Ihre Männer ist Bella erst einmal los. Und so kann sie sich ganz dem kleinen Vollwaisen Tom widmen, für den sie vorübergehend das Sorgerecht erhalten hat. Ausgerechnet jetzt läuft ihr Physiotherapie-Studio so richtig gut – und ein Kita-Platz ist nicht in Sicht. Dafür steht ein notorischer Troublemaker eines Abends auf der Matte, besoffen und in Begleitung zweier Polizisten: Friedrich, Bellas Vater. Am liebsten würde sie ihn wieder vor die Tür setzen. Sie und ihre Schwester Eva haben sich gegenseitig versprochen, dass der verantwortungslose Vater, der die beiden, als sie noch Kinder waren, ohne ein Wort hat sitzen lassen, auf ewig für sie gestorben sei. Als sie erwachsen waren, haben sie ihm noch mehrfach eine Chance gegeben – jedes Mal hat er sie schwer enttäuscht. Jetzt ist es vor allem Bellas Tochter Lena und ihr Wunsch, ihren Großvater kennenzulernen, weshalb Bella wieder weich wird. Und auch wenn er sich als Babysitter anbietet – die nächste Enttäuschung ist nur eine Frage der Zeit. Doch dann landet der Vater, der seine Trompete offenbar mehr liebt als seine Töchter, mit einem Schlaganfall auf der Intensivstation. Dennoch will er weitertrompeten.
Andrea Sawatzkis Bella Jung entpuppte sich in den ersten drei Episoden der losen ZDF-Reihe nicht nur als Lebenskünstlerin, für die – im Gegensatz zu anderen Vertretern dieser Spezies – Verantwortung kein Fremdwort ist, sondern auch als Expertin für das Nachholen von Lebensphasen. In „Bella Familia – Umtausch ausgeschlossen“ wird die Biographie der Heldin vervollständigt, ihr Wesen und ihr bisheriges Handeln werden so psychologisch plausibler – ohne dass einem Autorin Melanie Brügel deren Seelenleben klitzeklein erklären würde. Mit dem Wissen dieser vierten Folge lässt sich Bella auch in Hinblick auf die vorhergehenden Episoden retrospektiv besser verstehen. Die Frau, die mit 12 nicht vor einer unbeschwerten Teenagerzeit stand, sondern die kranke Mutter für ihre jüngere, nicht minder traumatisierte Schwester ersetzen musste, hat in „Bella Vita“ erst so richtig Jugend spielen oder sich in „Bella Australia“ in die Aufbruchszeit hineinphantasieren können (der Frau mit Mitte 40 aber wurden ihre Grenzen aufgezeigt), bevor sie in „Bella Dilemma“ eine Entscheidung treffen musste, zwischen Beziehungs- und Familienliebe, und sich für die „erwachsene“ männerlose Lösung entschieden hat. Doch bevor sie noch groß testen kann, wie sich so ein Leben ohne Mann anfühlt, steht der, der ein Teil ihres Beziehungschaos’ mit zu verantworten hat, plötzlich vor ihr: der treulose Vater – und trompetet ihr die alten Verletzungen ins Bewusstsein.
Dieser Subtext schwebt über den Situationen, den Emotionen und ist doch nie so greifbar, dass dieser die Geschichte mit wohlfeilen Kausalerklärungen banal machen würde. Auf jeden Fall aber ist „Bella Familia“ insgesamt schwerer mit dem Problemfall Vater und allem, was er emotional für Wunden aufreißt, und der Film von Edzard Onneken ist über weite Strecken nicht so kurzweilig wie die anderen „Bellas“. Die Story wirkt etwas weniger flüssig als bei den anderen Episoden und ergibt sich weniger beiläufig und locker aus dem Alltag. Doch dann findet man immer wieder emotional eindrucksvolle Szenen, die einen versöhnen mit dem für die Reihe ungewohnt vorhersehbaren Plot, Szenen, in denen oft sensible Blicke (zwischen Sattmann & Sawatzki) oder exaltierte Gesten (von Lisa Martinek) mehr sagen, als Dialoge sagen würden. Und schließlich dieser Abgang – dann doch wieder angenehm leicht. Ob es allerdings in Bellas Leben jetzt noch einmal eine Wende geben kann, die einen weiteren originellen Film mit (vielleicht nachgeholter) Lebensphase nach sich ziehen würde, ist fraglich. Theoretisch spannender dürften da die Sinnkrisen der Neben-Beziehungen sein. Bellas dekadente Schwester ist allerdings nicht mehr als ein hübsch neurotischer Farbtupfer. Und was aus Ines und Olaf Wolf und der charmanten Psychotherapeutin geworden ist, wäre zwar schön zu wissen, wäre aber wohl allein nicht ganz abendfüllend. (Text-Stand: 23.8.2013)