ein Manko, aber das ist nicht zu übersehen: Die Wohnungsszenen, die den weitaus größten Teil der Handlung ausmachen, sind offenkundig im Studio gedreht worden. Während das Domizil von Karl und Nic überzeugend als düstere Hockeyhöhle gestaltet worden ist, haben die Räume von Sonja den Charme einer Möbelhausetage. Die Aufnahmen erinnern an die frühen Tage von „GZSZ“, als man der RTL-Soap ansehen konnte, dass die Kulissen aus Gips und Pappe bestanden.