Der Mord an einer Krankenschwester führt Bella Block in ihrem 13. Fall in ein unheimliches Krankenhaus-Milieu und in den Grenzbereich zwischen Leben und Tod. Vor allem moralisch lässt die Heldin in “Tödliche Nähe” nicht locker. Sie bohrt und bohrt, bis die letzte Schuld bekannt und ausgesprochen wird. Verdrängen, vergessen, weitermachen – das entsprach noch nie der Haltung der ZDF-Kommissarin. “Rote Wäsche im Kochgang? So wäscht keine Frau!”, bemerkt Bella Block lakonisch. Der Tod der Krankenschwester Sarah Waltz war kein Haushaltsunfall. Was dann? Wurde sie von ihrem Geliebten umgebracht, weil sie schwanger war und die Ehe und Existenz jenes Mannes hätte zerstören können? Der Liebhaber jedenfalls gesteht die Tat: “Sperren Sie mich endlich weg”, bettelt er. Bella tut’s und bleibt skeptisch. Sie ermittelt weiter. Warum wurde der freundliche Pfleger und Nachbar der Toten, der einst im selben Krankenhaus Dienst tat, entlassen? Ist etwas dran an seinem Spitznamen “Engelchen”?
Bella Blocks Wahrheitssuche streift viele Themen. “Es geht um die manchmal berechtigten und die manchmal unberechtigten Ängste vor dem Arzt, um Todesangst und Verdrängen, um falsches Mitleid, um Mitschuld und um Lebenslügen”, sagt ZDF-Redakteur Pit Rampelt. Eine intelligent mit der Krimi-Story kurzgeschlossene Nebenhandlung sorgt für dramaturgische Dichte und – bei so viel tödlicher und klinisch ungemütlicher Atmosphäre – für ein gelegentliches augenzwinkerndes Durchatmen beim Zuschauer. Der leicht senile Vater von Bellas Lebenspartner Simon glaubt, dass sein letztes Stündlein geschlagen habe. Er vermutet einen Tumor in seinem sturen Kopf. Erst der Chefarzt jener Klinik mit den vielen Todesfällen kann ihn vom Gegenteil überzeugen. “Tödliche Nähe” von Autor Richard Reitinger besticht durch seine überraschenden Wendungen, die mehr sind als bloßes dramaturgisches Kalkül. Inszeniert ist das von Christiane Balthasar formvollendet und präzise den jeweiligen Stimmungen angepasst. Die Klinik mit ihren schmalen Gängen taucht sie desöfteren in kaltes Giftgrün. Wenn Bella und ihr Simon indes kuscheln, dann wird’s heimelig. Und die Schauspieler sind so gut wie ihre nuancenreichen Figuren: neben dem Duo Hoger/Kowalski brillieren vor allem Günther Grabbert als Simons verschrobener Vater und Michael Gwisdek als übernächtigter Chefarzt-Griesgram mit dem Charme aus einer verlorenen Zeit.