Ein guter Start. Zwei Filme – und beide Grimme-Preis-nominiert. Für die Kinokomödie „kiss and run“ gab es schließlich auch den begehrten Fernsehpreis. Annette Ernst ist ohne Zweifel eine Regisseurin, die Hoffnungen weckt für ein Genre, das hierzulande nur selten kritische Würdigung erfährt. Die 39-Jährige hat sich ganz der Komödie verschrieben, dem vermeintlich leichten Fach, das hierzulande so schwer gelingen will. Wie leben, wie lieben und wie die richtige Haltung zu dem finden, was die Gesellschaft für einen bereit hält – das fragten sich ihre Helden bislang. Auch ihr dritter Film, das TV-Movie „Bettgeflüster & Babyglück“, schwimmt mit seinem Thema, der Frust mit der Lust und dem Kinderkriegen, auf der Welle des Zeitgeists, und er ist eine Komödie, die „erwachsener“ daher kommt, die sich auslässt über Männer, Frauen und ihren paradoxen Verhaltenskodex in Sachen Liebe.
Der Film beginnt, wie Romantic Comedies gewöhnlich aufhören. Zwei Scheidungsanwälte, denen nichts ferner liegt als traute Zweisamkeit, sehen sich, wollen sich, trauen sich. „Man kann sich noch so viel Statements wie ‚Ich bin überzeugter Single’ auf die Fahnen schreiben, wenn es einen erwischt, wenn man sich verliebt, dann ist alles vorherige hinfällig“, bringt Hauptdarstellerin Katharina Wackernagel die erste Liebesbotschaft des Films auf den Punkt. Das Glück hält an. Nach einem Jahr wollen beide eine glückliche Familie sein – die Frau dringlicher als der Mann. Die Bemühungen sind groß, doch sie wollen nicht fruchten. Die Medizin weiß Rat, doch das Paar kommt nicht klar damit. „Kinderkriegen mutiert zu etwas, was man sich qua Tages-OP verordnen lässt. Das muss Auswirkungen auf die Beziehungen haben“, glaubt die Regisseurin. Ein Seitensprung bringt das Projekt Familie ins Wanken.
Foto: Sat 1 / Noreen Flynn
Bei aller komödiantischer Pointierung wollte Annette Ernst das Thema nie an das Genre verraten. Ihr war es auch wichtig, männliche und weibliche Verhaltensmuster gleichermaßen zu verstehen. „Trotz Seitensprung des Mannes und übertriebener Kinderfixierung der Frau wollte ich die Figuren sympathisch halten und deren Merkmale nicht zu plakativ werden lassen“, betont die Wahl-Frankfurterin. Das spiegelt sich auch in ihrer Art zu besetzen. Katharina Wackernagel, eigentlich zu jung für die Rolle, und Benjamin Sadler, eigentlich zu sehr auf Schönling abonniert, entwickeln zusammen die richtige Chemie. Bespiegelt werden sie von einem anderen Paar: großartig Hans Jochen Wagner als Familienvater, bei dem sich schon der Speck in den Hüften rollt, und Nina Weniger, die das Mutterglück sucht.
Wie so oft in guten Komödien steckt in „Bettgeflüster & Babyglück“ das Besondere im Detail: präzises Timing, geschmackvolle Ausstattung, wunderbar luftige Berliner Locations und ein moderner, nie zu poppiger Look. Dazu eine Kamera auf Augenhöhe mit den Protagonisten. Denn sie sind das Herzstück in den Filmen von Annette Ernst. „Es ist die Verbindung zu den Charakteren, die für mich das Inszenieren spannend macht“, sagt sie. An den britischen Sozialkomödien würde sie sich gern orientieren, wenn es nur die Autoren dafür gäbe. Nach „Mein erster Freund, Mutter und ich“ bekam sie fast ausschließlich Teenie-Komödien angeboten. Damit und mit Fernsehen ist vorläufig Schluss. Drei kleine Kinoprojekte sind in Vorbereitung. Komödien. „Klar, das Leben ist oft düster genug.“ (Text-Stand: 22.3.2005)