Die Zahl der gemeinsamen Filme von Produzentin Regina Ziegler und Christine Neubauer ist Legion; und der Anteil wirklich sehenswerter Werke dabei recht überschaubar. Umso überraschender ist „Bella und der Feigenbaum“: Die romantische Komödie ist fast ein Kleinod, das einer überschaubaren & vorhersehbaren Handlung viele unerwartete Momente abgewinnt.
Die Grundzüge der Geschichte entsprechen exakt einem Film, den die ARD im Frühjahr gezeigt hat: Auch in der nach Motiven eines Romans von Utta Danella entstandenen Romanze „Wer küsst den Doc?“ himmelte eine verhuschte Zahnarzthelferin heimlich ihren Chef an, auch dort wähnte sie sich am Ziel ihrer Wünsche, als der Arbeitgeber sie bat, sich vorübergehend als seine Gattin auszugeben. In „Bella und der Feigenbaum“ geht es um nichts anderes, sieht man davon ab, dass das Objekt der Begierde andere Motive für den Rollentausch hat: Jonas Berger (Oliver Stokowski), Zahnarzt auf Mallorca, hat ein Verhältnis mit Studentin Jasmin (Lisa Ivana Brühlmann). Nun will die junge Frau die Beziehung beenden, weil er verheiratet ist. Der Zahnarzt ist jedoch schon lange geschieden, die Ehefrau hat er erfunden, damit Jasmin gar nicht erst anfängt, Heiratspläne zu schmieden. In Ermangelung einer Gattin bittet Jonas seine ältliche Assistentin Bella Sommer (Neubauer), beim gemeinsamen Treffen die scheidungswillige Ehefrau zu markieren. Damit die Trennungsabsichten noch authentischer wirken, soll sie als neuen Galan ausgerechnet Strandschürzenjäger Ramon (Max Tidof) mitbringen, den sie nicht ausstehen kann.
Autor Mathias Klaschka bevölkert seine Geschichte mit diversen Nebenfiguren, die regelmäßig dafür sorgen, dass sich „Bella und der Feigenbaum“ in eine völlig neue Richtung entwickelt. Großen Anteil am Überraschungspotenzial hat beispielsweise Bellas neuer Nachbar Lukas (Marcus Mittermeier), ein verwitweter Tauchlehrer, mit dem sie einen atemberaubenden Salsa aufs Parkett legt, um Jonas eifersüchtig zu machen. Viele Szenen des handlungsreichen Drehbuchs sind originell, verblüffend und dank der Liebe zum Detail ebenso liebevoll ausgedacht wie umgesetzt. Immer wieder gelingt es, oft gesehene Versatzstücke unerwartet zu arrangieren. Noch größeres Lob gebührt jedoch dem Star des Films: Christine Neubauer zeigt endlich mal wieder, was sie kann, wandelt sich glaubwürdig und überzeugend von der verhuschten Vorzimmerdame zur begehrenswerten Frau, ohne dabei gleich zum Vamp zu mutieren, und setzt mit sparsamem Spiel große Akzente. Gerade in den komischen Szenen agiert sie mit großer Würde. Kein Wunder, dass Brühlmann neben ihr ziemlich blass bleibt.
Foto: Degeto / Reiner Bajo
Sehr hübsch ist auch die Idee, die Handlung des Films zugespitzt von Bellas Lieblingsserie spiegeln zu lassen: In „Mi Corazón“ schwärmt Hausmädchen Amalia (Neubauer) für den schmucken Don Felipe (Stokowski mit Theatertoupet), der aber bloß Augen für die rassige Carmen (Brühlmann) hat. Bei der Umsetzung dieser „TV-im-TV“-Szenen trägt Kreindl konsequent dick auf, die Darsteller dürfen nach Kräften chargieren und in grauenhaftem Bühnenakzent sprechen. Als Bella ihrem Idol zufällig auf der Straße begegnet, gibt Amalia ihr den Rat, ihr Leben endlich in die Hand zu nehmen. Im Film selbst können die Inselbewohner ebenfalls alle zumindest gebrochen deutsch, aber das ist ja auch relativ realistisch. Natürlich gehört zu einem Mallorca-Film auch entsprechend viel Sonne, Strand und Meer, und eine schlichte Fahrt zum Kaffeetrinken kommt glatt einer Inselrundfahrt gleich; aber das gehört bei solchen Produktionen nun mal dazu, und Kreindl integriert die Impressionen so, dass sie die Geschichte nicht stören. Ein sehenswerter Freitagsfilm, mit pointenreichen Dialogen, gut aufgelegten Schauspielern, schönen Schauplätzen. Der zunächst vor sich hin verkümmernde Feigenbaum ist übrigens der romantische Seismograf der Geschichte.