Bella Block soll als Zeugin in einem Mordfall aussagen. Die Modeschöpferin Jana Larson wird beschuldigt, vor vier Jahren ihre einjährige Tochter mit Medikamenten vergiftet und anschließend eiskalt „entsorgt“ zu haben. Die Ex-Kommissarin war zwei Tage mit dem Fall betraut und hatte damals die Mutter, deren kleine Sophie angeblich am helllichten Tag aus dem Kinderwagen entführt wurde, ausgiebig befragt. Deshalb wird sie nun als Zeugin berufen. Doch nur Zeugin?! Dazu in einem Fall, bei dem die Angeklagte schon so gut wie verurteilt ist. Denn die Presse macht mobil und auch Volkes Stimme hat ein lautes Organ. Das alles stinkt Bella Block gewaltig. Da muss sie vom Anwalt der Angeklagten nicht lange überredet werden, ein bisschen im Dienste der Wahrheit zu ermitteln. Die Staatsanwaltschaft sieht das gar nicht gern. Doch bald gibt es erste Ungereimtheiten in diesem Indizienprozess, der sich zu einer Hexenjagd auswächst und bei dem die eigene Familie Jana Larson auffallend im Stich lässt.
„Jana, die Schreckliche“, titelt das Boulevard und die Öffentlichkeit macht jene Jana Larson zur herzenskalten Karrierefrau und Rabenmutter der Nation. Auf so einen Fall springt eine wie Bella Block natürlich an. Dieses „natürlich“ ist der Haken am neuen „Bella-Block“-Fall: „Angeklagt“ bedient allzu offensichtlich das Muster der widerborstigen Kommissarin, setzt dramaturgisch auf klare Fronten und hat trotz einer kräftigen Wendung nach 60 Minuten viel Offensichtliches und wenig Außergewöhnliches zu bieten. Bella Block stochert durch die in jeder Hinsicht dürre Faktenlage und „kommuniziert“ mit Zwanzigjährigen so, als ob sie Kinder (wie zuletzt in „Hundskinder“) oder Volltrottel vor sich habe; dieses gewollt Mütterliche wirkt in diesem Fall ähnlich oberlehrerhaft wie ihre seelischen Nadelstiche in Richtung ihres Lebensabschnittsgefährten. Das gehört zur Figur; in diesem Film aber, in dem alles etwas zu deutlich auf Reiz-Reaktions-Mechanismus gebürstet ist und jede Haltung (diese Hexenjagd!) ausgesprochen wird, bekommt dieser Charakterzug im Spiel von Hannelore Hoger etwas leicht Nervendes. Erschwerend hinzu kommt, dass die Dialoge nicht immer das Gelbe vom Ei sind. Kann sich Hoger da so manches zurechtlegen (sie weiß einfach, wie ihre Bella spricht), müssen sich andere wie Peter Simonischek („ein heißer Tipp am Modehimmel“) oder Tim Bergmann („Es gibt nichts, wozu die Menschen nicht fähig sind“) an ihr Textbuch halten.
Karoline Eichhorn sieht man immer gern – auch wenn sie ihrer Jana Larson in den Unterredungen im Gefängnis nicht mehr Konturen geben kann, als die Autoren dieser Figur an „Leben“ zugestehen: eine gebrochene Frau, die sich völlig ihrer Umgebung angepasst hat – blass, fahl, leblos. Knast frisst Schönheit auf. Die Frau, die immer alles bekommen hat, jetzt hat sie fast nichts mehr außer ihrer Depression. Psychologisch stimmt die Rolle also einiger-maßen; besonders „aufregend“ ist sie allerdings nicht. Auch Bella Block läuft nicht so ganz auf Betriebstemperatur. Sie hat eher ein Kopf-Interesse an der Auflösung des Falls. Emotional ist in diesem Milieu, vor Gericht und bei dieser Familie Larson, nicht viel zu holen. Auch als Zuschauer lässt man sich auf „Angeklagt“ gerne ein, packend aber ist dieser Film nicht. Die Mord-Auflösung nimmt man hin, das Ganze hätte aber auch anders ausgehen können. Ebenso wenig Zwingendes haben einige der zahlreichen Befragungsszenen der Ex-Kommissarin, welche für Bella-Block-Verhältnisse geradezu belanglos verplätschern. Auch die Montage mit ihren seltsamen Sprüngen innerhalb einer Szene ist wenig elegant, die Ein-Strang-hoppla-jetzt-kommt-Bella-Dramaturgie macht’s nicht besser… Diese Kritik setzt freilich auf einem hohen Niveau an. Bei „Bella Block“ kann, ja muss man das tun. Die Reihe ist schließlich seit 1994 DAS Krimiaushängeschild des ZDF und hat nur selten enttäuscht. „Angeklagt“ von Julian Roman Pölsler gehört zu den schwächeren Blocks. Es ist ein geradliniger, recht spannender, wenig aufregender und thematisch mit vielen Gemeinplätzen operierender Samstagskrimi, der kaum eine Frage offen lässt und der dem Gewohnheitstier Zuschauer wenig abverlangt.